Die Pressekammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat heute ein Urteil verkündet, mit dem sie eine zuvor erlassene einstweilige Verfügung zugunsten einer transidenten Klägerin aus formellen Gründen aufgehoben hat. Die Anwältin der Klägerin hatte bei der Zustellung der Verfügung an das beklagte Medienunternehmen zwingende Verfahrensvorschriften nicht eingehalten.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin hatte ihren Personenstand gerichtlich von „männlich“ auf „weiblich“ ändern lassen, jedoch keine geschlechtsangleichende Operation durchführen lassen. Im Frühjahr 2024 versuchte sie, an einem Probetraining in einem Frauenfitnessstudio in Erlangen teilzunehmen. Dies wurde ihr mit der Begründung verweigert, dass das Studio ausschließlich über Damenumkleiden und -duschen verfüge.
Die Beklagte berichtete daraufhin auf ihrer Internetseite über den Vorfall. Dabei wurden der Vor- und Nachname der Klägerin genannt sowie „verpixelte“ Bilder veröffentlicht, auf denen die Klägerin dennoch erkennbar war. Zudem wurde die Klägerin in den Berichten als Mann bezeichnet und männliche Pronomen für sie verwendet.
Entscheidung im Eilverfahren
Die Klägerin wandte sich gegen diese Berichterstattung mit einem Eilantrag. Das Landgericht Frankfurt hatte diesem Antrag am 12. Juli 2024 überwiegend stattgegeben. Es stellte fest, dass die Bezeichnungen wie „Herr Transfrau“ oder „Herr in Damenkleidung“ sowie die Verwendung männlicher Pronomen einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die Menschenwürde der Klägerin darstellten. Ebenso verletzte die Veröffentlichung ihres Namens ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Gleichzeitig betonte die Kammer jedoch, dass das Medienunternehmen im Rahmen des Rechts auf Meinungsfreiheit weiterhin die Ansicht vertreten dürfe, Frauenfitnessstudios sollten ausschließlich Frauen mit weiblichem Geburtseintrag offenstehen. Auch das umstrittene Wortspiel „Mit-Glied-Schaft“ sei zulässig, solange dadurch keine geschlechtsdiskriminierende Aussage getroffen werde. Ebenso sei die Aussage, die Klägerin habe vorgeschlagen, „nur mit Badehosen zu duschen“, als wahre Tatsachenbehauptung im Rahmen eines öffentlichen Diskurses nicht zu beanstanden.
Aufhebung der einstweiligen Verfügung
Die Beklagte legte gegen den Beschluss Widerspruch ein. Nach der mündlichen Verhandlung hob die Pressekammer die einstweilige Verfügung nun auf – nicht wegen inhaltlicher Fehler, sondern aus formellen Gründen.
Das Gericht stellte fest, dass die Anwältin der Klägerin die einstweilige Verfügung nicht ordnungsgemäß zugestellt hatte. Eine einstweilige Verfügung muss im sogenannten Parteibetrieb zugestellt werden, wenn die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist. In diesem Fall hatte die Anwältin der Klägerin den Beschluss direkt an die Beklagte zugestellt, obwohl ein Anwalt der Beklagten bereits aktenkundig war. Diese fehlerhafte Zustellung führte zur Aufhebung der Verfügung.
Weiteres Vorgehen
Das heutige Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann gegen die Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Frankfurt einlegen.
Aktenzeichen: 2-03 O 275/24
Die vollständige Entscheidung wird in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar sein.
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