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OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN-Beschluss gegen Deutsche Bank AG und Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG

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OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

BESCHLUSS

In dem Musterverfahren

des Herrn Jürgen Born,

Musterkläger,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Alexander Temiz, Rechtsanwälte Schirp Neusel & Partner, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin,
(Az.: Landgericht Frankfurt am Main: 2-12 O 48/15)

 

gegen

1) die Deutsche Bank AG und

2) die Deutsche Bank Privat- und Geschäftskunden AG

Musterbeklagte,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Marc Sänger, Rechtsanwaltskanzlei Clouth & Partner, Beethovenstraße 8-10, 60325 Frankfurt am Main,

 

hat der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch

Richter am Oberlandesgericht Kruske,
Richter am Oberlandesgericht Burmeister und
Richter am Oberlandesgericht Rathmann

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2017 beschlossen:

Die Feststellungsanträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I)

Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterverfahrens nach dem KapMuG über die Frage, ob der Prospekt der Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (im Folgenden: Patentportfolio-Fonds) vollständig und richtig ist. Der Fonds war gegründet worden, um Patentrechte aufzukaufen und sie gewinnbringend zu verwerten.

In den Jahren 2006 und 2007 gaben die Musterbeklagte zu 1) und die Clou Partners GmbH (im Folgenden Clou) zwei Vorgängerfonds heraus, die sich ebenfalls mit der Verwertung von Patenten befassten (Patent Select I und Patent Select II). Unterstützend für die Ermittlung geeigneter Patente war in beiden Fonds die IP Bewertungs AG, Hamburg (im Folgenden IPB) tätig, die sich u.a. darauf spezialisiert hatte, verwertbare Patente zu identifizieren und bei der Verwertung tätig zu werden. Diese Fonds waren im August 2006 bzw. März 2007 vollständig bestückt. Die IPB ging aus der mit Satzung vom 5. April 2000 gegründeten ALSTERBLICK 8. Vermögensverwaltungs-AG hervor, die Umfirmierung wurde am 5. November 2003 beschlossen und am 13. Februar 2004 in das Handelsregister bei dem AG Hamburg eingetragen. Zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe hatte die IPB 43 Mitarbeiter, mehrere Monate vorher waren es 27.

In der Ausgabe Januar 2007 der Zeitschrift „Absatzwirtschaft“ gab der Vorstandsvorsitzende der IPB, Herr Karsten Müller, ein Interview, in dem er u.a. äußerte:

„Wir haben mehrere Fonds, weil wir die Fondsseite grundsätzlich nicht als Blind Pool gestalten. Erst ist die Ware da, dann wird der Fonds gemacht. Das ist wichtig, um einen seriösen Brückenschlag zu schaffen. Bei umgekehrter Vorgehensweise würde man nur im Nebel herumstochern. Das kann man keinem Anleger zumuten, weil die potenziellen Akquisitionskosten nicht abschätzbar sind. Deswegen werden bei uns erst die Assets ausgewählt. Damit steht das Portfolio, auf dessen Basis die Fondshülle geschaffen wird, und diese Fondshülle wird kapitalisiert. Dann kommt es erst zum Erwerb des Patents. Vorher handelt es sich eigentlich um einen Schwebezustand, der rund ein halbes Jahr dauert und mit dem der Patentinhaber leben muss. Die Fondsseite besteht bislang aus einer ganzen Reihe von Private Placements. Jüngst unternahmen wir von unserer Seite den Schritt zu einem Publikumsfonds mit der Deutschen Bank (Patent Select I).“
Frage: Kaufen Sie Patente auch selber auf und vermarkten diese?
Die Verlockung ist groß. Aber das geht nicht nach unseren Richtlinien, weil wir dann in einen Interessenkonflikt geraten. Was nehmen Sie selber aufs Buch, was landet beim Fonds? Deshalb auch die Konstellation, dass wir Fonds grundsätzlich nacheinander bestücken und keine Blind Pools auflegen, weil sonst auch wieder ein Interessenkonflikt entsteht. Wenn zwei oder drei Fonds parallel zu bestücken sind, wem geben Sie das Material?

Im Juli 2007 wurde der hier streitgegenständliche Fonds gegründet, Gründungsgesellschafterinnen waren die ZEA Beteiligungsgesellschaft mbH als Komplementärin sowie die NEUNZEHNTE PAXAS Treuhand- und Beteiligungsgesellschaft mbH als Treuhandkommanditistin; die Eintragung der Fondsgesellschaft in das Handelsregister bei dem Amtsgericht Potsdam erfolgte am 16. August 2007 (vgl. S. 137 des Prospekts). Anbieter des Beteiligungsangebots waren zum einen die Musterbeklagte zu 1), zum anderen die Clou; die Musterbeklagten waren darüber hinaus (vgl. S. 105f. des Prospekts) Vermittlerinnen der Anteile.

Der Fonds sollte eine Laufzeit bis zum 31. Dezember 2015 haben, das Gesamtbeteiligungskapital sollte maximal 160.001.000 Euro betragen, wobei die einzelnen Anleger über die Treuhandkommanditistin an dem Fonds beteiligt sein sollten.

Das Fondskonzept, wie es in dem streitgegenständlichen Prospekt dargestellt wurde (vgl. S. 58ff. des Prospekts), sah vor, dass ca. 15 bis 25 Patente erworben, veredelt und dann schließlich verwertet werden sollten. Bewertung und Aufarbeitung der Patente sollten durch die IPB erfolgen. Diese wurde in dem Prospekt (S. 19, 54) wie folgt beschrieben:

Die IP Bewertungs AG (im Folgenden „IPB“) ist eine der führenden Patentbewertungs- und Beratungsgesellschaften in Europa. Die meisten der derzeit 43 Mitarbeiter arbeiten am Standort Hamburg in den Bereichen Patentbewertung und Patentverwertung sowie in den Bereichen Strategie-, Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung.
Kunden der IPB sind unter anderem DAX-, MDAX-, TECDAX- und STOXX 50-Unternehmen.
Die Mitarbeiter der IPB verfügen überwiegend über ein naturwissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftliches Studium und decken daher die wesentlichen naturwissenschaftlich-technischen Spektren der zu beurteilenden Patente, insbesondere die Bereiche Messtechnik, Bio-Gentechnik, Chemie, Elektrotechnik, Energietechnik, Laser und Optik, Maschinenbau und Medizintechnik, ab.
Seit Gründung der IPB im Jahr 2001 war die IPB bei über 130 Patenttransaktionen / -projekten auf der Kauf- oder Verkaufsseite beteiligt – unter anderem bei den beiden Patentverwertungsfonds Patent Select I und Patent Select II.

