Es geht um Fälle, wie den von Frau L.: Frau L. widerrief ihre kostenpflichtige Mitgliedschaft bei der Partnerbörse Parship nach zwölf Tagen und damit innerhalb der Widerrufsfrist. Kurz danach erhielt sie zu ihrer Überraschung die Mitteilung, dass sie für zehn in der kurzen Zeit zustande gekommene Kontakte 306,99 Euro zahlen sollte, was 75 Prozent des Preises ihres ursprünglich abgeschlossenen Jahresabonnements von 409,32 Euro entsprach.
Wie kommt Parship zu dieser Kalkulation? Frau L. hatte doch korrekt widerrufen, oder?
Wie Parship die Sache sieht
Laut Parship kann die Höhe des zu leistenden Wertersatzes wie im Fall von Frau L. bis zu drei Viertel des Produktpreises für den vom Kunden abgeschlossenen Vertrag betragen. Berechnet wird die Höhe des Wertersatzes nach der Anzahl der bereits genutzten Kontakte auf der Online-Plattform und so schreibt Parship Folgendes an Frau L.:
„Wir garantieren Ihnen das Zustandekommen einer bestimmten Anzahl an Kontakten im Rahmen Ihrer Premium-Mitgliedschaft. Gemäß unseren Regelungen zum Wertersatz bei Widerruf ist die Anzahl der genutzten Kontakte die Basis für die Berechnung des Wertersatzes. Wir berechnen Ihnen also folgenden Wertersatz:
Ihr Produktpreis: 409,32 Euro
Laufzeit Ihres Produkts (Monate): 12
Laufzeitbezogene garantierte Kontakte: 7
Davon zustande gekommene Kontakte: 10
Bereits von Ihnen gezahlt: 409,32 Euro
Rückerstattung: 102,33 Euro
Den von Ihnen zu viel gezahlten Betrag erstatten wir Ihnen in den nächsten Tagen.”
Wie wir die Sache sehen
Wir halten das Vorgehen von Parship für unzulässig, da es nach unserer Auffassung geeignet ist, Verbraucher von der Ausübung ihres Widerrufsrechts abzuhalten. Wir haben das Unternehmen daher erst abgemahnt und dann vor dem Landgericht Hamburg verklagt.
Unser Ziel: Parship soll zukünftig keinen Wertersatz mehr fordern, dessen Höhe den Betrag übersteigt, der für die tatsächliche Nutzungsdauer fällig wäre.
Für den Fall von Frau L. würde dies bedeuten: Auf Basis der vertraglich vereinbarten Laufzeit ist zunächst der Tagespreis zu ermitteln. Im Fall von Frau L. wären dies 1,21 Euro (409,32 Euro / 365 Tage). Für die gesamte Nutzungsdauer von zwölf Tagen müsste Frau L. demnach lediglich 13,46 Euro zahlen.
Wie das Landgericht Hamburg die Sache sieht
Mit Urteil vom 22. Juli 2014 hat das Landgericht Hamburg auf unsere Klage hin Parship untersagt, Verbrauchern, die ihren Vertrag innerhalb von zwei Wochen widerrufen haben, überzogene Kosten zu berechnen. Immerhin kann der Wertersatz bei Parship für genutzte Kontakte bei Widerruf bis zu Dreiviertel des Jahresabopreises betragen. Dem hat das Gericht in erster Instanz einen Riegel vorgeschoben und den maximalen Wertersatz auf den zeitlichen Anteil der innerhalb der zweiwöchigen Widerrufsfrist erfolgten Nutzung am Jahresabopreis begrenzt.
Das Urteil ist ein Erfolg gegen die unseriösen Praktiken von Online-Partnervermittlern. Parship darf Kunden demnach nicht mit hohen Kosten von der Ausübung des Widerrufsrechts abhalten. Der Wertersatz kann nach dem Urteil nur für die tatsächliche Nutzungsdauer berechnet werden. Wer fristgerecht widerruf, muss also pro Tag der Mitgliedschaft nicht mehr als den jeweiligen Tagespreis der abgeschlossenen Mitgliedschaft zahlen. Wörtlich heißt es in dem Urteil: „Die Berechnungsart führt zu einer gesetzwidrigen Entwertung des Widerrufsrechtes.“
Trotz der deutlichen Worte des Landgerichts Hamburg hat Parship gegen das Urteil Berufung eingelegt, so dass dieses noch nicht rechtskräftig ist. Nun muss erst das Oberlandesgericht entschiedet. Daher fordert Parship Verbraucher auch weiterhin zur Zahlung des Wertersatzes auf Grundlage der erfolgten Kontakte auf.
Wie man sich gegen Parship wehren kann
Aber nicht alle Partnersuchenden schlucken den „Wertersatz-Brocken” einfach runter, sondern sie ziehen vor Gericht.
Wenn auch Sie betroffen sind, sollten Sie weder vorschnell zahlen noch vorschnell ihren Widerruf zurücknehmen und damit die Mitgliedschaft, die Sie ja eigentlich gar nicht wollen, weiterführen. Ist eine Rückbuchung des von Parship als Wertersatz einbehaltenen Betrags nicht möglich und verweigert Parship dessen Rückzahlung, sollten Sie erwägen, Klage einzureichen. Zwei aktuelle Urteile des Amtsgerichts Hamburg ermutigen Sie vielleicht dazu; sie zeigen, dass die Chancen gut für Sie stehen.
So wehrte sich eine ehemalige Parship-Kundin – sogar ohne Unterstützung eines Anwalts – gegen den Einbehalt eines Wertersatzes in Höhe von knapp 70 Euro und bekam Recht (Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 8. Juli 2015; Az. 18 b C 184/15). Einem anderen Partnersuchenden wurde sogar ein Betrag von 336,15 Euro zugesprochen (Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 12. Januar 2015; Az. 49 C 607/14). In beiden Fällen folgte das Amtsgericht damit der Auffassung des Landgerichts Hamburg.
Wichtig: Ihre Ansprüche gegenüber Parship verjähren nach drei Jahren. Warten Sie also nicht unnötig lange, um sich Ihr Geld zurückzuholen.
Wo Sie Unterstützung bekommen
Wenn Sie noch Fragen haben, kommen Sie in unsere Rechtsberatung. Hier finden Sie eine Übersicht unserer Beratungsangebote und -zeiten.
Fakt ist: Partnersuchende, die mit dem Abschluss einer Premium-Mitgliedschaft bei Parship liebäugeln, sollten sich darüber im Klaren sein, welche finanziellen Einbußen damit verbunden sein können.
Stand vom Donnerstag, 9. Juni 2016
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