Oberlandesgericht Braunschweig
Beschluss
3 Kap 1/16
In dem Kapitalanleger-Musterverfahren
Deka Investment GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer
Thomas Schneider und den Prokuristen Michael Windischmann,
Mainzer Landstraße 16, 60325 Frankfurt am Main,
Musterklägerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
TILP Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH,
Einhornstraße 21, 72138 Kirchentellinsfurt b. Tübingen,
gegen
1. |
Volkswagen AG, vertreten durch den Vorstand, |
Musterbeklagte zu 1),
Verfahrensbevollmächtigte:
a) |
Rechtsanwälte Göhmann & Kollegen, |
b) |
Schilling, Zutt & Anschütz Rechtsanwalts AG, |
2. |
Porsche Automobil Holding SE, vertreten durch den Vorstand, |
Musterbeklagte zu 2),
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hengeler Mueller, Bockenheimer Landstraße 24, 60323 Frankfurt am Main,
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Jäde, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Hoffmann und den Richter am Oberlandesgericht Stephan am 20. Juni 2019 beschlossen:
Das Musterverfahren wird um folgende Feststellungsziele erweitert:
I. |
auf Antrag der Beigeladenen Reisert vom 29. April 2019 (I.) Zur alleinigen ausschließlichen Zuständigkeit des LG Stuttgart nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den Anlegerklagen wegen der Dieselthematik
(II.) Zur alleinigen ausschließlichen Zuständigkeit des LG Braunschweig nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den Anlegerklagen wegen der Dieselthematik
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II. |
auf Antrag der Musterbeklagten zu 2) vom 28. Mai 2019
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III. |
auf Antrag der Musterbeklagten zu 1) vom 14. Mai 2019: Es wird festgestellt, dass kapitalmarktrechtliche Haftungsansprüche, die auf die allgemeinen deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 826, 823 Abs. 2 BGB gestützt werden, in analoger Anwendung des § 37b Abs. 4 WpHG a.F. nach einem Jahr ab Kenntnis des Anlegers von den anspruchsbegründenden Umständen und kenntnisunabhängig nach drei Jahren verjährt sind, wenn sie sich gegen den Emittenten richten und mit der angeblich pflichtwidrigen Nichtveröffentlichung einer Insiderinformation begründet werden. |
Gründe:
I.
(Erweiterungsantrag der Beigeladenen Reisert vom 29. April 2019)
In Bezug auf die den Erweiterungsanträgen zu I. 1. und 2. sowie II. zugrunde liegenden Feststellungsziele sind die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG erfüllt.
1.
Es handelt sich um „weitere“ Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG. Ein „weiteres“ Feststellungsziel ist nur dann gegeben, wenn es nicht bereits Gegenstand des Musterverfahrens ist. Es ist deshalb zu prüfen, ob es nicht bereits – ggf. mit anderer Formulierung oder anders eingebettet – geltend gemacht worden ist (vgl. Gängel/Huth/Gansel, in: Heidel, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 15 KapMuG Rdn. 7). Bei den beiden Feststellungszielen zu I. handelt es sich unzweifelhaft um „weitere“ Feststellungsziele in diesem Sinn. Die diesen Feststellungszielen zugrunde liegende Auslegung des § 32b ZPO ist bislang nicht Gegenstand des Musterverfahrens. Das Feststellungsziel zu II. entspricht zwar, soweit es sich auf die Musterbeklagte zu 1) bezieht, dem bereits durch Beschluss des Senats vom 2. Mai 2019 zugelassenen Feststellungsziel der Musterbeklagten zu 1) zu 1. a). Es geht aber über dieses hinaus, soweit es darauf gerichtet ist, eine Klärung gegenüber beiden Musterbeklagten herbeizuführen. Insoweit handelt es sich auch um ein „weiteres“ Feststellungsziel i.S.d. § 15 KapMuG.
2.
Die Entscheidung eines Teils der zugrunde liegenden Rechtsstreite hängt von den weiteren Feststellungszielen ab (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG).
Ein Erweiterungsantrag ist entscheidungserheblich in diesem Sinne, wenn sich die Entscheidung über das neue Feststellungsziel auf die Entscheidung des ausgesetzten Verfahrens auswirken kann (vgl. Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 14; Kruis, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 15 Rn. 12). Die rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Zuständigkeitsvorschrift des § 32b ZPO sind zwischen den Beteiligten des Verfahrens, in der Literatur und auch in der Instanzrechtsprechung hochstreitig. Diese Streitfragen können sich auf die ausgesetzten Ausgangsverfahren auswirken. Von der Bewertung dieser Fragen hängt es nämlich ab, ob die jeweiligen Ausgangsgerichte – ganz oder teilweise – selbst zur Entscheidung über die bei ihnen anhängigen Verfahren berufen sind oder ob diese schon mangels örtlicher Zuständigkeit durch Prozessurteil zu beenden bzw. im Falle eines Verweisungsantrags an das zuständige Gericht zu verweisen wären (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Mai 2019).
