Am 10. März 2025 ereignete sich in der Nordsee eine schwere Kollision zwischen dem US-registrierten Öltanker Stena Immaculate und dem portugiesisch geflaggten Frachtschiff Solong. Der Unfall geschah etwa 16 Meilen vor der Küste von East Yorkshire, als die Solong bei eingeschränkter Sicht mit etwa 16 Knoten (29 km/h) in das vor Anker liegende Tankschiff krachte. Die Marine Accident Investigation Branch (MAIB) hat nun einen Zwischenbericht veröffentlicht – mit dramatischen neuen Bildern und ersten Erkenntnissen.
Hauptursachen laut Zwischenbericht
- Kein Ausguck: Weder auf der Solong noch auf der Stena Immaculate befand sich zur Zeit der Kollision ein dedizierter Ausguck auf der Brücke – trotz „fleckiger Sichtverhältnisse“ mit nur 0,25 bis 2 Seemeilen Sichtweite.
- Erschöpfung & Unterbesetzung: Der Kapitän der Solong übergab nach drei Stunden die Brücke an den Zweiten Offizier und ging schlafen. Später kehrte er zurück und führte allein die Wache – eine kritische Schwachstelle.
- Navigationsfehler: Die Solong fuhr eine bekannte Route von Grangemouth (Schottland) nach Rotterdam, verlor aber offensichtlich die Kontrolle über Position und Abstand zu anderen Schiffen im Ankerbereich vor der Humber-Mündung.
Folgen der Kollision
- Brand und Explosion: Beim Aufprall riss ein Ladetank der Stena Immaculate, woraufhin Aviation Fuel (Kerosin) auslief, die Solong überströmte und sich entzündete.
- Ein Vermisster, 36 Gerettete: Der philippinische Seemann Mark Pernia (Mitglied der Solong-Crew) gilt als vermisst und wird vermutlich tot sein. Alle anderen 36 Crewmitglieder der beiden Schiffe wurden in einer groß angelegten Rettungsaktion evakuiert.
- Tage lang brennendes Feuer: Das Feuer loderte noch tagelang und machte eine Suche nach dem Vermissten unmöglich.
Rechtliche Konsequenzen
Der russische Kapitän der Solong, Vladimir Motin (59), wurde wegen fahrlässiger Tötung angeklagt und muss sich im Januar 2026 vor Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf grob fahrlässige Tötung durch Pflichtverletzung.
Weitere Untersuchungen geplant
Die vollständige MAIB-Untersuchung wird sich mit folgenden Punkten befassen:
- Navigation & Wachführung
- Personalbesetzung & Müdigkeitsmanagement
- Wartungszustand der Schiffe
- Umweltbedingungen & Sichtverhältnisse
- Nutzung des Ankerplatzes vor dem Humber-Estuarium
Umweltrisiken im Fokus
Naturschutzorganisationen äußerten große Sorge über das ausgelaufene Kerosin. Die Umweltbehörden prüfen derzeit das Ausmaß der Verschmutzung in der betroffenen Meeresregion – sowohl für Meerestiere als auch für Vogelkolonien im nahen Küstengebiet.
Status der Schiffe
- Solong: Wurde am 28. März nach Aberdeen geschleppt.
- Stena Immaculate: Wird derzeit für den Transport zum Hafen von Tyne vorbereitet, wo eine genaue Inspektion erfolgen soll.
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