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Oberlandesgericht München: CONTI CORONA Anlageberatungsges. mbH & Co. Vertriebs KG

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Oberlandesgericht München

Az.: 5 Kap 1/18

In Sachen

Dr. Roth Peter, Paul-Hösch-Straße 24, 81243 München
– Musterkläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte KWAG Rechtsanwälte, Lofthaus 4, Am Winterhafen 3 a, 28217 Bremen, Gz.: 0044/17

gegen

1)

CONTI CORONA Anlageberatungsges. mbH & Co. Vertriebs KG, vertreten durch d. Komplementärin CONTI CORONA Anlageberatungsgesellschaft mbH, diese vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Str. 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

2)

NSB Niederelbe Schifffahrtsgesellschaf mbH & Co. KG, vertreten durch d. Komplementärin Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft mbH, diese vertreten durch d. Geschäftsführer, Hamburger Straße 47-51, 21614 Buxtehude
– Musterbeklagte –

3)

CONTI REEDEREI Management GmbH & Co. KG Konzeptions-KG, vertreten durch d. Komplementärin CONTI REEDEREI Management GmbH, diese vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Straße 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

4)

CONTI 155. Container Schifffahrts-GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Straße 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

5)

CONTI 153. Container Schifffahrts-GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Straße 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

6)

CONTI 53. Container Schifffahrts-GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Straße 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

7)

CONTI 54. Container Schifffahrts-GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Paul-Wassermann-Straße 5, 81829 München
– Musterbeklagte –

8)

CONTI Beteiligungsverwaltungs GmbH & Co. KG, vertreten durch die Conti Beteiligungsverwaltungs Geschäftsführungs GmbH, diese vertreten durch d. Geschäftsführer, Bleichenbrücke 10, 20354 Hamburg
– Musterbeklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 – 3:
Rechtsanwälte Weiss Walter Fischer-Zernin, Fuhlentwiete 14, 20355 Hamburg, Gz.: 0016/17/06

Prozessbevollmächtigte zu 4 – 7:
Rechtsanwälte Weiss Walter Fischer-Zernin, Fuhlentwiete 14, 20355 Hamburg, Gz.: 0016/17/17

Prozessbevollmächtigte zu 8:
Rechtsanwälte Weiss Walter Fischer-Zernin, Fuhlentwiete 14, 20355 Hamburg, Gz.: 16/17/04

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München – Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren (5. Senat) – durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Stackmann, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Godulla und den Richter am Oberlandesgericht Gerok am 04.04.2019 folgenden

Beschluss

Auf den Antrag der Musterkläger vom 20.09.2018 werden die Feststellungsziele wie folgt neu gefasst und erweitert:

1.

Hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Beteiligungsprospekts zum „CONTI Beteiligungsfonds IX“ wird festgestellt, dass der am 18.12.2006 veröffentlichte Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „CONTI Beteiligungsfonds IX“ in folgenden erheblichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist:

1.1.

Es wird im Prospekt auf Seite 5 mit den Behauptungen „Das Angebot – Hohe Sicherheit und Kapitalstreuung in verschiedenen Größenklassen der Containerschifffahrt“ und „Andererseits bedeutet sie hohe Sicherheit durch überwiegend langfristige Charterverträge und gleichzeitig Kapitalstreuung in verschiedenen Größenklassen zur Minimierung von Risiken und Maximierung von Chancen“ fälschlich eine nicht bestehende Sicherheit in Bezug auf einen Kapitalrückfluss dargestellt,

1.2.

es wird im Prospekt auf der Seite 5 mit der Formulierung „Nach 20 Jahren Einsatzzeit besteht ein Sonderkündigungsrecht mit Rückzahlung von 100 % der Gesamtbeteiligung“ fälschlich dargestellt, dass bei Ausübung eines Sonderkündigungsrechts das eingesetzte Kapital sicher zu 100 % zurückgezahlt wird,

1.3.

es wird im Emissionsprospekt auf der Seite 14 mit der Formulierung: „Sofern der Eintritt mehrerer Risiken zusammentrifft, können sie anlagegefährdend sein, d.h. es kann bei Verlust der Gesellschaftermittel zur vorzeitigen Auflösung der Beteiligungsgesellschaften kommen.“ das Totalverlustrisiko verharmlost,

1.4.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Durchschnittscharterraten für Containerschiffe auch vor Prospektveröffentlichung extrem volatil waren,

1.5.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die volatilen Durchschnittscharterraten für Containerschiffe direkten Einfluss auf die Secondhand-Preise von Containerschiffen haben, die also ebenfalls sehr volatil schwanken