Bei Gründung des Fonds waren bereits vier Patente erworben worden (vgl. S. 65 des Prospekts), im Übrigen handelte es sich, was der Prospekt auch auswies (u.a. S. 17, 27), um einen sog. Blind-Pool-Fonds.

Zu den Fonds Patent Select I und Patent Select II heißt es u.a. im Prospekt (S. 43, 44):

Aufgrund der Kürze des Zeitraums können noch keine Aussagen zum Ergebnisverlauf von Patent Select I und Patent Select II gemacht werden.

Die Risiken des streitgegenständlichen Fonds werden u.a. auf den Seiten 27ff. des Prospekts dargestellt, wobei u.a. auf die eingeschränkte Übertragbarkeit/das Fehlen eines Zweitmarkts (S. 36) hingewiesen wird, sowie unter der Überschrift „Kumulation von Risiken; Größenordnung des maximalen Risikos“ zusammenfassend ausgeführt wird:

Die dargestellten Risiken können sich nicht nur einzeln verwirklichen, sondern auch kumuliert eintreten.
Das maximale Risiko des jeweiligen Investors besteht zunächst im vollständigen Verlust seiner Beteiligung / Einlage (Totalverlust) bei gleichzeitigem Wegfall jeglicher Rendite auf seine Beteiligung / Einlage. Zusätzlich kann der Investor im Außenverhältnis gegenüber Gläubigern der Fondsgesellschaft mit seinem gesamten Vermögen bis zur Höhe der auf ihn in das Handelsregister eingetragenen Kommanditbeteiligung haften, soweit und solange die von ihm laut Handelsregistereintragung übernommene Haftsumme entweder nicht bzw. nicht vollständig an die Fondsgesellschaft geleistet oder von dieser zurückbezahlt wird. Eine entsprechende Haftung kann den Treugeber gegenüber der NEUNZEHNTE PAXAS treffen. Zusätzlich kann der Investor steuerlichen Nachteilen oder Ansprüchen (z. B. Steuernachforderungen) ausgesetzt sein. Sofern der Investor seine Einlage in die Fondsgesellschaft ganz oder teilweise über Darlehensmittel fremdfinanziert hat, kann sich sein Verlust aufgrund der Fremdfinanzierungskosten erhöhen. Auch besteht darüber hinaus die Verpflichtung, dieses Darlehen nebst Zinsen zurückzuzahlen.
Weitere wesentliche tatsächliche oder rechtliche Risiken bestehen nach Kenntnis der Anbieterinnen nicht.

Bis zum Ende der Vermarktungsphase im Januar 2008 konnte ein Kapital von 130,3 Mio. Euro eingeworben werden, wovon für ca. 21 Mio. Euro insgesamt 22 Patente erworben wurden. In den Jahren 2010, 2015 und 2016 erfolgten Ausschüttungen (1% und jeweils 10%); derzeit (seit 1. Januar 2016) befindet sich der Fonds in der Liquidationsphase, wobei die noch verbleibenden (vgl. Geschäftsbericht 2015, Anlage K B1a zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 14. Januar 2017) drei Patente bis spätestens zum dritten Quartal 2017 verwertet werden sollen. Nach Ansicht der Geschäftsführung des Fonds (vgl. Geschäftsbericht, a.a.O., S. 11) ist damit zu rechnen, dass weniger als die Hälfte des Beteiligungskapitals der Anleger an diese zurückgezahlt werden kann.

Über das Vermögen der IPB wurde im Jahr 2010 ein Insolvenzverfahren eröffnet, ausweislich des Handelsregisterauszugs wurde sie am 29. März 2017 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.

Ab dem Jahr 2014 wurde gegen die Musterbeklagten eine Vielzahl von Klagen auf Schadensersatz erhoben, die sich vor allem darauf stützen, dass die Angaben im Prospekt – und hier vor allem zur IPB – unrichtig gewesen seien.

Unter dem 11. Februar 2016 erließ das Landgericht auf Grundlage des KapMuG einen Vorlagebeschluss, der am 22. Februar 2016 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht wurde.

Mit Beschluss vom 22. Mai 2017, veröffentlicht im elektronischen Bundesanzeiger am 26. Mai 2017, erweiterte der Senat das Musterverfahren auf Antrag der Beigeladenen Dengler u.a.. Danach ist insgesamt über folgende Feststellungsziele zu entscheiden:

Der am 23. August 2007 herausgegebene Prospekt zur „Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“ (im Folgenden: Patentportfolio I) sei unrichtig und unvollständig, soweit folgende Angaben nicht oder falsch dargestellt worden seien:

1.

1.1 Es sei nicht dargestellt worden, dass der Vorstand des wesentlichen Vertragspartners des Fonds, die IP Bewertungs AG, dem „Blind Pool“-Konzept schon vor Prospektherausgabe kritisch gegenübergestanden und dieses Konzept abgelehnt habe, da insbesondere die Akquisitionskosten der Patente nicht einschätzbar seien, was einem Anleger nicht zuzumuten sei.
1.2 Die Darstellung der Expertise der IP Bewertungs AG sei im Prospekt in mehrfacher Hinsicht irreführend, unvollständig und falsch, da

