Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg, den 24.06.2020
Az.: 13 Kap 5/19
Protokoll
aufgenommen in der öffentlichen Sitzung
des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 13. Zivilsenat, am Mittwoch, 24.06.2020 in Hamburg
Gegenwärtig:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Panten
Richterin am Oberlandesgericht zur Verth
Richter am Oberlandesgericht Dr. Tonner
als Beisitzer
Dieses Protokoll ist mit einem Tonträger aufgezeichnet worden.
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In der Sache
Hans-Jörg Hisam, Wintererstraße 55, 79104 Freiburg
– Musterkläger – |
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB, Leipziger Platz 9, 10117 Berlin, Gz.: 00368-18/rawos/js
gegen
1) |
Hamburg Trust Asset und Fonds Management HTAF GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer, Beim Strohhause 27, 20097 Hamburg
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2) |
Hamburg Trust Verwaltung HTV USA GmbH,, vertreten durch d. Geschäftsführer, Beim Strohhause 27, 20097 Hamburg
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Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
Rechtsanwälte Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Gänsemarkt 45, 20354 Hamburg, Gz.: Musterkläger(gem. § 9 Abs. 2 KapMuG vom Hanseatischen Oberlandesgericht zu bestimmen
Nebenintervenientin zu 2:
Cordes + Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hermannstraße 46, 20095 Hamburg
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte BKS Rechtsanwälte, Elsa-Brändström-Straße 7, 33602 Bielefeld, Gz.: 139/18
Nebenintervenientin zu 1 und 2:
Watson Farley & Williams LLP, Neuer Wall 88, 20354 Hamburg
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte White & Case LLP, Rahel-Hirsch-Straße 10, 10557 Berlin
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte White & Case LLP, Rahel-Hirsch-Straße 10, 10557 Berlin, Gz.: 4381668-0002.appelul
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erscheinen bei Aufruf der Sache:
Als Klägervertreterin Frau Rechtsanwältin Schmidt-Morsbach,
der Beigeladene, Herr Zesowizc,
als Beklagtenvertreter Herr Rechtsanwalt Fehling und Herr Rechtsanwalt Hahn,
für die Nebenintervenietin Rechtsanwälte Watson Farley pp.
und zugleich Herr Rechtsanwalt Hain.
Auch Herr Rechtsanwalt Hahn ist für eine Nebenintervenientin aufgetreten, und zwar Firma Cordes + Partner.
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Es wird festgestellt, dass der Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 16.06.2020 den anderen Beteiligten zugegangen ist.
Die Sach- und Rechtslage wird erörtert.
Hinsichtlich der Feststellungsziele 1 a) und 1 b) weist der Senat darauf hin, dass er nach dem Stand seiner Vorberatung dazu tendiert, hier eher keinen Prospektfehler anzunehmen.
Zwar ist der auf Seite 103 verwandte Begriff „jederzeit“ hinsichtlich der Abberufung des General Partners bzw. der Auflösung der Gesellschaft objektiv zunächst einmal falsch, da nicht gesagt wird, es könne jederzeit beantragt werden die Auflösung des General Partners, sondern der Text ist wohl eher so zu verstehen, dass man auf eine unmittelbare Wirksamkeit schließen müsste.
Andererseits ist jedoch auf Seite 104 dann für einen aufmerksamen Leser sehr deutlich zu erkennen, dass es hier auf jeden Fall irgendeine Frist geben muss, da dem General Partner die Möglichkeit gegeben werden muss, einen wichtigen Grund auszuräumen. Weiter ist ausdrücklich erwähnt, dass man für eine solche Maßnahme die Zustimmung der Fremdkapitalgeber benötigt, woraus ein Leser wiederum wohl schließen muss, dass eine unmittelbare Wirksamkeit eines solchen Verlangens nicht Platz greifen würde.
Die Klägervertreterin tritt dem entgegen. Sie weist darauf hin, dass hier in der Tat sich auf Seite 104 eine gewisse Relativierung findet, dass aber die Dauer der Verzögerung, die hier angelegt sein könnte, in Relation dazu gesehen werden muss, dass es hier um einen wichtigen Grund geht, der zur Abberufung des General Partners führen soll. Vor diesem Hintergrund könne ein Anleger diese Relativierung nicht so verstehen, dass es sich dann tatsächlich um ein halbes Jahr handeln würde, das sei bei Vorliegen eines wichtigen Grundes deutlich zu lange.
