Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) und das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) in Bozen hatten im August 2016 der Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt in Rom Meldung über das System OneCoin erstattet; vor kurzem hat die Behörde Strafen gegen ONE LIFE NETWORK LTD, ONE NETWORK SERVICES LTD, Easy Life S.r.l., sowie gegen die Inhaber der Webseiten onecoinsuedtirol.it, onecoinitaliaofficial.it, onecoinitalia.com verhängt (siehe Presse-Mitteilung).
Nach Auffassung der italienischen Antitrust-Behörde versprach das System beträchtliche Gewinne, ohne dass dies jedoch wahr oder irgendwie dokumentierbar sei. Auch die italienische Börsenaufsicht Consob hat sich mit der Sache auseinandergesetzt, und der Antitrust mitgeteilt, dass das System sich einer nicht-sektorspezifischen Sprache bediene, die den Eindruck einer Finanztätigkeit im weitesten Sinne erwecke, und den Nutzern eine generelle Möglichkeit über Verdienste nicht genauer definierten Ausmaßes vorgaukle.
Die zweite unfaire Handelspraktik besteht darin, ein pyramidenförmiges Verkaufssystem implementiert zu haben, was laut Verbraucherschutzkodex eine „auf jeden Fall irreführende Handelspraktik“ darstellt. Im Zentrum des Systems stand nämlich nicht der Verkauf von Produkten, sondern das Ziel, weitere VerbraucherInnen ins System zu holen. Die Verbreitung erfolgte vor allem über Freunde, Verwandte und Bekannte – auch dies ist typisch für solche Systeme.
Laut OneLife hat das System in Italien über 51.000 Mitglieder. „Es ist an der Zeit für Maßnahmen, die das Entstehen solcher Systeme pyramidaler Art in in Zukunft verhindern“ meint VZS-Geschäftsführer Walther Andreaus. „Auch deshalb haben wir für die VerbraucherInnen einen Musterbrief erarbeitet, mit welchem von One Network Services LTD die Rückgabe der investierten Summen verlangt wird. Wir können es nicht hinnehmen, dass einige Wenige sich auf Kosten Vieler bereichern.“ Laut Antitrust hat die Gesellschaft ONE NETWORK SERVICES LTD nämlich aktiv daran teilgenommen, die Handelspraktik umzusetzen, und ist in der Werbedokumentation als Referentin für das System angegeben.
„Der Rechtssitz von One Life Network LTD ist in Bulgarien, darum werden wir die Kollegen vom Europäischen Verbraucherzentrum Bulgarien um Hilfe bitten, und wir werden den Fall auch den zuständigen europäischen Behörden melden“ erklärt Monika Nardo, Koordinatorin des Europäischen Verbraucherzentrums Bozen. Mit der Angelegenheit OneCoin haben sich bereits mehrere Behörden in Deutschland, Belgien, im Vereinigten Königreich und auch in Thailand befasst. „Wir brauchen Meldungen der VerbraucherInnen und die dazugehörigen Dokumente, um eventuell auch die zuständigen Staatsanwaltschaften informieren zu können“ erklärt Andreaus weiter. „Sollten Gelder sichergestellt werden können, ist es sicher besser, sich für seine Rechte einzusetzen als tatenlos zuzusehen.“
Update
Bewusst tendenziöse Auslegung einer Entscheidung des Staatsrats?
VZS: Erneute Eingaben bei Wettbewerbsbehörde und Staatsanwaltschaft
„Der italienische Markt ist wieder offen“, titelt der Blog von OneLife begeistert. Und darunter: „Die italienischen Obersten Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Ergebnisse der Untersuchung von OneLife Network Ltd. Aktivität, initiiert durch die italienische Kartellbehörde nicht klar sind und nicht beweisen können, dass die Geschäftspraxis von OneLife Netzwerk unfair ist. Daher die Maßnahmen ausgesetzt und Schlussfolgerungen muß überprüft werden. Im Hinblick auf den oben genannten war die italienische Kartellbehörde Entscheidung als Vorsichtsmaßnahme, ausgesetzt, was bedeutet, dass die kommerzielle Tätigkeit von OneLife Network Ltd. auf dem italienischen Markt nun wieder aufgenommen werden kann. Die Entscheidung des Gerichts gibt es auf der offiziellen Webseite des Consiglio di Stato.“
Der Staatsrat hat sich effektiv am 19. Februar 2018 zur Angelegenheit OneCoin geäußert (RG 92/2018) – jedoch ging es dabei nur um den Aspekt der zu zahlenden Strafe. Die Aufsichtsbehörde für Wettbewerb und Markt hatte nämlich, als sie das System als ungesetzliches Pyramidensystem einstufte, auch eine Strafe von insgesamt 2,5 Millionen Euro verhängt. Die Betreiber hatten gegen diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgericht Latium Rekurs eingereicht, und dabei im Dringlichkeitswege auch die Aussetzung der Strafe beantragt. In anderen Worten: eine eventuelle Bezahlung der Strafe sollte auf das Ende des Instanzenwegs vertagt werden.
Das Verwaltungsgericht Latium stimmte diesem Antrag auf Aussetzung der Strafe jedoch nicht zu; gegen diese Entscheidung rekurrierten die Betreiber vor dem Staatsrat. Der Staatsrat entschied, eine spätere Zahlung der Strafe bringe keine Nachteile für den Staatshaushalt, und setzte daher die Zahlung aus. Gleichzeitig wies der Staatsrat das Verwaltungsgericht Latium an, zügig die Verhandlung „in der Sache selbst“ anzusetzen.
Die von der Kartellbehörde verhängte Verwaltungsstrafe (mit gleichzeitigem Verbot der Fortführung des Systems und dessen Bewerbung) ist also nach wie vor in Kraft und gültig; lediglich die Zahlung der Strafe wurde ausgesetzt, bis sich die zuständigen Gerichte „in der Sache selbst“ mit den anhängigen Rekursen befasst haben – der Markt ist also keinesfalls wieder offen.
Der Geschäftsführer der VZS, Walther Andreaus, kommentiert: „Die tendenziöse Berichterstattung über die Aussetzung der Strafe bis zum endgültigen Urteil hat uns bewogen, diese Umstände der Wettbewerbsbehörde und der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis zu bringen“.
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