a. der Prospekt falsche Angaben zum Gründungszeitpunkt der IP Bewertungs AG und irreführende Angaben über deren zeitliche Erfahrung mache;
b. die Darstellung, die IP Bewertungs AG beschäftige zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe 43 Mitarbeiter, ohne weiteren Hinweis einen falschen Eindruck von der Größe und Erfahrung der IPB erwecke als angemessen, weil die IPB noch zwei Monate zuvor über eine wesentlich geringere Mitarbeiterzahl verfügt habe und die Mitarbeiter der IPB weit weniger Expertise aufgewiesen hätten als der Prospekt glauben mache, insbesondere weniger Mitarbeiter als prospektiert über eine Ausbildung in den technisch relevanten Gebieten verfügt hätten und ein großer Teil der Mitarbeiter Berufsanfänger gewesen sei;
c. auch die beiden weiteren im Prospekt genannten Patent-Fonds „Patent Select I“ und „Patent Select II“, die als Referenz für die Tätigkeit der IP Bewertungs AG herangezogen worden seien, keine Anhaltspunkte für ihre Expertise hergäben, da diese in den Jahren 2006 und 2007, also kurz vor dem streitgegenständlichen Fonds, aufgelegt worden seien und bei Herausgabe des streitgegenständlichen Fonds noch keine Ergebnisse aus der Patententwicklung und -verwertung vorgelegen hätten. Darüber hinaus seien diese mit dem streitgegenständlichen Fonds nicht vergleichbar gewesen, da deren Investitionsgegenstand bei Platzierung schon festgestanden habe.

2. Die Beklagte komme im Hinblick auf die Beteiligungen an dem Fonds „Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“ gegenüber den Anlegern als Haftungsschuldnerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie aufgrund der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag in Betracht, sofern im Einzelfall ein solcher geschlossen wurde.

3. Die Beklagte habe bei der Veröffentlichung des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt.

4. Es wird festgestellt, dass der am 23. August 2007 herausgegebene Prospekt zur „Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“ (im Folgenden „Fondsgesellschaft“ oder „Fonds“) jeweils unrichtig, irreführend und unvollständig ist und insofern jeweils ein erheblicher Prospektfehler vorliegt, soweit folgende Sachverhalte nicht oder unrichtig dargestellt werden:

a) Das Fondskonzept bestand darin, Patente zu erwerben, die nicht zu den 10% werthaltigsten Patenten gehören, die für 81 % bis 93 % des Wertes aller Patente stehen, denn der Erwerb derartig werthaltiger Patente war dem Fonds regelmäßig gar nicht möglich. Der Prospekt klärt über diesen Sachverhalt nicht auf, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, denn Patente, die nicht zu dieser Gruppe der obersten 10% gehören, bieten in der Regel keine Gewähr für kommerziellen Erfolg und sind nicht wirtschaftlich sinnvoll verwertbar. Darüber hinaus ist der Prospekt auch deshalb unrichtig, weil er sogar den gegenteiligen Eindruck erweckt, nämlich dass der Fonds hinreichenden Zugang zu Patenten habe, die zur Gruppe der werthaltigsten Patente gehören, und es das Ziel des Fonds gewesen sei, derartige Patente zu erwerben.
b) Es war bereits zum Zeitpunkt der Prospekterstellung absehbar, dass die Mehrheit der von dem Fonds erworbenen und noch zu erwerbenden Patente keine oder allenfalls geringfügige, weit hinter den jeweiligen Anschaffungskosten zurückbleibende Erlöse erzielen würde. Der Prospekt und die darin enthaltene Prognoserechnung sind unrichtig, weil sie davon ausgehen und es als realistisch darstellen, dass alle Patente erfolgreich verwertet und Erlöse erzielt werden können, die weit über die jeweiligen Anschaffungskosten hinausgehen.
c) Mit quantitativen Bewertungsmethoden wie dem „quantitativen Marktwertansatz“ der IP Bewertungs AG („IPB“) lassen sich bestenfalls einige wenige Prozent des Wertes eines Patents erklären. Der quantitative Marktwertansatz der IPB war daher nicht geeignet, die Wahrscheinlichkeit signifikant zu erhöhen, aus der Masse der wertlosen Patente die vergleichsweise wenigen werthaltigen Patente herauszufiltern und deren tatsächlichen Wert zu quantifizieren. Aussagen im Prospekt, denen zufolge sich der Wert eines Patents mit Hilfe des quantitativen Marktwertansatzes „objektiv ermitteln“ lasse und „Aussagen über die zu erwartenden Erlöse gemacht werden können“ sind daher ebenso unrichtig wie die Darstellung des quantitativen Marktwertansatzes als „geeignete Grundlage für die Einschätzung der Werthaltigkeit von Patentportfolien“, mit dessen Hilfe sich „zügig die Spreu vom Weizen trennen“ lasse.
d) Der IPB war es nach den vertraglichen Absprachen gestattet, während der Erwerbsphase auch für Dritte Patente auszuwählen und anzukaufen bzw. Dritte insofern zu beraten. Ausgenommen hiervon waren nur Publikumsfonds mit Vertrieb in Deutschland, nicht aber sonstige Dritte einschließlich von Private Placements und Publikumsfonds, die von der Deutschen Bank AG und der Clou Partners GmbH zukünftig initiiert werden oder die keinen Vertrieb in Deutschland haben. Die Darstellung des Prospekts, der zufolge die IPB einem Interessenkonflikt allenfalls im Hinblick auf die beiden Fonds Patent Select I und II unterliege, ist daher unvollständig und irreführend.
e) Die Anschaffungsnebenkosten (Allokationskosten) mussten gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der IPB und dem Fonds im Hinblick auf das konkret erworbene Patent nicht aufgeschlüsselt werden. Es genügte vielmehr die Nennung der Gesamtsumme der Allokationskosten für das jeweilige Patent in einem Textblock des Ankaufsgutachtens, der ansonsten in allen Gutachten identisch war. Die Darstellung im Prospekt, der zufolge die Allokationskosten sich aufgeschlüsselt aus dem jeweiligen Ankaufsgutachten ergeben, ist daher unrichtig.
f) Der Verkaufsprospekt verharmlost auch in seiner Gesamtschau die Risiken der Anlage und stellt das Fondskonzept fehlerhaft dar, und ist damit nicht dazu geeignet, den Anleger hinreichend über die Risiken und besonderen Eigenschaften der Anlage zu informieren.

5. Es wird festgestellt, dass jedenfalls dann, wenn die Zeichnung des Fonds auf Basis der auf den Seiten 164 -167 des Prospekts als Muster abgedruckten Beitrittserklärung erfolgte, die Musterbeklagten verpflichtet waren, den betreffenden Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 dargestellten Prospektmängel aufzuklären, und zwar auch dann, wenn der Prospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde, und dass daher zu vermuten ist, dass die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 dargestellten Prospektmängel kausal für die Zeichnung des betreffenden Anlegers waren.