1.6.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Anleger im Falle einer Insolvenz der Fondsgesellschaften nur nachrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden,

1.7.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der extremen Auswirkungen von Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage auf die Höhe des Charterratenniveaus, mithin der Höhe der zu erzielenden Charterraten,

1.8.

es wird im Emissionsprospekt verheimlicht, dass Charterraten für die Dauer einer mindestens 20jährigen Fondslaufzeit rechnerisch unkalkulierbar sind,

1.9.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung des sog. Kaskadeneffektes als risikoerhöhendem Umstand, sprich der Darstellung von Existenz und Folgen daraus, dass aufgrund größenbedingter Preisvorteile für den Transport eines Containers bei größeren Schiffen, kleinere Schiffe aus ihren bis dahin vordergründig bedienten Fahrtgebieten im andere regelmäßig weniger lukrative Fahrtgebiete verdrängt werden,

1.10.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung des Transshipments-Effektes als risikoerhöhendem Umstand, sprich den Auswirkungen auf die Anzahl der benötigten Schiffe und die Höhe des Container-Umschlags durch das „Umsteigen“ von Containern von größeren auf kleinere Schiffe (oder umgekehrt),

1.11.

es wird im Emissionsprospekt die Tatsache verschwiegen, dass durch die zum Zeitpunkt der Prospekterstellung beschlossene Abschaffung der Gruppenfreistellungsverordnung für Linienkonferenzen im Seefrachtverkehr (EWG Nr. 4056/86 zum 18.10.2008 der Preisdruck auf die Charterraten weiter wachsen musste,

1.12.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe bereits eine Übertonnage im Containerschiffbereich bestand und aufgrund neu auf den Markt drängender Schiffe diese weiter wachsen musste und die im Emissionsprospekt kalkulierten (Anschluss)Charterraten daher unvertretbar hoch angesetzt waren,

1.13.

es fehlt im Prospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass aufgrund der erwarteten Fertigstellung des erweiterten Panama-Kanals im Jahre 2015 etwaige Wettbewerbsvorteile des Panamax-Fondsschiffes entfallen,

1.14.

es fehlt im Emissionsprospekt an einer Darstellung der Tatsache, dass die Fondsschiffe jeweils zu einem Zeitpunkt erworben wurden, zu dem die Neubaupreise bis dahin historische Höhen erreichten,

1.15.

der Anleger wird durch Angaben zu einem Schiffsschätzer auf den Seiten 5, 20, 21, 22, 28 und 32 darüber getäuscht, dass ein Schiffsschätzer die Fondsschiffe vor Übernahme gesichtet habe,

1.16.

im Emissionsprospekt fehlt es im Rahmen der Darstellung von Risiken der Fremdfinanzierung

a) an einer Darstellung, dass in den Fremdfinanzierungsverträgen jeweils sog. Loan-to-Value-Klauseln vereinbart wurden, was bedeutet, dass dann, wenn der aktuelle Wert des Schiffes den vertraglich vereinbarten Wert unterschreitet, die Bank neue Sicherheiten oder Sondertilgungen verlangen kann,

b) an einer Darstellung, dass in den Fremdfinanzierungsverträgen jeweils eine 105 %-Klausel vereinbart wurde, was bedeutet, dass die finanzierende Bank bei der wechselkursbedingten Überschreitung des Kreditlimits um mehr als 5 % die Rückführung des Kredits verlangen kann,

c) an einer Darstellung, dass durch Basel II, sprich den EU-Richtlinien 2006/48 und 2006/49 bei einer Änderung der Einnahmen (=Charterraten) oder Ausgaben (=Betriebskosten) eines Schiffes sich das Kreditausfallrisiko verändert, die Bank mehr Eigenkapital unterlegen muss, was dazu führt, dass die Bank dieses Risiko durch höhere Zinsen einpreisen muss.