3.
Die weiteren Feststellungsziele betreffen auch den gleichen Lebenssachverhalt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG).
Die rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 32b ZPO lassen sich nicht von dem zugrunde liegenden Kernsachverhalt trennen (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Mai 2019). Dies gilt auch, soweit die Feststellungsziele darauf gerichtet sind, Feststellungen zu der örtlichen Zuständigkeit in Bezug auf Klagen gegen die Musterbeklagte zu 2) bzw. aufgrund von Investitionen in Wertpapiere der Musterbeklagten zu 2) herbeizuführen. Zwar ist der den maßgeblichen Lebenssachverhalt konturierende Kernpunkt der dem hiesigen Musterverfahren zugrundeliegenden Rechtsstreitigkeiten das Geschehen bei der Musterbeklagten zu 1) im Zusammenhang mit der sogenannten „Dieselthematik“ (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2018). Gerade der Umstand, dass das (einheitliche) Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) stattgefunden hat, wirkt sich nach der Auffassung der Beigeladenen Reisert (und der Musterbeklagten zu 1) aber auch auf die Frage des örtlich zuständigen Gerichts in Bezug auf Klagen gegen die Musterbeklagte zu 2) bzw. aufgrund von Investitionen in Wertpapiere der Musterbeklagten zu 2) aus. Die Auslegung des § 32b ZPO hängt damit unmittelbar mit dem zugrundeliegenden Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) zusammen.
4.
Die Erweiterung ist auch sachdienlich (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KapMuG).
Der Umstand, dass die begehrten Feststellungen auf zwei sich widersprechende Rechtsfolgen gerichtet sind, die nur alternativ, aber niemals zugleich vorliegen können, führt nicht dazu, dass diese als unzulässige alternative Anträge zu behandeln sind.
Eine alternative Klagenhäufung liegt vor, wenn der Kläger den einen oder den anderen Prozessanspruch geltend macht. Nur einem von ihnen soll stattgegeben werden, etwa nach Wahl des Richters oder des Beklagten (vgl. Becker-Eberhard, in: MünchKomm-ZPO, 5. Aufl. 2016, § 260 Rn. 22). Alternative Klageanträge sind grundsätzlich unzulässig, da ihnen die erforderliche Bestimmtheit fehlt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH Beschl. v. 24.3.2011 – I ZR 108/09, BeckRS 2011, 8631).
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben einem bestimmten Antrag auch eine bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und werden die Grenzen der Rechtshängigkeit und der Rechtskraft festgelegt sowie Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) bestimmt (BGH, a.a.O.). Dies erfordert auch der Schutz des Beklagten, für den erkennbar sein muss, welche prozessualen Ansprüche gegen ihn erhoben werden, um seine Rechtsverteidigung danach ausrichten zu können (BGH, Urteil vom 3. 4. 2003 – I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 349 „Reinigungsarbeiten“). Eine ordnungsgemäße Klageerhebung erfordert eine Individualisierung des Streitgegenstands (BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 – VIII ZR 127/03, NJW-RR 2005, 216). Hierfür ist es entsprechend dem Zweck der Klageerhebung, dem Beklagten den Willen des Klägers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen, im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 295/00, NJW-RR 2004, 639, 640). Der Kläger muss aber die gebotene Bestimmung des Streitgegenstandes vornehmen und kann sie nicht zur Disposition des Gerichts stellen. Dazu gehört bei mehreren Streitgegenständen auch die Benennung der Reihenfolge, in der diese zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden (BGH Beschluss vom 24.3.2011 – I ZR 108/09, Rn. 9).
Es kann hier dahinstehen, ob die Anforderungen an die Bestimmtheit eines Klageanspruchs in jeder Hinsicht auf Erweiterungsanträge gemäß § 15 KapMuG übertragen werden können. Jedenfalls liegt im vorliegenden Fall keine unzulässige Alternativgestaltung vor. Die Beigeladenen Reisert stellen den Streitgegenstand nicht zur Disposition des Gerichts oder eines anderen Beteiligten. Die Erweiterungsanträge sind nicht alternativ, sondern kumulativ formuliert. Die Beigeladenen Reisert begehren eine Entscheidung über sämtliche gestellte Erweiterungsanträge, unabhängig davon, in welcher Weise der Senat die anderen Feststellungsziele beantwortet. Dies führt zwar dazu, dass von vornherein zumindest ein Feststellungsziel keinen Erfolg haben kann. Dies hat aber nicht die Unzulässigkeit der Antragsgestaltung zur Folge. Auch der Schutz der Musterbeklagten gebietet keine andere Bewertung. Es ist für die Musterbeklagten ohne weiteres ersichtlich, wonach sie ihre Rechtsverteidigung ausrichten müssen. Da aufgrund der Antragsgestaltung über beide Anträge der Beigeladenen Reisert zu befinden sein wird, müssen sich die Musterbeklagten auch gegen beide Feststellungsziele verteidigen.