6. Es wird festgestellt, dass jedenfalls die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen des Fonds, die bis Ende des Jahres 2015, hilfsweise bis Ende des Jahres 2013, veröffentlicht wurden, nicht geeignet waren, die Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 aufgeführten Prospektmängel zu informieren, so dass die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen allein oder zusammen mit den nur geringen Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis begründen konnten.

Mit Beschluss vom 31. Oktober 2016, veröffentlicht am 9. November 2016 im elektronischen Bundesanzeiger, hat der Senat den Musterkläger bestimmt.

Der Musterkläger vertritt die Ansicht, im Prospekt hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die IPB, wie sich aus dem Interview aus dem Januar 2007 ergebe, erhebliche Zweifel an dem Konzept eines Blind-Pool-Fonds gehabt habe. Diese selbst sei auch nicht zutreffend beschrieben worden, da ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu optimistisch dargestellt worden seien; insbesondere hätte darauf hingewiesen werden müssen, wie sich die Anzahl der Mitarbeiter entwickelt habe. Auch sei, wobei insofern auf den Schriftsatz vom 13. Februar 2017, dort S. 5ff., verwiesen wird, aus den Umsätzen der IPB der Schluss zu ziehen, dass die IPB gerade nicht in besonderer Weise unternehmerisch tätig gewesen sei. Außerdem hätten die Mitarbeiter der IPB, soweit der Musterkläger dies habe herausfinden können, nicht die im Prospekt geschilderten Qualifikationen und seien teilweise Berufsanfänger gewesen.

Die Beigeladenen Dengler u.a. behaupten, das Konzept des Fonds zur Ermittlung werthaltiger Patente sei von vornherein ungeeignet gewesen, einen Erfolg zu zeitigen. Darüber hinaus hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die IPB wegen Tätigkeiten für andere Unternehmen Interessenkonflikten ausgesetzt sei. Auch die Aufschlüsselung der Allokationskosten sei – entgegen der Darstellung im Prospekt – nicht erfolgt.

Die Musterbeklagtem vertreten dagegen die Ansicht, der Prospekt sei fehlerfrei, da mehrfach auf die Risiken der Anlage hingewiesen worden sei. Die Angaben zur IPB seien zutreffend, weitere Details seien nicht anzugeben gewesen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Musterparteien und der Beigeladenen (jeweils nebst Anlagen), die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, verwiesen.

II)

Zulässigkeit des Antrags

Das Vorlageverfahren ist zulässig, das Landgericht Frankfurt am Main hat mit dem Beschluss vom 11. Februar 2016 in zulässiger Weise ein Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2182) eingeleitet.
Der Anwendungsbereich des KapMuG ist dabei eröffnet, betroffen ist ein Anspruch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KapMuG auf Schadensersatz wegen Verwendung einer öffentlichen Kapitalmarktinformation. Die weiteren Sachentscheidungsvoraussetzungen für das Verfahren sind, soweit vom OLG überhaupt prüfbar (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG), gegeben.

Begründetheit des Antrags – einzelne Feststellungsziele

1.

1.1 Es sei nicht dargestellt worden, dass der Vorstand des wesentlichen Vertragspartners des Fonds, die IP Bewertungs AG, dem „Blind Pool“-Konzept schon vor Prospektherausgabe kritisch gegenübergestanden und dieses Konzept abgelehnt habe, da insbesondere die Akquisitionskosten der Patente nicht einschätzbar seien, was einem Anleger nicht zuzumuten sei.

Die Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt insofern nicht fehlerhaft ist.
Maßstab für die Prospektrichtigkeit ist für den im Jahr 2007 herausgegebenen Prospekt § 13 VerkProspG a.F. i.V.m. §§ 44ff. BörsG a.F. und § 8g VerkProspG i.V.m. der Vermögensanlage-Verkaufsprospektverordnung (VermVerkProspV); danach ist der Prospekt fehlerhaft, sofern folgende Voraussetzungen nicht erfüllt sind (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 2014, XI ZB 12/12 – Telekom III):

Er muss danach alle für die Beurteilung der Anlage wichtigen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse möglichst zeitnah darstellen und durch seine Aussagen von den Verhältnissen und der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens, dessen Papiere zum Kauf angeboten werden, dem interessierten Publikum ein zutreffendes Bild vermitteln. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Diese Aufklärungspflicht erstreckt sich auf solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Emissionsprospekt nach diesen Grundsätzen unrichtig oder unvollständig ist, kommt es dabei nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen an, sondern wesentlich auch darauf, welches Gesamtbild der Prospekt dem Anleger von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt.
Hierbei sind solche Angaben wesentlich, die ein Anleger „eher als nicht“ bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde.“

Nach diesen Maßstäben sind etwaige Ansichten des Vorstandsvorsitzenden der IPB im Januar 2007 nicht anzugeben, da zum einen nicht feststeht, dass er diese Ansichten auch bei Herausgabe des Prospekts im August 2007 noch vertrat; im Gegenteil spricht doch gerade der Umstand, dass sich die IPB an der Entwicklung und Durchführung des konkreten Fondskonzepts beteiligte, in erheblicher Weise dafür, dass Herr Müller entweder seine Meinung geändert hatte oder er diese jedenfalls nicht bezogen auf den streitgegenständlichen Fonds vertrat. Gründe, warum sich die IPB trotz einer – angeblichen – Ablehnung des Fondskonzepts gerade an dessen Realisierung beteiligt hatte, sind nicht dargetan.

Zum anderen ist aber mit dieser Äußerung kein Umstand verbunden, der zu einer Vereitelung des Vertragszwecks führen könnte. Insofern fehlt es an konkretem Vortrag des Musterklägers dazu, dass sich aus dieser Konzeption des Fonds – und einer etwaigen Ansicht des Herrn Müller dazu – tatsächlich ein negativer Einfluss auf den Fonds ergeben hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Charakter als Blind-Pool-Fonds mehrfach im Prospekt dargestellt wird. Insofern ist es geboten, aber auch ausreichend, wenn der Prospekt deutlich macht, dass eine wirtschaftliche Beteiligung vorliegt, der Erfolg derselben allein von den noch zu erwerbenden Objekten abhängt und über konkrete Investitionsziele noch keine Entscheidung getroffen wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015, II ZR 52/14, zit. nach juris, Rn. 10). Dies war hier, was der Musterkläger bzw. die Beigeladenen nicht hinreichend in Zweifel ziehen, der Fall.

