Fünf von sechs Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt – von Angehörigen oder einem Pflegedienst. Doch durch Preiskrise und Corona-Pandemie gerät die häusliche Pflege mehr und mehr unter Druck. Betroffene berichten den Verbraucherzentralen, dass sie aus finanziellen Gründen auf Leistungen verzichten und eine Unterversorgung in Kauf nehmen müssen. In der Preiskrise wird viel über Gegenmaßnahmen diskutiert, doch die Situation in der häuslichen Pflege kommt dabei zu kurz.
Die von der Bundesregierung angekündigten Pflegereformen lassen auf sich warten. Um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen schnell und wirksam zu unterstützen, braucht es neben grundsätzlichen Reformen Sofortmaßnahmen.
Erstens muss das Pflegegeld aufgestockt werden, es wurde seit 2017 nicht mehr angepasst. Wie jüngst auch von einer Krankenkasse vorgeschlagen, sollte der Betrag um mindestens zehn Prozent rückwirkend ab Januar 2023 steigen. Eine Erhöhung um fünf Prozent, wie im Prüfbericht der Bundesregierung im Jahr 2020 empfohlen, ist angesichts der hohen Inflation nicht mehr zeitgemäß.
Zweitens müssen Pflegebedürftige den Entlastungsbetrag von derzeit monatlich 125 Euro leichter in Anspruch nehmen können. Wer damit zum Beispiel Hilfe im Haushalt finanzieren möchte, hat es schwer, einen nach Landesrecht anerkannten Dienst zu finden. Doch das ist die Voraussetzung für die Abrechnung mit der Pflegekasse. Häufige Folge: Die Betroffenen beauftragen einen nicht-akkreditierten Dienst, bleiben auf den Kosten sitzen und der Entlastungsbetrag entfällt. Deshalb sollte der Entlastungsbetrag von Pflegebedürftigen in allen Pflegegraden auch für nicht-professionelle Hilfen, zum Beispiel nachbarschaftliche Unterstützung, gegen Kostennachweis eingesetzt werden dürfen.
Notwendig ist drittens, die Betroffenen bei Versorgungsausfällen zu schützen. Pflegebedürftige berichten, dass ihnen der Pflegedienst aufgrund von Personalmangel kündigt oder sie Schwierigkeiten haben, einen Dienst zu finden, besonders bei niedrigem Pflegegrad. Damit sie nicht ohne Hilfe dastehen, sollten Pflegebedürftige für einen Zeitraum von drei Monaten ein Anrecht auf Ersatz haben – zum Beispiel durch andere professionelle Dienstleister, Angehörige oder Nachbarn. Die Kosten dafür sollte die Pflegekasse erstatten.
Dieser Beitrag ist zuerst in der Frankfurter Rundschau erschienen.
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