Durch die geringe Zahl an „Mega-Deals“ ist das Volumen der Investitionen in FinTech-Unternehmen eingebrochen. Der Anteil der Investitionen aus Venture Capital wird im neuesten „Pulse of FinTech“ ausgewiesen. Anfang dieses Jahres hatten „Finanzierungsrunden“ die Summe der Investitionen in die Höhe getrieben. Daran haben Privatanleger einen großen Anteil. Es gilt als schick, sich gegenüber Freunden als erfahren beim Engagement in Venture-Kapital zu outen. Der Personenkreis der Investoren ist jung, nach seiner Meinung erfolgreich und ohne Erfahrung. Probleme, wie die mit Investitionen bei Lehman Brothers, liegen Jahre zurück und /oder sind unbekannt. Von den deutschen Anfängen der Aktienfonds in den 60er Jahren brauchen wir gar nicht zu sprechen.
Aufgrund Investments in chinesische Unternehmen wie die Payment- und Investmentplattform „Qufenqi“ und in die Plattform für Kredit- und Investmentdienstleistungen „51xinyongka“ ist Asien eine Region, die einen Aufwärtstrend bei den Venture Capital-Investitionen in FinTechs verzeichnet. In Nordamerika sank die Zahl großer Deals von sieben auf fünf. In Europa war kein Investment dieser Größenordnung zu verzeichnen. Dort vereinbarten Venture Capital-Investoren Investitionen von 233 Millionen USD in FinTechs – ein Rückgang um 43 Prozent in einem Quartal! Anteilig verminderte sich in Deutschland mit der Zahl der Deals (von 14 auf 11) die Summe der Venture Capital-Investitionen von 186 Mio. USD auf 105 Mio. USD. Im Vereinigten Königreich war ein Rückgang von 122 Mio. USD auf 78 Mio. USD zu verzeichnen – vermutlich eine Auswirkung der Unsicherheit, die aus dem „Brexit“ resultiert.
Auch wenn die Investitionen zurückgegangen sind, bleibt die Tendenz über das gesamte Jahr gesehen positiv. Die Gesamtinvestitionen in FinTechs dürften am Ende des Jahres über denen im Jahr 2015 liegen. Dabei wird die internationale Zusammenarbeit für die FinTech-Branche immer wichtiger, weil technologische Entwicklungen auf globaler Ebene vorangetrieben werden. Um den Ideenaustausch und das gegenseitige Lernen zu fördern, ist es sinnvoll FinTech-Zentren zu vernetzen. Hierfür gibt es Beispiele in der Blockchain-Technologie, die mit Intensität zu fördern ist.
In den letzten Jahren wurden politische Initiativen vorgeschlagen, von denen Start-ups in Europa profitieren. Dazu zählen die Kapitalmarktunion, die Binnenmarktstrategie und der digitale Binnenmarkt. Die Start-up- und Scale-up-Initiative der Kommission soll Unternehmern in Europa Chancen eröffnen, weltweit führend zu werden. Sie bündelt Möglichkeiten der EU und setzt Schwerpunkte bei Risikokapitalinvestitionen, Insolvenzrecht und Besteuerung.
In Europa mangelt es nicht an innovativen Ideen und Unternehmergeist. Dennoch überstehen manche Firmen die ersten Jahre nicht. Die EU-Kommission will das ändern. Die Start-up- und Scale-up-Initiative vereint Maßnahmen, mit denen ein Rahmen für das Wachstum und die Geschäftstätigkeit von Start-ups in Europa geschaffen wird.
Anlegern soll die Verbesserung des Zugangs zu Unternehmen und diesen zu Kapital geschaffen werden. Die Kommission und die Europäische Investitionsbank-Gruppe rufen einen europaweiten Risikokapitaldachfonds ins Leben. Die EU stellt mit bis zu 400 Mio. Euro die Ankerinvestitionen. Die Fondsmanager müssen mehr als dreimal so viel aus privaten Quellen einbringen. Eine Risikokapital-Finanzierung von mindestens 1,6 Mrd. Euro lässt sich so mobilisieren. Der Fonds wird von einem oder mehreren Managern betreut, um eine marktgerechte Verwaltung zu gewährleisten. Er ergänzt bestehende Finanzierungsinstrumente der EU wie den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI), Europas Programm für kleine und mittlere Unternehmen (COSME) und das Förderungsprogramm der EU für Forschung und Innovation. Deren Horizont zielt auf das Jahr 2020.
Die Problematik vieler Start-ups liegt in den Bedenken einer Insolvenz. Die Kommission hat einen Gesetzgebungsvorschlag zum Insolvenzrecht vorgelegt. Damit können sich Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten umstrukturieren und Insolvenz verbunden mit Entlassungen vermeiden. Unternehmern wird der Weg zu einer zweiten Chance erleichtert. Sie werden nicht dafür bestraft, dass ihr erster Versuch ohne Erfolg bleibt. Sie sollen nach maximal drei Jahren voll entschuldet sein.
Einfachere Steuererklärungen sollen nach Vorstellung der Kommission mit steuerlichen Vereinfachungen wie der konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) einhergehen. Mit diesem Vorschlag werden innovative Unternehmen unterstützt, die international expandieren wollen. Die Vereinfachung der Mehrwertsteuer in der EU und eine Erweiterung der anstehenden Leitlinien zu bewährten Verfahrensweisen in den Steuerregelungen der Mitgliedstaaten für Risikokapital sind geplant.
Diese Wege sollen für FinTechs geebnet werden, um ihnen als Start-Ups reelle Chancen für ihre Zukunft zu geben. In Skandinavien und Kalifornien leben Menschen in der Zukunft. In Mitteleuropa soll das Aufholen beginnen. Hierzu brauchen wir mehr als begeisterte qualifizierte junge Menschen. Wir brauchen die Bereitschaft älterer Mitteleuropäer mit Erfahrung neue Wege zu gehen. Das sind sie ihren Nachkommen schuldig – und dazu gibt es keine Freizeichnung mit Geld, das es bald nicht mehr gibt.
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