1.2 Die Darstellung der Expertise der IP Bewertungs AG sei im Prospekt in mehrfacher Hinsicht irreführend, unvollständig und falsch, da

a. der Prospekt falsche Angaben zum Gründungszeitpunkt der IP Bewertungs AG und irreführende Angaben über deren zeitliche Erfahrung mache;
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da der Gründungszeitpunkt der IPB nicht unzutreffend angegeben wurde.
Nach dem Handelsregisterauszug wurde die Vorgängergesellschaft der IPB mit Satzung vom 5. April 2000 gegründet und am 19. Februar 2002 in das Handelsregister eingetragen. Die Umfirmierung erfolgte aufgrund der Hauptversammlung vom 5. November 2003 und wurde am 13. Februar 2004 eingetragen. Nach diesen Angaben ist jedenfalls nicht dargetan, dass die IPB bzw. eine Vorgängergesellschaft (Vorgründungs-AG bzw. Vor-AG; vgl. dazu Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl. (2016), § 41 AktG, Rn. 3) nicht bereits 2001 bestand. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass nach S. 54 des Prospekts „bereits Mitte der Neunziger Jahre Mitarbeiter der IPB Strategien“ zur Wissensvermarktung entwickelt hätten. Da zu diesem Zeitpunkt (Mitte der 90er-Jahre) eine Gründung der IPB auch nach dem Prospekt noch nicht erfolgt war, konnte es keine „Mitarbeiter“ geben, so dass dem Leser des Prospekts klar sein musste, dass die zeitlichen Angaben nur von eingeschränktem Aussagewert sind. Er konnte aus diesem Grund auch nicht den Prospektinhalt so verstehen, dass dort genannte Personen schon zu diesem Zeitpunkt Mitarbeiter der – noch nicht existenten – IPB waren.

b. die Darstellung, die IP Bewertungs AG beschäftige zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe 43 Mitarbeiter, ohne weiteren Hinweis einen falschen Eindruck von der Größe und Erfahrung der IPB erwecke als angemessen, weil die IPB noch zwei Monate zuvor über eine wesentlich geringere Mitarbeiterzahl verfügt habe und die Mitarbeiter der IPB weit weniger Expertise aufgewiesen hätten als der Prospekt glauben mache, insbesondere weniger Mitarbeiter als prospektiert über eine Ausbildung in den technisch relevanten Gebieten verfügt hätten und ein großer Teil der Mitarbeiter Berufsanfänger gewesen sei;
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da die vom Musterkläger dargelegten Umstände im Prospekt nicht fehlerhaft dargestellt werden.
Die Anzahl der Mitarbeiter ist als solches unstreitig, was auch für die Erhöhung kurz vor Herausgabe des Prospekts von 27 auf 43 zutrifft. Warum dieser Umstand prospektiert werden soll, legt der Musterkläger nicht dar. Insofern ist nur maßgeblich, ob die IPB mit ihren jeweils aktuellen personellen Kapazitäten in der Lage war, ihren Aufgaben noch dem Fondskonzept nachzukommen; dass und warum dies nicht der Fall gewesen sein sollte, legen Musterkläger und Beigeladene nicht dar.
Was die Qualifikationen der Mitarbeiter der Musterbeklagten angeht, führt der Prospekt (nur) aus (S. 19 und 54):

Die Mitarbeiter der IPB verfügen überwiegend über ein naturwissenschaftliches oder ingenieurwissenschaftliches Studium und decken daher die wesentlichen naturwissenschaftlich-technischen Spektren der zu beurteilenden Patente, insbesondere die Bereiche Messtechnik, Bio-Gentechnik, Chemie, Elektrotechnik, Energietechnik, Laser und Optik, Maschinenbau und Medizintechnik, ab.

Danach erfolgt – entgegen der Ansicht des Musterklägers – gerade keine konkrete Angabe von Vorbildungen/Erfahrungen der Mitarbeiter der IPB. Auch der Musterkläger legt (vgl. Schriftsatz vom 13. Februar 2017, S. 10f.) nur für fünf Mitarbeiter konkret dar, dass diese nicht in das vom Prospekt dargestellt Bild passen würden. Insofern handelt es sich um knapp 12% der Mitarbeiter der IPB, so dass daraus kein Schluss auf die Unrichtigkeit des Prospekts gezogen werden kann. Insofern ist noch zu berücksichtigen, dass von den fünf genannten Mitarbeitern zwei Chemie und einer Biologie studiert haben, also ohne weiteres in die o.g. Beschreibung passen. Soweit der Musterkläger auf eine fehlende Praxiserfahrung verweist, lässt sich aus diesen genannten Mitarbeitern, die teilweise mehrjährige Erfahrung auf ihren jeweiligen Fachgebieten vorweisen können, kein Schluss auf die gesamte Belegschaft der IPB ziehen. Dass die Mitarbeiter der IPB Erfahrungen im Umgang mit Patenten haben mussten, ist nach dem Prospekt gerade nicht geschuldet, da dort explizit nur auf ihre Erfahrungen im naturwissenschaftlichen bzw. ingenieurwissenschaftlichen Bereich abgestellt wird (vgl. S. 19 und 54 des Prospekts).
Soweit mit Schriftsatz vom 21. Juni 2017 ergänzend vom Musterkläger vorgetragen wird, führt dies, die Frage der Verwertbarkeit des Tatsachenvortrags außer Betracht lassend, nicht zu einer anderen Bewertung. Die vom Musterkläger benannten Mitarbeiter der IPB im maßgeblichen Zeitpunkt der Prospektherausgabe entsprechen knapp 50% der Gesamtmitarbeiterzahl (vgl. Schriftsatz vom 21. Juni 2017, S. 9; 22 von 43), was schon Rückschlüsse auf die Gesamtbelegschaft ausschließt. Im Übrigen haben schon nach dem Vortrag des Musterklägers sieben der Mitarbeiter (a.a.O., S. 10) einen naturwissenschaftlichen Hintergrund, also ca. 1/3, mithin gerade kein verschwindend kleiner Kreis. Dies gilt erst recht, wenn noch der Mitarbeiter mit einem Wirtschaftsingenieur-Studium berücksichtigt wird, zumal auch dies nach den Darstellungen im Prospekt relevant ist.
Im Übrigen trägt der Musterkläger auch nicht konkret vor, dass sich aus etwaigen – behaupteten – personellen Minderkapazitäten der IPB im Bereich Patentverwertung tatsächlich eine Auswirkung auf den Fonds ergeben hat.
Soweit der Musterkläger aus den Geschäftsdaten Schlüsse zu ziehen sucht, wird dies nicht in einem Feststellungsziel abgebildet.

