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Oberlandesgericht Braunschweig-in Sachen Volkswagen

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Oberlandesgericht Braunschweig

3 Kap 1/16

Beschluss

In dem Kapitalanlegermusterverfahren

Deka Investment GmbH gegen Volkswagen AG

hat der 3. Zivilsenat durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hoffmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Pansegrau und die Richterin am Landgericht Siegfried am 18. April 2018 beschlossen:

Die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäde und des Richters am Oberlandesgericht Stephan wird für unbegründet erklärt.

Gründe

I.

Die Beteiligten des Musterverfahrens streiten u. a. über die Frage der Verpflichtung der Musterbeklagten zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Mitteilungen im Zusammenhang mit der sogenannten „Dieselthematik“.

Am 21.3.2018 hat der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäde in einer dienstlichen Erklärung gemäß § 48 ZPO angezeigt, Mitglied des Stiftungsrates der Bürgerstiftung Braunschweig zu sein, dessen Vorsitzende Frau Dr. Maresa Wischenbart-Backhaus ist, die beruflich in der Rechtsabteilung der Musterbeklagten in leitender Funktion beschäftigt ist. Auch aus einer früheren ehrenamtlichen Tätigkeit kenne er sie. Welche Aufgaben Frau Dr. Wischenbart-Backhaus in der Rechtsabteilung der Musterbeklagten wahrnehme und ob sie mit der Bearbeitung der Dieselthematik in irgendeiner Form befasst sei, sei ihm nicht bekannt, da man sich über dienstliche Angelegenheiten nicht austausche. Treffen privater Natur, in der dies auch nur ansatzweise angesprochen worden wäre, habe es nicht gegeben.

Ebenfalls am 21.3.2018 hat der Richter am Oberlandesgericht Stephan in einer dienstlichen Erklärung gemäß § 48 ZPO anzeigt, mit Herrn Dr. Guido Waßmuth, einem Partner der Kanzlei „Lindenpartners“, die Beigeladene in diesem Verfahren vertritt, seit der gemeinsamen Referendariatszeit freundschaftlich verbunden zu sein. Nach seiner Kenntnis sei Herr Dr. Waßmuth mit diesem Verfahren nicht befasst, unabhängig hiervon werde das Verfahren nicht Gegenstand von Gesprächen zwischen Herrn Dr. Waßmuth und ihm sein.

Mit Beschluss vom 22.3.2018, der am selben Tag auf dem Infoportal eingestellt worden ist und auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 654 d. A.), hat der Senat auf die beiden Anzeigen hingewiesen und mitgeteilt, dass nicht vor Ablauf von drei Wochen über das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes entschieden werde.

Stellungnahmen der Beteiligten zum Beschluss bzw. den dienstlichen Erklärungen sind nicht eingegangen.

II.

Die Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäde und des Richters am Oberlandesgericht Stephan ist unbegründet.

Nach § 48 ZPO hat das für die Erledigung eines Ablehnungsgesuches zuständige Gericht auch dann zu entscheiden, wenn ein solches Gesuch nicht angebracht ist, ein Richter aber von einem Verhältnis Anzeige macht, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte.

Die in den dienstlichen Erklärungen mitgeteilten tatsächlichen Verhältnisse rechtfertigen nicht die Besorgnis der Befangenheit nach §§ 48, 42 Abs. 2 ZPO. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dies ist dann der Fall, wenn aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Vielmehr genügt es, dass die aufgezeigten Umstände geeignet sind, der Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben; denn die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden (BGH NJW-RR 2014, 1469 – beck-online). Solche Umstände liegen aber hier nicht vor.

Die schlichte sich aus gemeinsamen ehrenamtlichen Tätigkeiten ergebende Bekanntschaft des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Jäde zu der in der Rechtsabteilung der Musterbeklagten in leitender Funktion tätigen Frau Dr. Wischenbart-Backhaus bereitet noch nicht einmal einen „bösen Schein“ einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit. Die bestehende Bekanntschaft ist die Konsequenz ehrenamtlicher Tätigkeit und der damit notwendigerweise verbundenen Kontakte. Dies lässt nicht auf enge persönliche Beziehungen oder eine besondere, emotional geprägte Sympathie oder auch Antipathie schließen, die sich zum Vorteil oder Nachteil einer der Parteien auswirken könnte. Anhaltspunkte dafür, dass bei etwaigen Treffen die „Dieselthematik“ doch erörtert werden könnte, sind nicht ersichtlich.

Auch die freundschaftliche Verbindung des Richters am Oberlandesgericht Stephan zu Herrn Dr. Waßmuth, einem Partner einer Anwaltskanzlei, die Beigeladene in diesem Verfahren vertritt, gibt bei vernünftiger Würdigung aller Umstände keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Der Richter hat versichert, dass das Verfahren nicht Gegenstand von Gesprächen mit Herrn Dr. Waßmuth sein werde, der seiner Kenntnis nach auch nicht mit dem Verfahren befasst sei. Gerade aufgrund der fehlenden Befassung von Herrn Dr. Waßmuth mit dem vorliegenden Verfahren ist nicht zu befürchten, dass private Gespräche früher oder später doch (also „quasi unvermeidbar“) auf den Gegenstand des Verfahrens kommen und dabei rechtliche Fragestellungen genannt oder gar erörtert werden. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass die Kanzlei Lindenpartners lediglich Beigeladene vertritt und bislang unter den Beigeladenenvertretern keine durch Einreichung zahlreicher oder besonders umfangreicher Schriftsätze exponierte Stellung eingenommen hat. Im Übrigen ist das vom Richter erwähnte Freundschaftsverhältnis mit der üblicherweise von weitaus engeren Bindungen, Emotionen und ggf. auch wirtschaftlichen Interessen geprägten Situation unter Ehegatten, welche eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen würde, nicht vergleichbar.

 

Dr. Hoffmann                Siegfried                Dr. Pansegrau

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