Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hält etwaige Schmerzensgeldansprüche von vier pakistanischen Klägern gegen einen Textildiscounter aus Bönen – wie bereits das Landgericht Dortmund – für verjährt und hat deshalb mit Beschluss vom heutigen Tag ihre Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren zurückgewiesen.
Die Kläger nehmen den beklagten Textildiscounter aus Bönen auf Schmerzensgeld von jeweils 30.000 Euro aufgrund eines schweren Brandunglücks in Anspruch, das sich am 11.09.2012 in einer Textilfabrik in Karachi, Pakistan, ereignete. Bei dem Brand in der Textilfabrik kamen 259 Menschen ums Leben, darunter auch die in der Fabrik beschäftigten Söhne dreier Kläger. Der ebenfalls dort beschäftigte vierte Kläger erlitt schwere Verletzungen. Das Textilunternehmen unterhielt zum Brandzeitpunkt eine seit 2007 bestehende Geschäftsbeziehung zu der Textilfabrik und ließ dort Jeans fertigen.
Die Kläger meinen, dass der Textildiscounter, der unter anderem die Kapazitäten der Textilfabrik zu mindestens 75 % ausgelastet haben soll, verpflichtet und in der Lage gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, dass die Textilfabrik den Anforderungen an ordnungsgemäßen Brandschutz entsprochen hätte, was tatsächlich nicht der Fall gewesen sei und was so vielen Menschen das Leben gekostet habe.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.01.2019 abgewiesen (Az. 7 O 95/15). Zur Begründung hat es nach Einholung eines Gutachtens über das maßgebliche, pakistanische Recht ausgeführt, sämtliche Ansprüche der Kläger seien verjährt, da die Verjährungsfrist nach pakistanischem Recht ein, maximal zwei Jahre betrage und mit dem Brandereignis am 11.09.2012 zu laufen begonnen habe.
Gegen dieses Urteil wollen die Kläger Berufung einlegen und haben zu diesem Zweck die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Nach ihrer Auffassung habe das Landgericht zu Unrecht die Verjährung ihrer Ansprüche angenommen.
Der 9. Zivilsenat hat nun in allen Punkten die vom Landgericht Dortmund vertretene Auffassung bestätigt, dass etwaige Ansprüche der Kläger nach dem maßgeblichen pakistanischen Recht verjährt wären. Weil der Senat hiernach einen Erfolg der Kläger im Berufungsverfahren nicht für möglich hält, hat er es abgelehnt, den Klägern Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Die Frage der Verjährung richte sich – so der Senat – nach pakistanischem Recht. Die Anwendung deutschen Rechts hätten die Parteien nicht vereinbart. Auch legten die maßgeblichen Geschehnisse keine engere Verbindung mit dem deutschen Staat nahe. Aufgrund des bereits vom Landgericht eingeholten und von den Klägern inhaltlich nicht in Zweifel gezogenen Rechtsgutachtens stehe fest, dass sämtliche Forderungen der Kläger nach pakistanischem Recht verjährt seien. Grundsätzlich sei zu respektieren, welchen Verjährungsfristen ein Staat einzelne Ansprüche unterwerfe. Aus Sicht des Senats stehe im vorliegenden Fall das Ergebnis der Anwendung des pakistanischen Verjährungsrechts mit ein- bzw. zweijährigen Verjährungsfristen zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen – im deutschen Recht gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren – und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen nicht in so starkem Widerspruch, dass es nach inländischer Vorstellung untragbar erschiene.
Rechtskräftiger Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.05.2019 (Az. 9 U 44/19)
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