Der Entscheidung über die weiteren Feststellungsziele kommt auch für eine Vielzahl anderer gleichgelagerter Rechtsstreitigkeiten Bedeutung zu. Die weiteren Feststellungsziele ermöglichen eine umfassende Klärung der hochstreitigen Auslegung des § 32b ZPO. Eine Verzögerung des Musterverfahrens infolge der Zulassung der Erweiterungsanträge ist nicht zu befürchten.
II.
(Erweiterungsantrag der Musterbeklagten zu 2) vom 28. Mai 2019)
Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG sind in Bezug auf die aufgeführten Feststellungsziele erfüllt.
1.
Es handelt sich um „weitere“ Feststellungsziele i.S.d. § 15 Abs. 1 KapMuG.
Die Musterbeklagte zu 1) hat zwar in ihrem bereits zugelassenen Erweiterungsantrag vom 28.02.2018 zu 1. d) hilfsweise die Feststellung begehrt, dass in den Anlegerklagen im Zusammenhang mit der Dieselthematik, in denen die Musterbeklagte [zu 1)] und die Porsche Automobil Holding SE gemeinsam als Streitgenossinnen verklagt sind, jeder betroffene Emittent an seinem Heimatgerichtsstand i.S.d. §§ 12, 17 ZPO zu verklagen ist, unabhängig davon, auf welche Finanzinstrumente die Kläger ihre angeblich schadensursächlichen Transaktionen stützen. Dieses Feststellungsziel betrifft nach seinem ausdrücklichen Wortlaut aber lediglich die Fälle, in denen die Musterbeklagten gemeinsam als Streitgenossinnen verklagt sind. Die Feststellungsziele der Musterbeklagten zu 2) gehen über diesen Hilfsantrag insoweit hinaus, als sie sich auf sämtliche gegen sie erhobenen Anlegerklagen beziehen. Insoweit handelt es sich deshalb auch um ein „weiteres“ Feststellungsziel.
2.
Die Entscheidung eines Teils der zugrunde liegenden Rechtsstreite hängt auch von den weiteren Feststellungszielen ab (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG). Von der Auslegung des § 32b ZPO hängt es nämlich ab, ob die jeweiligen Ausgangsgerichte – ganz oder teilweise – selbst zur Entscheidung über die bei ihnen anhängigen Verfahren berufen sind oder ob diese schon mangels örtlicher Zuständigkeit durch Prozessurteil zu beenden bzw. im Falle eines Verweisungsantrags an das zuständige Gericht zu verweisen wären (vgl. Senatsbeschluss vom 02.05.2019 sowie Senatsbeschluss vom heutigen Tag zu den Erweiterungsanträgen der Beigeladenen Reisert).
3.
Die weiteren Feststellungsziele betreffen auch den gleichen Lebenssachverhalt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG).
Die rechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 32b ZPO lassen sich nicht von dem zugrundeliegenden Kernsachverhalt trennen (vgl. Senatsbeschluss vom 02.05.2019). Dies gilt – da sich gerade der Umstand, dass das (einheitliche) Kerngeschehen bei der Musterbeklagten zu 1) stattgefunden hat, nach der Auffassung der Beigeladenen Reisert (und der Musterbeklagten zu 1) auf die Frage des örtlich zuständigen Gerichts auch in Bezug auf Klagen gegen die Musterbeklagte zu 2) bzw. aufgrund von Investitionen in Wertpapiere der Musterbeklagten zu 2) auswirken soll – auch für Feststellungsziele, die darauf gerichtet sind, Feststellungen zu der örtlichen Zuständigkeit in Bezug auf Klagen gegen die Musterbeklagte zu 2) herbeizuführen (vgl. oben I. 3.).
4.
Die Entscheidung über die weiteren Feststellungsziele ist schließlich auch sachdienlich. Der Entscheidung über die weiteren Feststellungsziele kommt für eine Vielzahl anderer gleichgelagerter Rechtsstreitigkeiten Bedeutung zu. Die weiteren Feststellungsziele ermöglichen eine umfassende Klärung der hochstreitigen Auslegung des § 32b ZPO. Eine Verzögerung des Musterverfahrens infolge der Zulassung der Erweiterungsanträge ist nicht zu befürchten.
III.
(Erweiterungsantrag der Musterbeklagten zu 1) vom 14. Mai 2019)
Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 KapMuG sind in Bezug auf das aufgeführte Feststellungsziel erfüllt.
