Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass Kauf- und Mietverträge zwischen einem Pfandleihhaus und einem Kraftfahrzeugverkäufer nichtig sind, wenn der Marktwert des Fahrzeugs das 5-6-fache des vereinbarten Kaufpreises beträgt. In einem solchen Fall liegt nach Auffassung des Gerichts ein wucherähnliches Geschäft vor, das gegen die guten Sitten verstößt.
Im konkreten Fall hatte die Beklagte, ein bundesweit tätiges Pfandleihhaus, das Fahrzeug der Klägerin für 3.000 € angekauft, obwohl der Händlereinkaufspreis bei rund 15.000 € und der objektive Marktwert bei über 18.000 € lagen. Anschließend vermietete die Beklagte das Fahrzeug an die Klägerin für eine monatliche Rate von 297 €. Die Klägerin trug zusätzlich die Kosten für Steuern, Versicherung, Wartung und Reparaturen.
Nach Kündigung des Vertrags durch die Beklagte weigerte sich die Klägerin, das Fahrzeug zurückzugeben. Die Beklagte konnte das Fahrzeug nicht sicherstellen. Daraufhin verklagte die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten Miete und Feststellung ihres Eigentums am Fahrzeug.
Das Landgericht gab der Klage statt, und auch die Berufung der Beklagten vor dem OLG blieb erfolglos. Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass sowohl der Kauf- als auch der Mietvertrag sittenwidrig und damit nichtig seien. Das grobe und auffällige Missverhältnis zwischen Marktwert und Kaufpreis lasse auf eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten schließen. Zudem sei davon auszugehen, dass die Beklagte sich den erzielten Mehrwert endgültig habe einverleiben wollen.
Das Gericht sah Kauf- und Mietvertrag als einheitliches Rechtsgeschäft an, da die Klägerin das Fahrzeug nur unter der Bedingung der weiteren Nutzung habe verkaufen wollen. Folglich sei auch der Mietvertrag nichtig, und die gezahlte Miete müsse zurückerstattet werden.
Bemerkenswert ist, dass die Klägerin trotz der Nichtigkeit der Verträge das Eigentum am Fahrzeug nicht verloren hat und auch nicht verpflichtet ist, den erhaltenen Kaufpreis zurückzuzahlen. Das OLG begründete dies mit der sittenwidrigen Übervorteilung durch die Beklagte, der ein objektiver Sittenverstoß anzulasten sei.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte hat die Möglichkeit, mit einer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) zu begehren.
Der Fall verdeutlicht, dass Gerichte bei Geschäften, die ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufweisen, genau prüfen, ob eine sittenwidrige Übervorteilung vorliegt. Insbesondere bei Geschäftsmodellen, die auf die Ausbeutung von Notlagen oder Unerfahrenheit abzielen, ist Vorsicht geboten. Betroffene sollten sich nicht scheuen, ihre Rechte gerichtlich durchzusetzen, auch wenn sie zunächst auf das Angebot eines solchen Unternehmens eingegangen sind.
Es bleibt abzuwarten, ob die Beklagte von der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde Gebrauch machen wird und wie gegebenenfalls der BGH in dieser Sache entscheiden wird. Die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main kann jedoch schon jetzt als wichtiges Signal für den Verbraucherschutz und gegen unlautere Geschäftspraktiken gewertet werden.
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