Die Rechtslage
Um EU-Vorgaben umzusetzen, hat der deutsche Gesetzgeber beschlossen, erstmals das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) einzuführen. Die neuen Regeln sollen den Anlegerschutz verbessern. Dazu wurden durch das KAGB – neben zahlreichen anderen Veränderungen – die Regeln für offene Immobilienfonds erheblich modifiziert.
Je nach Kaufdatum sind allerdings ganz unterschiedliche Regeln zu beachten. Die neuen Vorschriften gelten nämlich nur für Fondsanteile, die nach dem 21. Juli 2013 gekauft werden. Für noch an diesem Tag oder früher gekaufte Anteile gelten weiterhin die bisherigen Vorschriften.
- Kauf ab dem 22. Juli 2013 Anteile an offenen Immobilienfonds müssen vor der Rückgabe an die Fondsgesellschaft mindestens 24 Monate gehalten werden. Eine jederzeitige Rückgabe, wie sie bisher oft möglich war, ist nun ausgeschlossen. Zudem gilt eine einjährige Kündigungsfrist. Anleger müssen also bereits ein Jahr vor der geplanten Rückgabe unwiderruflich erklären, dass sie ihre Anteile zurückgeben wollen. Die Kündigung kann bereits innerhalb der 24-monatigen Mindesthaltefrist ausgesprochen werden. Andererseits ist diese Kündigungsfrist in jedem Fall zu beachten – also auch, wenn der Anleger seine Anteile vor der Kündigung bereits mehr als 24 Monate im Depot hat. Auch Kleinanleger fallen unter die neuen Regeln. Sie gelten unabhängig davon, wie groß oder klein der verkaufte Fondsanteil ist. Fondsanteile können – sofern die geschilderten gesetzlichen Fristen beachtet werden – jederzeit zurückgegeben werden. Davon können die Gesellschaften in ihren Bedingungen jedoch abweichen. Das Kapitalanlagegesetzesbuch gibt ihnen die Möglichkeit, Fondsanteile nicht mehr börsentäglich zurücknehmen zu müssen, sondern bestimmte Termine festzusetzen. Dabei ist es sogar möglich, die Anteile nur noch alle 12 Monate zurückzunehmen.
- Kauf bis einschließlich 21. Juli 2013 Kleinanleger mit älteren Fondsanteilen genießen eine größere Flexibilät. Zwar gibt das Gesetz auch hier vor, dass die Anteile 24 Monate gehalten werden müssen und nur mit einer Frist von 12 Monaten zurückgegeben werden können. Doch beide Fristen beziehen sich nur auf die Rückgabe von Anteilen, die über 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr liegen. Deshalb sind Kleinanleger von dieser Bestimmung kaum betroffen. Noch besser stehen manche Anleger da, die ihre Anteile vor dem 1. Januar 2013 erworben haben. Sie brauchen die 24-monatige Mindesthaltefrist gar nicht zu beachten. Vorausgesetzt: Die Vertragsbedingungen der Fondsgesellschaft sahen zum Zeitpunkt des Kaufs noch keine Mindesthaltefrist vor. Die Rückgabefrist ist auch hier zu beachten. Auch bei älteren Anteilen müssen Anleger jedoch eventuelle fixe Rücknahmetermine berücksichtigen. Bereits vor Einführung des Kapitalanlagegesetzesbuches konnten Fondsgesellschaften die Anteilsrücknahme auf einen Termin im Jahr beschränken.
Was ist der Grund für die Neuregelung?
Die offenen Immobilienfonds stecken seit einiger Zeit in der Krise. Institutionelle Anleger zogen während der Finanzkrise in kurzer Zeit große Summen ab. Die Fonds standen deshalb vor einem Problem: Um alle Wünsche auf Rückgabe bedienen zu können, hätten Immobilien aus dem Fondsvermögen verkauft werden müssen. Immobilien lassen sich aber nicht innerhalb kurzer Zeit zu guten Preisen verkaufen – schon gar nicht dann, wenn potenzielle Käufer wissen, dass der Immobilienfonds in der Krise steckt.
Mit den neuen Regeln des KAGB versucht der Gesetzgeber, diesen Widerspruch zwischen täglich verkaufbaren Fondsanteilen und nur unflexibel veräußerbaren Immobilien aufzubrechen, indem er die tägliche Verfügbarkeit deutlich beschränkt.
Soll ich trotz der neuen Regeln noch investieren?