1.
Die Entscheidung eines Teils der zugrunde liegenden Rechtsstreite hängt von dem weiteren Feststellungsziel ab (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KapMuG). Ein Erweiterungsantrag ist entscheidungserheblich in diesem Sinne, wenn sich die Entscheidung über das neue Feststellungsziel auf die Entscheidung des ausgesetzten Verfahrens auswirken kann (vgl. Vollkommer, in: KK-KapMuG, 2. Aufl., § 15 Rn. 14; Kruis, in: Wieczorek/Schütze, 4. Aufl., § 15 Rn. 12). Nur dann verfügt der Antragsteller über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für einen Erweiterungsantrag (Kruis, a.a.O.). Dabei genügt es, wenn dies für das Oberlandesgericht zumindest plausibel ist (Vollkommer, a.a.O.).
In zahlreichen Ausgangsverfahren werden Ansprüche (auch) auf behauptete Informationspflichtverletzungen vor dem 10. Juli 2012 gestützt. Nach der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats steht hieraus geltend gemachten Ansprüchen aus § 37b WpHG a.F. die Einrede der Verjährung entgegen. In Bezug auf behauptete Informationspflichtverletzungen in diesem Zeitraum kämen danach von vornherein nur deliktische Ansprüche in Betracht. Wäre § 37 Abs. 4 WpHG a.F. auch auf deliktische Ansprüche anwendbar, wären Ansprüche aufgrund von behaupteten Ad-hoc-Pflicht-Verletzungen vor dem 10. Juli 2012 insgesamt verjährt.
2.
Das weitere Feststellungsziel betrifft auch den gleichen Lebenssachverhalt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG). Gegenstand des Feststellungsziels ist eine Einwendung in Bezug auf Anspruchsgrundlagen, die ihrerseits bereits Gegenstand des Musterverfahrens sind.
3.
Die Entscheidung über das weitere Feststellungsziel ist auch sachdienlich. Der zugrunde liegenden Rechtsfrage kommt für eine Vielzahl anderer gleichgelagerter Rechtsstreitigkeiten Bedeutung zu. Eine Verzögerung des Musterverfahrens infolge der Zulassung des Erweiterungsantrags ist nicht zu befürchten.
4.
Die von Teilen der Beigeladenen (Schriftsätze der Rechtsanwälte Arnold&Porter sowie quinn emanuell jeweils vom 19. Juni 2019) erhobenen Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit des Erweiterungsantrags teilt der Senat nicht.
Der Erweiterungsantrag ist jedenfalls auslegungsfähig. Die Musterbeklagte zu 1) begehrt die Feststellung, dass (sämtliche) kapitalmarktrechtliche Haftungsansprüche, die sich gegen den Emittenten richten und mit der angeblich pflichtwidrigen Nichtveröffentlichung einer Insiderinformation begründet und auf die allgemeinen deliktsrechtlichen Anspruchsgrundlagen der §§ 826, 823 Abs. 2 BGB (gleichgültig in Verbindung mit welchem Schutzgesetz) gestützt werden, der Verjährung gemäß § 37b Abs. 4 WpHG a.F. unterliegen. Es bleibt weder unbestimmt, auf welchen etwaigen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestand sich das Feststellungsziel bezieht (nämlich die angeblich pflichtwidrige Nichtveröffentlichung einer Insiderinformation) noch welche Anspruchsgrundlagen hiervon umfasst sein sollen (§ 826 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit jedem etwaigen Schutzgesetz). Die Weite des Feststellungsziels mag dazu führen, dass es in Teilen von vornherein unbegründet ist. Dies ist aber keine Frage der Bestimmtheit. Insoweit ist für den Senat durch Auslegung ohne weiteres zu ermitteln, welche Fragestellung(en) durch den Erweiterungsantrag zum Gegenstand des Musterverfahrens gemacht werden sollen.
Gleiches gilt für die im Schriftsatz von quinn emanuel gerügte fehlende Konkretisierung des intertemporalen Anwendungsbereichs der geltend gemachten analogen Anwendung des zwischenzeitlich außer Kraft getretenen § 37b Abs. 4 WpHG a. F. Der Umstand, dass das Feststellungsziel keine Einschränkung des intertemporalen Anwendungsbereichs enthält, könnte – je nachdem, wie die im hiesigen Verfahren streitige Frage des intertemporal anwendbaren Verjährungsrechts zu beantworten ist – dazu führen, dass das Feststellungsziel für den Zeitraum ab dem 10.07.2015 von vornherein unbegründet wäre. Dies ist aber ebenfalls keine Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Feststellungsziels, sondern der Begründetheit.
Dr. Jäde Dr. Hoffmann Stephan
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