c. auch die beiden weiteren im Prospekt genannten Patent-Fonds „Patent Select I“ und „Patent Select II“, die als Referenz für die Tätigkeit der IP Bewertungs AG herangezogen worden seien, keine Anhaltspunkte für ihre Expertise hergäben, da diese in den Jahren 2006 und 2007, also kurz vor dem streitgegenständlichen Fonds, aufgelegt worden seien und bei Herausgabe des streitgegenständlichen Fonds noch keine Ergebnisse aus der Patententwicklung und -verwertung vorgelegen hätten. Darüber hinaus seien diese mit dem streitgegenständlichen Fonds nicht vergleichbar gewesen, da deren Investitionsgegenstand bei Platzierung schon festgestanden habe.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt keine unzutreffenden Angaben zu den Vorgängerfonds Patent Select I und II enthält.
Der Prospekt macht ausdrücklich deutlich (S. 43, 44) dass aufgrund der kurzen Laufzeit der Vorgängerfonds noch keine Rückschlüsse auf deren Erfolg gezogen werden können.

2. Die Beklagte komme im Hinblick auf die Beteiligungen an dem Fonds „Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“ gegenüber den Anlegern als Haftungsschuldnerin aus Prospekthaftung im weiteren Sinne sowie aufgrund der Verletzung ihrer Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag in Betracht, sofern im Einzelfall ein solcher geschlossen wurde.

Die Feststellung ist nicht zu treffen, da es an einem Prospektfehler fehlt. Dabei ist das Feststellungsziel so zu verstehen, dass damit nicht die abstrakte Frage einer möglichen Haftungsgrundlage geklärt werden soll, sondern allein in Bezug auf die hier in Rede stehenden Prospektmängel.
Unabhängig von der Bindung des OLG an den Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG) besteht für eine Klärung abstrakter Rechtsfragen kein Rechtsschutzinteresse, so dass dann, wenn eine vorgreifliche Rechtsfrage verneint wird, auch die darauf aufbauenden Feststellungsziele nicht entschieden werden müssen (BGH, Beschluss vom 22. November 2016, XI ZB 9/13, Rn. 106 – Telekom II).

3. Die Beklagte habe bei der Veröffentlichung des Prospekts nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt.

Die Feststellung ist nicht zu treffen, da es an einem Prospektfehler fehlt.
Unabhängig von der Bindung des OLG an den Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG) besteht für eine Klärung abstrakter Rechtsfragen kein Rechtsschutzinteresse, so dass dann, wenn eine vorgreifliche Rechtsfrage verneint wird, auch die darauf aufbauenden Feststellungsziele nicht entschieden werden müssen (BGH, Beschluss vom 22. November 2016, XI ZB 9/13, Rn. 106 – Telekom II).

4. Es wird festgestellt, dass der am 23. August 2007 herausgegebene Prospekt zur „Dritte Patentportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG“ (im Folgenden „Fondsgesellschaft“ oder „Fonds“) jeweils unrichtig, irreführend und unvollständig ist und insofern jeweils ein erheblicher Prospektfehler vorliegt, soweit folgende Sachverhalte nicht oder unrichtig dargestellt werden:

a) Das Fondskonzept bestand darin, Patente zu erwerben, die nicht zu den 10% werthaltigsten Patenten gehören, die für 81 % bis 93 % des Wertes aller Patente stehen, denn der Erwerb derartig werthaltiger Patente war dem Fonds regelmäßig gar nicht möglich. Der Prospekt klärt über diesen Sachverhalt nicht auf, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, denn Patente, die nicht zu dieser Gruppe der obersten 10% gehören, bieten in der Regel keine Gewähr für kommerziellen Erfolg und sind nicht wirtschaftlich sinnvoll verwertbar. Darüber hinaus ist der Prospekt auch deshalb unrichtig, weil er sogar den gegenteiligen Eindruck erweckt, nämlich dass der Fonds hinreichenden Zugang zu Patenten habe, die zur Gruppe der werthaltigsten Patente gehören, und es das Ziel des Fonds gewesen sei, derartige Patente zu erwerben.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt nicht den Eindruck vermittelt, dass nach dem Konzept des Fonds stets nur die werthaltigsten Patente erworben werden sollten.
Nach dem Verständnis der Beigeladenen (vgl. Schriftsatz vom 14. Januar 2017, S. 8) sei in dem Prospekt suggeriert worden, dass der Fonds nur die oberen 10% der werthaltigsten Patente erwerben wolle, tatsächlich sei aber der Erwerb von nicht ertragsstarken Patenten geplant gewesen, die noch veredelt werden sollten, was aber im Hinblick auf eine bestmögliche Verwertung ausgeschlossen sei.
Insofern ist der Vortrag der Beigeladenen nicht ganz nachvollziehbar. Dass der Fonds das Ziel hatte, werthaltige Patente zu erwerben, dürfte nicht im Streit stehen. Dass dies nicht unbedingt erreicht werden kann, macht der Prospekt hinreichend deutlich (S. 27):

Es besteht daher das Risiko, dass die Fondsgesellschaft nicht genügend als geeignet erscheinende Patente ankaufen kann, d. h. nur eine geringere Anzahl an Patenten als geplant erwirbt bzw. sich der Ankauf der Patente zeitlich verzögert oder das Gesamtkapital nicht vollständig investiert werden kann. Dies kann negative Auswirkungen auf das Ergebnis der Investoren haben.