1.17.

auf den Seiten 10, 44 und 69 des Emissionsprospekts wird irreführend mit werthaltigen Platzierungsgarantien geworben

1.18.

es werden auf Seite 24 des Emissionsprospektes mit kalkulierten Schiffskosten i.H.v. 2.045 €/Tag + 5.950 USD für die MS „CONTI JUPITER“, 1.655 €/Tag + 4.445 USD/Tag für die MS „CONTI CORDOBA“ und jeweils 1.510 €/Tag +3.100 USD/Tag für die MS „CONTI SALOME“ und die MS „CONTI ELEKTRA“ unvertretbar niedrige Betriebskosten kalkuliert und zudem auf S.11 und 51 des Emissionsprospektes eine unvertretbar niedrige Betriebskostensteigerung von 3 % p.a. ab dem Jahre 2010 kalkuliert,

1.19.

die im Emissionsprospekt abgedruckten Sensivitätsanalysen auf den Seiten 62/63 sind insgesamt wegen unrealistisch niedrig angegebener Abweichungen irreführend,

1.20.

es erfolgt im Prospekt kein Hinweis auf das Risiko einer Majorisierung von Stimmrechten,

1.21.

trotz nur eingeschränkter Fungibilität der Kommanditanteile wird dem Anleger auf S.30 des Emissionsprospektes mit der Aussage „CONTI bietet für den Handel von Zweitmarktanteilen einen speziellen Service, den CONTI-Zweitmarkt, an. Dennoch kann die Handelbarkeit für die Beteiligungen eingeschränkt sein“, suggeriert, dass ein geregelter Zweitmarkt bestünde,

1.22.

der Emissionsprospekt klärt nicht hinreichend über die Risiken und Besonderheiten einer Poolbeschäftigung der Fondsschiffe auf,

1.23.

es fehlt an konkreten Prospektangaben zum Versicherungsschutz,

1.24.

über das Risiko einer möglichen Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte klärt der Emissionsprospekt nicht auf,

1.25.

eine Nachschusspflicht wird auf den Seiten 6 und 31 des Emissionsprospektes mit der jeweiligen Aussage „Eine Nachschusspflicht besteht nicht“ fälschlich ausgeschlossen,

1.26.

das Risiko der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen gem. §§ 30, 31 GmbHG wird im Emissionsprospekt nicht erwähnt.

1.27.

mit der Aussage im Prospekt auf S.24 „Jedes Schiff wird bei einem internationalen Versicherungskonsortium ab Ablieferung so versichert, dass im Falle des Totalverlustes die jeweilige Gesamtinvestitionssumme abgedeckt ist und die Gesellschafter ihre Gesellschaftermittel zurückerhalten“, wird fälschlich behauptet, dass im Falle des Verlustes eines Schiffes die Versicherungsleistungen ausreichen würden, um den Anlegern ihr investiertes Kapital vollständig zurück zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten

2.1.

für den am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „Conti Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften Conti 155. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Jupiter“, Conti 153. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Cordoba“, Conti 53. Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Salome“ und Conti 54. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Elektra“ aufgrund der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB verantwortlich sind.

2.2.

bei der Veröffentlichung des am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospektes zu dem streitgegenständlichen „Conti Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften Conti 155. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Jupiter“, Conti 153. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Cordoba“, Conti 53. Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Salome“ und Conti 54. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Elektra“ aufgrund der unter Ziffer 1. Festgestellten Prospektfehlerhaftigkeit nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft ihre vertraglichen Aufklärungspflichten verletzt haben.

2.3.

verpflichtet waren, über die in Ziffer 1. festgestellten unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte in dem streitgegenständlichen Emissionsprospekt zum „CONTI Beteiligungsfonds IX“ aufzuklären und deshalb wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflichten haften.

II. Im Übrigen wird der Antrag auf Erweiterung der Feststellungsziele vom 05.03.2019 zurückgewiesen.

Gründe:

Dem Erweiterungsantrag konnte nicht stattgegeben werden, soweit der Musterkläger beantragt hat, festzustellen: „in seiner Gesamtschau zeichnet der Prospekt kein hinreichendes Bild über die tatsächlichen Risiken und Besonderheiten des CONTI Beteiligungsfonds IX“. Der Hinweis auf die Gesamtschau des Prospekts ohne Konkretisierung der genau angesprochenen Inhalte überlässt es in unzulässiger Weise dem Gericht darüber zu entscheiden, welche Inhalte bzw. Aussagen des Prospekts dazu führen, dass dieser nach Meinung des Musterklägers kein hinreichendes Bild über die tatsächlichen Risiken und Besonderheiten des „CONTI Beteiligungsfonds IX“ zeichnet. Im Übrigen hat der Musterkläger seine diesbezügliche Auffassung bereits in den Feststellungszielen 1.1 bis 1.27 zum Ausdruck gebracht.

 

gez.

Dr. Stackmann

Vorsitzender Richter
am Oberlandesgericht

Dr. Godulla

Richterin
am Oberlandesgericht

Gerok

Richter
am Oberlandesgericht

 

 

Für die Richtigkeit der Abschrift
München, 04.04.2019Fritsche, JSekr´in
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
– ohne Unterschrift gültig

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