Interviewer: Herr Reime, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. OLAF hat im Jahr 2022 eine Reihe von Betrugsfällen aufgedeckt, in denen es um den Missbrauch von EU-Fördergeldern geht. Was sagen Sie zu den Erfolgen der Behörde?
Rechtsanwalt Jens Reime: Die Erfolge, die OLAF präsentiert, sind durchaus lobenswert. Doch man muss auch die Relationen sehen. Der gesamte EU-Haushalt beträgt über 170 Milliarden Euro. Die aufgedeckten 600 Millionen sind zwar eine hohe Summe, aber im Vergleich zum Gesamthaushalt gering.
Interviewer: Kritiker werfen OLAF vor, die Ermittlungen würden zu lange dauern und seien nicht ausreichend effektiv. Wie sehen Sie das?
Rechtsanwalt Jens Reime: Die Kritik ist berechtigt. Zwei Jahre durchschnittliche Dauer für eine Ermittlung ist lang, besonders wenn man bedenkt, dass OLAF weder Strafverfolgungen aufnehmen noch Urteile fällen kann. Das hemmt natürlich die Effizienz der Organisation.
Interviewer: Welche Herausforderungen sieht OLAF in Ländern wie Polen und Ungarn?
Rechtsanwalt Jens Reime: In diesen Ländern ist die Korruption leider weit verbreitet, und das macht die Arbeit für OLAF natürlich schwierig. Hinzu kommt, dass die europäische Staatsanwaltschaft in diesen Ländern nicht anerkannt wird, was die Strafverfolgung erschwert.
Interviewer: In zwei Dritteln aller Fälle hat es 2022 keine weiteren Schritte seitens der EU-Staaten gegeben. Ist das europäische Antikorruptionssystem gescheitert?
Rechtsanwalt Jens Reime: Es zeigt deutlich die Grenzen des aktuellen Systems auf. OLAF ist auf die Kooperation der nationalen Strafverfolgungsbehörden angewiesen, und wenn diese nicht agieren, bleibt die Arbeit der Behörde leider oft fruchtlos.
Interviewer: Was könnte OLAF tun, um effektiver zu werden?
Rechtsanwalt Jens Reime: Das Mandat von OLAF müsste erweitert werden, um auch Strafverfolgungen durchführen zu können. Zudem wäre eine engere Zusammenarbeit mit der europäischen Staatsanwaltschaft und den nationalen Behörden sinnvoll.
Interviewer: Vielen Dank für Ihre Einschätzungen, Herr Reime.
Rechtsanwalt Jens Reime: Gerne, das Thema ist sehr wichtig und erfordert dringend politische Maßnahmen.
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