Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat entschieden, dass ein Internetportal, das Patienten an Ärzte zur Behandlung mit medizinischem Cannabis vermittelt, gegen geltendes Wettbewerbs- und Werberecht verstößt. Dem Betreiber wurde sowohl die sogenannte Laienwerbung für medizinisches Cannabis als auch ein Geschäftsmodell mit versteckten Vermittlungsprovisionen untersagt.
Hintergrund: Wie das Vermittlungsportal funktionierte
Das beklagte Unternehmen betreibt eine Internetplattform, auf der Patienten ihr Interesse an einer Behandlung mit medizinischem Cannabis anmelden können. Das Portal stellt daraufhin eine Verbindung zu kooperierenden Ärzten her, bei denen die Patienten einen Termin vereinbaren können.
Das Problem: Die Ärzte zahlten dem Portalbetreiber einen prozentualen Anteil ihres Honorars als Vergütung. Dies wertete das OLG als verdeckte Vermittlungsprovision, was einen Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht darstellt.
Gerichtliche Entscheidung: Unzulässige Provision und irreführende Werbung
Das Landgericht Frankfurt hatte bereits in erster Instanz entschieden, dass das Geschäftsmodell des Vermittlungsportals gegen mehrere gesetzliche Vorschriften verstößt. Das OLG Frankfurt bestätigte diese Entscheidung weitgehend:
Verbot der Vermittlungsprovision:
Das Gericht stellte klar, dass eine prozentuale Beteiligung am ärztlichen Honorar einer bezahlten Patientenzuweisung gleichkommt. Dies ist nach § 31 der Musterberufsordnung für Ärzte unzulässig. Ärzte dürfen weder selbst für die Zuweisung von Patienten Vorteile erhalten noch Dritten solche Vorteile gewähren.
Werbeverbot für Fernbehandlungen:
Die Plattform hatte mit dem Slogan „Ärztliches Erstgespräch vor Ort oder digital“ für ihre Dienste geworben. Dies verstößt gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen (§ 9 Heilmittelwerbegesetz – HWG), da Patienten hierdurch der Eindruck vermittelt wird, dass eine digitale Erstbehandlung gleichwertig mit einer persönlichen Untersuchung sei. Zum Zeitpunkt der Werbung war eine digitale Verschreibung von medizinischem Cannabis jedoch nicht zulässig.
Verbot der Laienwerbung für medizinisches Cannabis:
Die Werbung des Portals verstieß zudem gegen das Laienwerbeverbot für verschreibungspflichtige Medikamente (§ 10 HWG).
Das Unternehmen hatte gezielt für die Behandlung mit medizinischem Cannabis geworben und damit den Absatz eines bestimmten verschreibungspflichtigen Arzneimittels gefördert. Nach EU-Recht ist solche Werbung verboten – auch dann, wenn der Werbende das Medikament selbst nicht verkauft, sondern nur Patienten an Ärzte vermittelt.
Bedeutung des Urteils
Die Entscheidung des OLG Frankfurt setzt klare Grenzen für die Vermarktung von medizinischem Cannabis. Plattformen dürfen nicht mit irreführenden Versprechungen Patienten anlocken oder Ärzte für vermittelte Patienten finanziell belasten. Zudem unterstreicht das Urteil, dass verschreibungspflichtige Medikamente nicht aktiv gegenüber Laien beworben werden dürfen – auch nicht durch indirekte Maßnahmen wie Patientennetzwerke oder Vermittlungsportale.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG Frankfurt hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, sodass eine höchstrichterliche Klärung in bestimmten Punkten noch aussteht.
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