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Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil in dem Staatsschutzverfahren wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit

Dieter_G (CC0), Pixabay
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Der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Staatsschutzsenat) hat heute, am 18. November 2022, den Angeklagten Ralph G. wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit in Tateinheit mit geheimdienstlicher Agententätigkeit gegen den NATO-Vertragsstaat Vereinigte Staaten von Amerika zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Jan van Lessen verkündete das Urteil am 12. Hauptverhandlungstag.

Nach den Feststellungen des Senats war der Angeklagte neben seiner beruflichen Tätigkeit als Vertriebsleiter eines Unternehmens in Erkrath als Reserveoffizier im Rang eines Oberstleutnants stellvertretender Leiter eines Kreisverbindungskommandos. Aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit gehörte er auch dem Außenwirtschaftsausschuss der Industrie- und Handelskammer sowie dem Beirat des Außenhandelsverbandes Nordrhein-Westfalen e.V. an. Spätestens seit Ende Oktober 2014 stand der Angeklagte zu mehreren ranghohen Mitarbeitern aus dem Militärattachéstab der russischen Botschaft in Berlin in Kontakt, die zugleich dem russischen militärischen Nachrichtendienst GRU angehörten.

 

Der Angeklagte übermittelte diesen Kontaktpersonen eine Vielzahl von Dokumenten und Informationen über das Reservistenwesen der Bundeswehr in Deutschland, die Arbeitsweise des Landes- und Kreisverbindungskommandos sowie Auszüge aus dem Entwurf des Weißbuchs des Verteidigungsministeriums. Aus dem Bereich der Wirtschaftspolitik lieferte er beispielsweise Dokumente zu den Folgen der im Jahr 2014 gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen für die deutsche und europäische Wirtschaft und zum Engagement der deutschen Wirtschaft in der Ukraine. Außerdem vermittelte er Publikationen zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Vereinigten Staaten von Amerika und seiner westlichen Verbündeten. Die Kontakte erfolgten teils persönlich oder telefonisch, vor allem aber über E‑Mails. Im August 2018 übersandte der Angeklagte einen Link zu einem Arbeitspapier der Bundesakademie für Sicherheitspolitik zur Nord-Stream-2-Gaspipeline.

 

Die Motivation des Angeklagten lag unter anderem in seiner russlandfreundlichen Einstellung und dem Drang, sich bei den hochrangigen russischen Militärangehörigen interessant zu machen und seine Reputation als „Sicherheitsexperte“ zu stärken. Über seine Kontakte erhielt er Einladungen zu Veranstaltungen der russischen Botschaft in Berlin und zu der jährlichen Sicherheitskonferenz in Moskau.

Der Senat hat bei der Strafzumessung zugunsten des Angeklagten maßgeblich berücksichtigt, dass er bereits zu Beginn der Verhandlung den äußeren Tathergang eingeräumt hat, nicht vorbestraft ist, lediglich mit Eventualvorsatz handelte und die übermittelten Informationen nahezu ausnahmslos öffentlich zugänglich waren. Strafschärfend wirkte sich insbesondere der lange Tatzeitraum von mehr als vier Jahren aus.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte und der Generalbundesanwalt können Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

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