Auch das hier eine Zustimmung der Fremdkapitalgeber erwähnt sei, führe nicht zu einem anderen Resultat. Auch da könne der Anleger allenfalls auf die Idee kommen, dass es hier eine Verzögerung um einige weitere Tage geben könne, aber nicht mehr.
Die Beklagtenvertreter weisen darauf hin, dass sich hier schon aus dem Kontext, Seite 104, für den Anleger ergeben müsse, dass hier eine gewisse Abhilfefrist schon eingeräumt werden müsse. Der General Partner müsse nach dem Text die Möglichkeit haben, den wichtigen Grund auszuräumen und es sei ersichtlich, dass das eine gewisse Zeit dauern könne.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass hier jedenfalls kein wesentlicher Fehler vorliegen würde.
Nach der Struktur der konkreten Anlage war jedem Anleger klar, dass sein Zugriff oder seine Beziehung zu den tatsächlichen Assets ausgesprochen mittelbar war und dass letztlich sehr umfassende Befugnisse des General Partners bestünden. Auch dies spreche gegen die Annahme eines wesentlichen Fehlers.
Im Übrigen würde die Aufnahme derartiger Punkte, wie z.B. diese 180 Tage Karenzfrist, den Prospekt letztlich überfrachtet haben, weil dann auch noch zahlreiche weitere Informationen hätten aufgenommen werden müssen. Im Übrigen sei den Anlegern angeboten worden, den Gesellschaftsvertrag der Cayman-Island-Gesellschaft zu übersenden, davon habe kein Anleger Gebrauch gemacht.
Weiter wird darauf hingewiesen, dass für den Anleger ersichtlich gewesen sei, dass die Abberufung, wenn sie denn beantragt würde, sich nach dem Recht der Cayman Island vollziehen würde und im Prospekt finde sich auch ein Risikohinweis darauf, dass unter Umständen unter Anwendung dieser Rechtsordnung Abläufe auch mal länger dauern könnten.
Die Klägervertreterin tritt dem wiederum entgegen.
Die 75 Prozent-Mehrheit sei von vornherein vereinbart gewesen und könne daher hier bei der Bewertung keine Rolle spielen.
Hinsichtlich einer Anforderung des Vertrages könne jedenfalls nicht vorausgesetzt werden, dass das den Anlegern etwas genutzt hätte, da dieser auf Englisch war.
Hinsichtlich des Empfängerhorizontes sei zu berücksichtigen, dass tatsächlich sehr wohl nicht nur Anleger jenseits der 1 Mio. geworben wurden, sondern auch deutlich geringere Summen.
Hinsichtlich der Feststellungsziele 1 c) und 1 d), kurzgefasst Fehlen einer effektiven Kontrollmöglichkeit durch die HTAM GmbH, weist der Senat darauf hin, dass er hier voraussichtlich eher keinen Prospektfehler annehmen wird. Aus dem Gesamtkontext des Prospektes und zahlreichen Einzelstellen ergibt sich, dass der General Partner ganz umfassende Befugnisse hat. Wenn man dem entgegenhält die Formulierung unter Ziffer 7) auf Seite 109 des Prospektes so wird deutlich, dass hier maximal ein gewisses Reporting erfolgen soll oder bestimmte Berichtspflichten bestehen. Das aber irgendwelche effektiven Kontrollrechte für die HTAM GmbH bestünden, ist gerade nicht ersichtlich und das musste, aus Sicht des Senats, auch ein Anleger erkennen, der diesen Prospekt sachgerecht durcharbeitet.
Die Klägervertreterin tritt dem entgegen.
Sie weist darauf hin, dass ausweislich Seite 109, Ziff. 7, immerhin doch eine konkrete Begleitung der Maßnahmen des General Partners i.S. einer gewissen Aufsicht durch die HTAM GmbH erfolgen sollte. Aus ihrer Sicht sei insoweit eine Beziehung zu Feststellungszielen 1 a) und 1 b) herzustellen. Die hier angesprochene Aufsicht korrespondiere gerade damit, dass dem General Partner umfassende Befugnisse eingeräumt würden und andererseits dann aber die Möglichkeit einer kurzfristigen Abberufung bestünde, was aber voraussetze, dass die entsprechenden Informationen auch vorliegen würden. Dazu sei gerade HTAM berufen gewesen, aber tatsächlich nicht effektiv gewesen.