Aus diesem Grund ist auch der 19. Zivilsenat nicht der Argumentation der Beigeladenen gefolgt (vgl. Hinweisbeschluss vom 12. November 2015, 19 U 183/15, Anlage KB3a zum Schriftsatz vom 14. Januar 2017). Insbesondere formuliert der Prospekt gerade keine Garantie in dem Sinne, dass nur die 10% werthaltigsten Patente erworben werden sollen bzw. diese, was vorrangig wäre, vorher als solche identifiziert werden können. Soweit das Konzept des Fonds auf die Notwendigkeit einer Veredelung abstellt, liegt ebenfalls kein Prospektfehler vor, da dieser Umstand deutlich kommuniziert wird. So heißt es unter „5.6 Patente – Der Markt“ (S. 54):

Es gilt aus der Menge der vorhandenen Patente die werthaltigsten herauszufinden (durch die so genannte Patentbewertung), die Mittel zur Erhöhung von deren Werthaltigkeit – in inhaltlicher und territorialer Hinsicht – bereitzustellen und zu investieren (durch die so genannte Veredelung) und die Patente dann professionell und Gewinn bringend zu lizenzieren bzw. zu verkaufen (durch die so genannte Verwertung).

Damit wird deutlich, dass der Prospekt unter dem Begriff „Werthaltigkeit“ eben nicht nur die von vornherein verwertbaren, sondern auch die Patente subsumiert, die erst noch verwertbar gemacht werden müssen. Werthaltigkeit bedeutet dann nicht den aktuellen Wert, sondern die Möglichkeit, einen solchen zu generieren.
Auch wird im Abschnitt „Investmentstrategie“ an mehreren Stellen (S. 58ff.) stets betont, dass es Ziel des Fonds sei, die Patente zu erwerben, sie zu veredeln und dann zu verwerten. Würde es sich dagegen stets um bereits unmittelbar verwertungsreife Patente handeln, wäre der wiederholte Hinweis auf die Notwendigkeit einer Veredelung überflüssig. Schon daraus wird für den Leser des Prospekts deutlich, dass die Kernstrategie des Fonds darin besteht, Patente zu erwerben, die über ein Verwertungspotential verfügen und nicht allein solche, die bereits verwertbar sind.

b) Es war bereits zum Zeitpunkt der Prospekterstellung absehbar, dass die Mehrheit der von dem Fonds erworbenen und noch zu erwerbenden Patente keine oder allenfalls geringfügige, weit hinter den jeweiligen Anschaffungskosten zurückbleibende Erlöse erzielen würde. Der Prospekt und die darin enthaltene Prognoserechnung sind unrichtig, weil sie davon ausgehen und es als realistisch darstellen, dass alle Patente erfolgreich verwertet und Erlöse erzielt werden können, die weit über die jeweiligen Anschaffungskosten hinausgehen.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da der Prospekt auf die Risiken der Beteiligung hinreichend hinweist.
Die Problematik der Argumentation der Beigeladenen liegt darin, dass diese aus dem Misserfolg des Fonds – und auch der anderen, von der Musterbeklagten mit aufgelegten – auf die Ungeeignetheit des Konzepts schließen wollen. Insofern ist aber zum einen zu berücksichtigen, dass es nur auf die ex-ante-Sicht bei Prospekterstellung ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 23. April 2012, II ZR 75/10, Rn. 17). Zum anderen ist maßgeblich, ob eine Prognose über den Erfolg eines Fonds von vornherein nicht vertretbar war, da erst dann ein Prospektfehler vorliegt (BGH, a.a.O.). Dies tragen die Beigeladenen nicht vor, insbesondere machen sie nicht deutlich, dass das Konzept des Fonds von vornherein und erkennbar zum Scheitern verurteilt war. Dabei darf der Prospektherausgeber auch optimistisch sein (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2009, XI ZR 338/08, Rn. 24). Auch aus dem Privatgutachten des Prof. Dr. Block (Anlage KB 4) ergibt sich gerade nicht, dass die Methode der IPB von vornherein untauglich gewesen wäre.

c) Mit quantitativen Bewertungsmethoden wie dem „quantitativen Marktwertansatz“ der IP Bewertungs AG („IPB“) lassen sich bestenfalls einige wenige Prozent des Wertes eines Patents erklären. Der quantitative Marktwertansatz der IPB war daher nicht geeignet, die Wahrscheinlichkeit signifikant zu erhöhen, aus der Masse der wertlosen Patente die vergleichsweise wenigen werthaltigen Patente herauszufiltern und deren tatsächlichen Wert zu quantifizieren. Aussagen im Prospekt, denen zufolge sich der Wert eines Patents mit Hilfe des quantitativen Marktwertansatzes „objektiv ermitteln“ lasse und „Aussagen über die zu erwartenden Erlöse gemacht werden können“ sind daher ebenso unrichtig wie die Darstellung des quantitativen Marktwertansatzes als „geeignete Grundlage für die Einschätzung der Werthaltigkeit von Patentportfolien“, mit dessen Hilfe sich „zügig die Spreu vom Weizen trennen“ lasse.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, wobei auf die Ausführungen zu lit. b) verwiesen wird.

d) Der IPB war es nach den vertraglichen Absprachen gestattet, während der Erwerbsphase auch für Dritte Patente auszuwählen und anzukaufen bzw. Dritte insofern zu beraten. Ausgenommen hiervon waren nur Publikumsfonds mit Vertrieb in Deutschland, nicht aber sonstige Dritte einschließlich von Private Placements und Publikumsfonds, die von der Deutschen Bank AG und der Clou Partners GmbH zukünftig initiiert werden oder die keinen Vertrieb in Deutschland haben. Die Darstellung des Prospekts, der zufolge die IPB einem Interessenkonflikt allenfalls im Hinblick auf die beiden Fonds Patent Select I und II unterliege, ist daher unvollständig und irreführend.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da die Angaben zu den Tätigkeiten der IPB bzw. möglichen Interessenkonflikten zutreffend sind.
Entgegen der Ansicht der Beigeladenen wird in dem Prospekt deutlich dargestellt, dass die IPB auch für andere Unternehmen tätig ist, da auf deren aktuelle Tätigkeit für verschiedene andere Unternehmen hingewiesen wird (vgl. S. 54). Damit wird gerade nicht der Eindruck erweckt, die IPB sei ausschließlich oder jedenfalls überwiegend für den streitgegenständlichen Fonds tätig.
Soweit die Beigeladenen die Ansicht vertreten, im Prospekt hätte es eines ausdrücklichen Hinweises auf mögliche Interessenkonflikte – etwa in Form eines eigenen Abschnitts dazu – bedurft, steht dem entgegen, dass durch die oben dargestellten Inhalte dem Leser vor Augen geführt wird, dass die IPB gerade nicht exklusiv für den streitgegenständlichen Fonds tätig werden sollte. Die Bewertung eines sich daraus ergebenden Risikos oblag dann dem einzelnen Anleger, der insofern über alle notwendigen Informationen verfügte.