Wie ein Anleger sein Geld investiert, hängt von seiner individuellen Situation ab. Daher lässt sich diese Frage nicht pauschal beantworten. Anleger müssen sich zunächst über die eigenen Ziele und ihre finanziellen Möglichkeiten klar werden. Und die sind natürlich bei jedem unterschiedlich. Je nach Anlageziel und persönlichen Präferenzen können Immobilienfonds aber auch zukünftig eine geeigneter Baustein der Geldanlage sein.Immobilienfonds ermöglichen eine Investition in Gebäude, ohne selbst Eigentum daran erwerben zu müssen. Eine Garantie für Gewinne besteht aber auch bei dieser Art der Sachwertinvestition nicht. Beispielsweise spielen Qualität und Standort der Immobilien sowie Vermietungsquoten eine wichtige Rolle für einen möglichen Erfolg. Selbstverständlich verbietet es sich aus diesem Grund, all sein Geld in Immobilienfonds zu stecken. Dies sollte man bei keiner Produktklasse tun, sondern sein Vermögen immer geeignet streuen.
Anleger sollten zudem beachten, dass es sich um ein langfristiges Investment handelt. Zum einen liegt dies an den neu eingeführten Fristen. Zum anderen fallen beim Kauf solcher Fonds Ausgabeaufschläge an. Je länger die Anlagedauer, desto besser wird dieser Kostenfaktor verteilt.
Soll ich noch bis zum 21. Juli kaufen?
Überstürztes Handeln ist bei finanziellen Entscheidungen nie der richtige Weg. Keinesfalls sollte man sich durch die Frist (oder seinen Anlageberater) zu einer unüberlegten Entscheidung drängen lassen.
Wer aber ohnehin beschlossen hat, einen Teil seines Vermögens in offene Immobilenfonds zu investieren, sollte noch vor der Gesetzesänderung aktiv werden und sich damit für die Rückgabe von Anteilen bis 30.000 Euro pro Kalenderhalbjahr die höhere Flexibilität sichern.
Alternative zur Rückgabe: Verkauf an der Börse
Alternativ zur Rückgabe von Anteilen an die Fondsgesellschaft ist weiterhin der Verkauf über die Börse möglich. Hier gilt weder die 24-monatige Mindesthaltefrist noch die Kündigungsfrist.
Allerdings sollten Anleger bedenken, dass sie an der Börse oftmals einen Abschlag gegenüber dem von den Gesellschaften festgelegten, offiziellen Kurs hinnehmen müssen. Im schlimmsten Fall findet sich sogar gar kein Käufer.
Was gilt bei Wiederanlagevereinbarungen (Thesaurierung)?
Zahlreiche Anleger haben vereinbart, dass vom Fonds erzielte Gewinne nicht an sie ausgezahlt werden, sondern in den Erwerb neuer Fondsanteile fließen. Auch hier gelten die neuen Fristen: Anleger sollten daher prüfen, ob dies mit ihren Zielen vereinbar ist und gegebenenfalls die Vereinbarung zur Wiederanlage ändern.
Was gilt bei Rentenzuschussmodellen?
Bisher boten Anbieter ihren Kunden folgendes Modell an, um ihre Rente aufzubessern: Der Anleger sparte einmalig oder regelmäßig in einen offenen Immobilienfonds. Mit Beginn der Rentenphase erhielt er dann monatlich eine vereinbarte Auszahlung aus dem Fonds und somit einen Zuschuss zu seiner sonstigen Rente.
Solche Modelle dürften auch in Zukunft angeboten werden. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass auch hier Mindesthalte- und Kündigungsfrist gelten. Zumindest in den ersten 24 Monaten nach Kauf des ersten Anteils ist es nicht möglich, Anteile an die Gesellschaft zurückzugeben.
Gelten die neuen Regeln auch für geschlossene Immobilienfonds?
Bei geschlossenen Fonds geht es um die Investition in ein konkretes Objekt. Der Fondsinitiator kann beispielsweise planen, eine Gewerbeimmobilie zu erwerben. Hierzu sammelt er bei interessierten Anlegern das notwendige Kapital ein. Ist der erforderliche Betrag beisammen, werden keine weiteren Gelder mehr eingesammelt. Der Fonds wird also „geschlossen“, die Realisierung des Projektes kann erfolgen. Bei diesen geschlossenen Fonds gehen Anleger eine unternehmerische Beteiligung ein, im schlimmsten Fall droht ein Totalverlust des angelegten Geldes.
Geschlossene (Immobilien)Fonds sind daher eine andere Form der Geldanlage. Anleger dürfen beide Varianten keinesfalls miteinander verwechseln. Dass offene Immobilienfonds geschlossen werden können, ändert daran nichts. Die geschilderten Regeln gelten bei geschlossenen Fonds nicht.
Quelle:VBZ Hamburg
Kommentar hinterlassen