Startseite Allgemeines Oberlandesgericht Frankfurt am Main setzt Haftbefehl in Vollzug wegen des Verdachts des Betriebs eines Schneeballsystems über Goldanlagen bei fehlenden Angaben zur Tatbeute über 140 € Mio.
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main setzt Haftbefehl in Vollzug wegen des Verdachts des Betriebs eines Schneeballsystems über Goldanlagen bei fehlenden Angaben zur Tatbeute über 140 € Mio.

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Macht ein Angeklagter keine Angaben zum Verbleib der Tatbeute, kann sich dies zu seinen Lasten im Rahmen der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes nach Verbüßung von 2/3 der Freiheitsstrafe auswirken. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung einen vom Landgericht außer Vollzug gesetzten Haftbefehl wieder in Vollzug gesetzt.

Der Angeklagte, dem Aufbau und Betrieb eines Schneeballsystems über Goldanlagen vorgeworfen werden, habe u.a. wegen der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe einen erheblichen Fluchtanreiz.

 Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll der Angeklagte den Betrieb eines Schneeballsystems über Goldanlagen ein großangelegtes Betrugssystem aufgebaut und unterhalten haben. Er wurde im September 2019 festgenommen. Das Landgericht Darmstadt verurteilte ihn im Dezember 2022 wegen Betruges in drei Fällen sowie vorsätzlicher Geldwäsche zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten. Gleichzeitig setzte es den weiteren Vollzug des Haftbefehls außer Vollzug. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Außervollzugsetzung des Haftbefehls. Das OLG ordnete daraufhin die Untersuchungshaft bis zur Rechtskraft des Urteils zur Sicherung der Vollstreckung an. Zur Begründung führte es aus, dass sowohl ein dringender Tatverdacht als auch der Haftgrund der Fluchtgefahr vorlägen.

Der dringende Tatverdacht des Betrugs und der vorsätzlichen Geldwäsche ergebe sich bereits aus den Einschätzungen des Landgerichts, an die das OLG gebunden sei. Es liege zudem der Haftgrund der Fluchtgefahr vor. Diese sei anzunehmen, „wenn die Würdigung der konkreten Umstände des Falles es wahrscheinlicher macht, dass der Angeklagte sich dem Verfahren entzieht, als dass er sich zur Durchführung des Verfahrens zur Verfügung hält“. Hier biete allein die unter Berücksichtigung der Untersuchungshaft noch zu vollstreckende Restfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten einen erheblichen Fluchtanreiz. Dazu komme, dass der Verbleib von 140 Mio. € aus der Tatbeute ungeklärt geblieben sei und nach den Angaben des Landgerichts „Vermögenswerte in erheblichem Umfang in die Türkei transferiert“ worden seien. Das betrügerische Geschäftsmodell weise erhebliche Verbindungen zur und in die Türkei auf. Der Angeklagte, der selbst türkischer Staatsangehöriger sei, sei zudem Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe ausgesetzt. Er sei jederzeit in der Lage, sich in die Türkei abzusetzen. Aus der Türkei komme eine Auslieferung wieder nach Deutschland nicht in Betracht.

Diesem Fluchtanreiz stünden auch keine durchgreifenden fluchthemmenden Umstände gegenüber. Der Angeklagte wohne zwar mit seiner Kernfamilie in Deutschland. Er verfüge jedoch über familiäre und berufliche Beziehungen in sein Heimatland. Es sei entgegen der Einschätzung des Landgerichts auch nicht davon auszugehen, dass nach dem Verbüßen von 2/3 der Freiheitsstrafe, d.h. noch einem Jahr und drei Monaten, der verbleibende Strafrest zur Bewährung ausgesetzt würde. Eine solche Strafrestaussetzung setze u.a. eine günstige „Legalprognose“ voraus, d.h. jedenfalls die „naheliegende Chance“ für ein künftig straffreies Verhalten. Dieser günstigen Prognose stehe hier bereits entgegen, dass der Angeklagte keine Angaben zum Verbleib der Tatbeute gemacht habe. Der Angeklagte trage als Begünstigter einer Strafrestaussetzung die Verantwortung dafür, „dass er über den Verbleib der Anlegergelder keine Angaben gemacht hat und er keine Buchhaltung und keine Nachweise für den Edelmetallan- und -verkauf geführt hat“, betonte das OLG. Etwaige Zweifel wirkten sich zu Lasten des Angeklagten aus. Die vom Landgericht geäußerte Annahme eins „defizitären Geschäftsmodells“ sei für sich genommen nicht begünstigend. Ihr stehe auch entgegen, dass nach einem der beworbenen Geschäftsmodelle ca. eine Tonne Gold in Tresoren der Anleger verwahrt werden sollte und der Goldpreis von 2010 bis 2020 um ca. 40% gestiegen sei. Dass der Angeklagte nicht mehr über Vermögenswerte verfüge, sei nicht nachvollziehbar. Es sei vielmehr „lebensfremd, dass sich ein dreistelliger Millionenbetrag spurlos in Nichts auflöst“.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.1.2023, Az. 2 Ws 7/23

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