Der Beklagtenvertreter weist darauf hin, dass HTAM gerade kein „Organ“ der Cayman-Island-Gesellschaft sei bzw. sonst irgendwelche harten „Durchgriffsrechte“ habe. Die Befugnisse seien tatsächlich eher weich formuliert.
Hinsichtlich Feststellungsziel 1 e) Investition in einen REIT weist der Senat darauf hin, dass hier nach derzeitigem Beratungsstand eher offen ist, ob ein Prospektfehler angenommen wird. Zunächst ist es zwar im Ansatz nicht so, dass einem aufmerksamen Leser des Prospektes entgangen sein könnte, dass hier auch in einen REIT investiert werden könnte. Dafür finden sich an zahlreichen Punkten im Prospekt deutliche Anhaltspunkte. Zunächst Seite 21 der Umstand, dass es sich generell um einen Blind Pool handelt, dann mehrfach die Erwähnung der Investitionen in REITs auf Seite 23, Seite 64 und insbesondere dann auf Seiten 82, 96, 99 und 125 der Hinweis, dass zum einen, in öffentlich gehandelte REITs investiert werden kann, zum anderen aber jeweils gem. Ziffer III. auch in letztlich alle sonstigen vom General Partner für sinnvoll gehaltenen Immobilienanlagen.
Hier stellen sich aus Sicht des Senats jedoch zwei Bedenken. Zum einen ist gerade nicht ausdrücklich gewähnt, dass auch ein REIT-IPO möglich wäre. Dies könnte im Hinblick darauf bedeutsam sein, dass ein solcher wohl erhebliche Risiken bergen dürfte, insbesondere wenn er in Zusammenarbeit mit anderen Investoren erfolgt, die ebenfalls Objekte einbringen. Hier dürfte sich zum einen das Problem der sachgerechten Bewertung der eigenen Objekte stellen und zum anderen auch ein Kostenproblem.
Im Übrigen könnte das Gesamtbild des Prospektes dem Anleger den Eindruck vermittelt haben, dass hier in aller erster Linie in konkrete den Beteiligungsgesellschaften zuzuordnende Immobilien investiert werden würde, hierfür spricht die Darstellung der Anlagestrategie auf Seite 11 sehr deutlich. Die Darstellung auf Seite 52, insbesondere dann auch die massive Werbung mit den Erfahrungen von Paramount, die auf Seiten 30, 34 und 38 sehr deutlich dargestellt werden, und schließlich auch noch die Schilderung des Investitionsprozesses auf Seite 56, die auch ganz deutlich eher zum Erwerb von Einzelimmobilien oder einzelnen Objekten als zu einem Vorgehen, wie etwa der Einbringung in einen REIT passen sollte.
Die Beklagtenvertreter weisen darauf hin, dass hier von vornherein kein Anknüpfungspunkt für einen Prospektfehler sei. Der Prospekt stamme aus dem Jahre 2007, der REIT-IPO sei 2014 erfolgt, d.h., es könne sich allenfalls die Frage stellen, ob der General Partner ihm vertraglich eröffnete Kompetenzen überschritten habe, das sei dann aber keine Frage der Prospekthaftung.
Im Übrigen liege aber auch kein Prospektfehler vor. Hier sei grundlegend, dass, aus Sicht des Anlegers, ein Blind-Pool Konzept vorgelegen habe und letztlich offen gewesen sei, was konkret an Anlage erworben würde. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Möglichkeit der Investitionen in REITs einige Male im Prospekt auftauche und im Übrigen auch offengelegt sei, dass auch weitere sonstige Investitionen dem General Partner möglich seien.
Schließlich sei es durch den REIT-IPO auch nicht zu einer Strukturveränderung auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft gekommen. Vielmehr sei dieser so abgelaufen, dass die Objektgesellschaften der Beteiligungsgesellschaft in den REIT eingebracht worden seien.
Im Übrigen sei es so, dass auch ein Kontrollverlust seitens Paramount nicht stattgefunden habe, denn tatsächlich habe der General Partner den REIT bis zur Auflösung weitergeführt.
