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Normenkontrollantrag gegen Sonntagsöffnung von Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen unzulässig – Frist versäumt

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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass ein Normenkontrollantrag gegen die Sonntags- und Feiertagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen unzulässig ist, wenn die gesetzliche Frist zur Einbeziehung einer geänderten Vorschrift in das Verfahren versäumt wird. Damit bleibt die Sonntagsöffnung von Bibliotheken rechtlich unangetastet.

Hintergrund des Falls

Die Antragstellerin, eine bundesweit tätige Dienstleistungsgewerkschaft, hatte einen Normenkontrollantrag gegen die Sonntags- und Feiertagsöffnung öffentlicher Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen gestellt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 11 der Bedarfsgewerbeverordnung NRW ist seit 2019 die Beschäftigung von Arbeitnehmern in öffentlichen Bibliotheken an Sonn- und Feiertagen zulässig, sofern die Bibliotheken bestimmte kulturelle Funktionen erfüllen.

Während des laufenden Verfahrens wurde die Vorschrift durch das Gesetz zur Anpassung an das Kulturfördergesetzbuch NRW vom 1. Dezember 2021 inhaltlich geändert. Die Antragstellerin stellte ihren Antrag erst im Januar 2023 auf die neue Fassung der Vorschrift um, also mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten der Änderung.

Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte den Normenkontrollantrag abgelehnt. Zwar sei er zulässig, jedoch unbegründet, da die Sonntagsöffnung mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Grundrecht auf Sonntagsschutz gemäß Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 139 WRV, vereinbar sei.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung im Ergebnis bestätigt, allerdings auf einer anderen Grundlage: Der Antrag sei bereits unzulässig, weil die gesetzliche Frist zur Anpassung des Normenkontrollantrags nach der Änderung der Vorschrift versäumt worden sei.

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesverwaltungsgericht stellte klar, dass die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bei der Einbeziehung einer geänderten Rechtsnorm in ein laufendes Normenkontrollverfahren zwingend einzuhalten ist. Diese Frist beginnt mit der Bekanntmachung der Änderung der Rechtsnorm und dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

Nach Auffassung des Gerichts gilt dies gleichermaßen bei erstmaligem Erlass einer Vorschrift wie auch bei deren inhaltlicher Änderung. Im vorliegenden Fall lag eine inhaltliche Änderung der Bedarfsgewerbeverordnung NRW vor, da durch die Anpassung neue Funktionen für öffentliche Bibliotheken festgelegt wurden. Die Antragstellerin hätte diese geänderte Vorschrift daher bis spätestens Dezember 2022 in ihr Verfahren einbeziehen müssen. Da die Antragstellung erst im Januar 2023 erfolgte, war die Frist abgelaufen.

Folglich wurde der Normenkontrollantrag als unzulässig abgewiesen. Eine inhaltliche Prüfung der Frage, ob die Sonntagsöffnung von Bibliotheken mit dem grundgesetzlich garantierten Sonntagsschutz vereinbar ist, konnte daher nicht mehr erfolgen.

Rechtliche Begründung der Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

  1. Rechtssicherheit und Rechtsklarheit:
    Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO soll sicherstellen, dass Rechtsnormen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums angefochten werden können. Dies dient der Rechtssicherheit, da sowohl die Verwaltung als auch die betroffenen Akteure zeitnah Klarheit über die Gültigkeit von Rechtsnormen erhalten müssen.
  2. Keine Ausnahme bei inhaltlicher Änderung:
    Die gesetzliche Frist gilt gleichermaßen für neu erlassene Vorschriften wie für Vorschriften, die inhaltlich geändert wurden. Eine spätere Einbeziehung der geänderten Vorschrift in das Verfahren ist nicht zulässig, wenn die Jahresfrist verstrichen ist.
  3. Kein Raum für inhaltliche Prüfung:
    Aufgrund der Unzulässigkeit des Antrags war es dem Gericht verwehrt, eine inhaltliche Entscheidung über die Vereinbarkeit der Sonntagsöffnung von Bibliotheken mit dem Grundrecht auf Sonntagsschutz zu treffen.

Folgen der Entscheidung

Das Urteil hat zwei wesentliche Konsequenzen:

  1. Sonntagsöffnung von Bibliotheken bleibt unangefochten:
    Die in Nordrhein-Westfalen geltende Regelung zur Sonntags- und Feiertagsöffnung öffentlicher Bibliotheken bleibt rechtlich unangetastet, da der Normenkontrollantrag nicht zulässig war. Öffentliche Bibliotheken können daher weiterhin ihre kulturellen Funktionen an Sonn- und Feiertagen wahrnehmen und Arbeitnehmer beschäftigen.
  2. Klarstellung zur Fristwahrung:
    Das Urteil verdeutlicht, dass Antragsteller bei Änderungen von Rechtsnormen im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO strikt einhalten müssen. Diese Regelung gilt unabhängig von der Art der Änderung der Rechtsnorm.

Fazit

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil die Bedeutung der Rechtssicherheit und Fristwahrung in Normenkontrollverfahren betont. Die Versäumung der gesetzlichen Frist führte dazu, dass der Antragstellerin die Möglichkeit genommen wurde, die geänderte Vorschrift überprüfen zu lassen. Die Sonntagsöffnung öffentlicher Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen bleibt damit vorerst unangetastet.

BVerwG 8 CN 2.23 – Urteil vom 11. Dezember 2024

Vorinstanz:
OVG Münster, OVG 4 D 94/20.NE – Urteil vom 1. Juni 2023

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