e) Die Anschaffungsnebenkosten (Allokationskosten) mussten gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der IPB und dem Fonds im Hinblick auf das konkret erworbene Patent nicht aufgeschlüsselt werden. Es genügte vielmehr die Nennung der Gesamtsumme der Allokationskosten für das jeweilige Patent in einem Textblock des Ankaufsgutachtens, der ansonsten in allen Gutachten identisch war. Die Darstellung im Prospekt, der zufolge die Allokationskosten sich aufgeschlüsselt aus dem jeweiligen Ankaufsgutachten ergeben, ist daher unrichtig.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da die Angaben zu der Aufschlüsselung der Allokationskosten nicht unzutreffend sind. Im Prospekt heißt es dazu nur (S. 112):

Die Allokationskosten werden sich aufgeschlüsselt aus dem jeweiligen Ankaufsgutachten ergeben.

Eine weitere Darstellung, wie diese Aufschlüsselung zu erfolgen habe, war dagegen nicht enthalten. Der Hinweis der Beigeladenen auf den Dienstleistungsvertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der IPB, in dem die Modalitäten der Aufschlüsselung geregelt sind, führt ebenfalls nicht zur Bejahung eines Prospektfehlers. Dies gilt schon deshalb, weil auch in dem Vertrag (Anlage KB 6 zum Schriftsatz der Beigeladenen vom 14. Januar 2017) keine detaillierte Aufschlüsselung vorgegeben wird. Dieser Vertrag vom 16./17. August 2007 wird im Prospekt aber zudem nur erwähnt (S. 110ff.) und dessen wesentliche Inhalte zusammengefasst wiedergegeben. Dazu gehört aber gerade nicht die Angabe weiterer Details des Aufbaus einer Rechnung der IPB, die damit auch nicht zum Gegenstand der prospektierten Darstellungen geworden sind.
Soweit die Beigeladenen insgesamt rügen wollen, dass sich die Fondsgeschäftsführung (später) mit unzureichenden bzw. zu hohen Rechnungen zufrieden gegeben habe, betrifft dies die Tätigkeit des Fonds und nicht den Prospekt. Insofern ist maßgeblich, ob dieses Handeln bereits zu einem Zeitpunkt feststand, als der Prospekt herausgegeben bzw. verwendet wurde; nur in diesem Fall besteht eine Prospektierungs- bzw. gegebenenfalls Aktualisierungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015, VI ZR 98/14, zit. nach juris, Rn. 36). Dass ein solcher Fall hier vorliegt, wird schon nicht behauptet.

f) Der Verkaufsprospekt verharmlost auch in seiner Gesamtschau die Risiken der Anlage und stellt das Fondskonzept fehlerhaft dar, und ist damit nicht dazu geeignet, den Anleger hinreichend über die Risiken und besonderen Eigenschaften der Anlage zu informieren.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da keine Prospektunrichtigkeit vorliegt.

5. Es wird festgestellt, dass jedenfalls dann, wenn die Zeichnung des Fonds auf Basis der auf den Seiten 164 -167 des Prospekts als Muster abgedruckten Beitrittserklärung erfolgte, die Musterbeklagten verpflichtet waren, den betreffenden Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 dargestellten Prospektmängel aufzuklären, und zwar auch dann, wenn der Prospekt zu spät oder gar nicht an den Anleger übergeben wurde, und dass daher zu vermuten ist, dass die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 dargestellten Prospektmängel kausal für die Zeichnung des betreffenden Anlegers waren.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da es an einem Prospektfehler fehlt. Auch hier ist das Feststellungsziel, wie sich aus der Formulierung desselben ergibt, so zu verstehen, dass allein eine Aufklärungspflicht über die streitgegenständlichen Prospektfehler festgestellt werden soll.
Unabhängig von der Bindung des OLG an den Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG) besteht für eine Klärung abstrakter Rechtsfragen kein Rechtsschutzinteresse, so dass dann, wenn eine vorgreifliche Rechtsfrage verneint wird, auch die darauf aufbauenden Feststellungsziele nicht entschieden werden müssen (BGH, Beschluss vom 22. November 2016, XI ZB 9/13, Rn. 106 – Telekom II).

6. Es wird festgestellt, dass jedenfalls die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen des Fonds, die bis Ende des Jahres 2015, hilfsweise bis Ende des Jahres 2013, veröffentlicht wurden, nicht geeignet waren, die Anleger über die unter Ziffern 1.1 bis 1.6 aufgeführten Prospektmängel zu informieren, so dass die Geschäftsberichte und sonstigen Anlegerinformationen allein oder zusammen mit den nur geringen Ausschüttungen keine für einen Verjährungsbeginn notwendige Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis begründen konnten.
Die Feststellung ist nicht zu treffen, da es an einem Prospektfehler fehlt.
Unabhängig von der Bindung des OLG an den Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG) besteht für eine Klärung abstrakter Rechtsfragen kein Rechtsschutzinteresse, so dass dann, wenn eine vorgreifliche Rechtsfrage verneint wird, auch die darauf aufbauenden Feststellungsziele nicht entschieden werden müssen (BGH, Beschluss vom 22. November 2016, XI ZB 9/13, Rn. 106 – Telekom II).

Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen (§ 16 Abs. 2 KapMuG).

 

Kruske                     Burmeister                     Rathmann

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