Die Beklagtenvertreter weisen darauf hin, dass der REIT noch weiter besteht, dass aber zwischenzeitlich die Auflösung der Fondsgesellschaft beschlossen worden sei.
Im Übrigen sei es so gewesen, dass der REIT durch Paramount kontrolliert worden sei nach dem IPO. Er heiße ja auch Paramount.
Die Beklagtenvertreter weisen weiter darauf hin, dass hier Paramount den IPO vorgenommen habe und dann von Seiten der Beteiligungsgesellschaft in diesen REIT investiert worden sei, und zwar in Form einer Sacheinlage.
Dies werde aus ihrer Sicht durch die Angaben im Prospekt erfasst, wonach Portfolio-Investitionen möglich seien, wobei auch hier keine Summen oder anteilsmäßige Begrenzungen dem Prospekt zu entnehmen seien.
Alternativ hätte man allenfalls sämtliche denkbaren Investitionen unter dem Begriff der Portfolio-Investitionen beschreiben müssen. Das dürfte den Prospekt deutlich überfrachtet haben.
Die Beklagtenvertreter weisen insoweit insbesondere auf Seite 99, dort Ziffer 13, zu alternativen Investitionsstrukturen hin. Hiermit sei, ihrer Auffassung nach, denkbar deutlich darauf hingewiesen, dass derartige Dinge auch möglich seien.
Die Klägervertreterin weist darauf hin, dass aus ihrer Sicht die direkte Investition in Immobilien unvergleichbar sei mit der Beteiligung an der Emittentin eines REITs. Das seien zwei völlig verschiedene Anlagen. Der Hinweis auf Seite 99, unter Ziffer 13, genüge nicht, um diese Möglichkeit dem Anleger vor Augen zu führen.
Belege aber, dass es offenbar von vornherein so möglich gewesen sei.
Hinsichtlich Feststellungsziel 1 i), Aufklärung hinsichtlich der Beteiligung von Herrn Behler, weist der Senat darauf hin, dass der Vortrag zur Aufnahme von Verhandlungen mit Herrn Behler im Januar 2008 nach seiner Auffassung keinesfalls vom Feststellungsziel 1 i) erfasst sein kann, da dieses an der Veröffentlichung des Prospektes am 23.11.2007 anknüpft, also vor den angeblich begonnenen Verhandlungen.
Der Senat weist weiter darauf hin, dass er hinsichtlich der Beteiligung von Herrn Behler die Auffassung des ersten Zivilsenats des Hauses in dem von den Parteien bekannten Urteil, wonach jedenfalls nach seinem Beitritt eine Offenbarungspflicht bestanden haben könnte oder eine Nachtragspflicht bestanden haben könnte, für durchaus gut vertretbar hält.
Soweit behauptet wird, dass auch ein früherer Zeitpunkt in Betracht käme, z.B. wegen der Aufnahme von Verhandlungen mit Herrn Behler, wird, abgesehen davon, dass diese Frage prozessual noch nicht zugänglich ist, darauf hingewiesen, dass hier der Klägervortrag bislang recht offensichtlich ins Blaue hinein erfolgt ist, nicht hinreichend substantiiert sein dürfte und insbesondere auch noch keine Beweisantritte erfolgt sind.
Die Parteivertreter beantragen Schriftsatznachlass zu den im heutigen Termin erteilten richterlichen Hinweisen, die Klägerseite zudem im Hinblick auf den letzten Schriftsatz der Beklagtenseite.
Beschlossen und verkündet:
1. |
Der Klägerseite wird nachgelassen, auf etwaiges neues tatsächliches Vorbringen im Schriftsatz der Beklagtenseite vom 16.06.2020 vorzutragen bis Ende September 2020. |
2. |
Beiden Parteien und auch den Nebenbeteiligten werden nachgelassen, zu den im heutigen Termin erteilten gerichtlichen Hinweisen ebenfalls bis Ende September 2020 vorzutragen. |
3. |
Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird sodann anberaumt auf den |
20.10.2020, 12:00 Uhr, Raum 130.
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Panten Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht |
Samol, JAng als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zugleich für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Übertragung vom Tonträger.Der Tonträger wird frühestens 1 Monat nach Zugang des Protokolls gelöscht. |
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