Bei seinem ersten Besuch in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion sorgte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban für Aufsehen mit einem fragwürdigen Vorschlag. Nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew drängte Orban auf eine Feuerpause – ein Ansinnen, das angesichts der komplexen Kriegssituation als naiv oder gar als Unterstützung russischer Interessen interpretiert werden könnte.
Orban, der für seine prorussische Haltung bekannt ist, argumentierte, dass internationale diplomatische Prozesse zu langsam und kompliziert seien. Sein Vorschlag, die „Reihenfolge umzukehren“ und mit einer schnellen Feuerpause Friedensverhandlungen zu beschleunigen, ignoriert jedoch die bisherigen Erfahrungen beider Konfliktparteien. Sowohl Russland als auch die Ukraine hatten in der Vergangenheit Waffenstillstände abgelehnt, da sie befürchteten, die Gegenseite würde eine Pause nur zur Aufrüstung nutzen.
Selenskyjs öffentliches Schweigen zu Orbans Vorschlag spricht Bände. Es unterstreicht die angespannten Beziehungen zwischen den beiden Ländern und wirft Fragen über Orbans wahre Motive auf. Als aktueller Inhaber der EU-Ratspräsidentschaft trägt Orban eine besondere Verantwortung, die er mit seinem einseitigen Vorstoß möglicherweise nicht angemessen wahrnimmt.
Kritiker sehen in Orbans Handeln eine Fortsetzung seiner umstrittenen außenpolitischen Linie, die oft mehr im Einklang mit russischen als mit EU-Interessen zu stehen scheint. Sein später Besuch in der Ukraine – fast zwei Jahre nach Kriegsbeginn – und sein simplifizierender Vorschlag könnten als Versuch gewertet werden, sich als Vermittler zu inszenieren, ohne die Komplexität des Konflikts und die Souveränität der Ukraine angemessen zu berücksichtigen.
Orbans Initiative wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, vor denen die EU in ihrer Ukraine-Politik steht, insbesondere angesichts divergierender Ansichten innerhalb der Union. Es bleibt abzuwarten, wie dieser Vorstoß die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen Ungarn und der Ukraine sowie Orbans Standing innerhalb der EU beeinflussen wird.
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