Landgericht München I Az.: 35 O 20921/16
In dem Rechtsstreit
Abendschein-Schmitz Brigitte, Hauptstraße 16, 64342 Seeheim-Jugenheim
– Klägerin –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Mattil & Kollegen, Thierschplatz 3, 80538 München, Gz.: 907/16JK / cs
gegen
HANNOVER-LEASING Treuhand – Vermögensverwaltung GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Klaus Bienert, Wolfratshauser Straße 49, 82049 Pullach
– Beklagte –
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Pfitzner Legal, Kettenhofweg 98, 60325 Frankfurt, Gz.: HL 165
wegen Forderung
–
erlässt das Landgericht München I – 35. Zivilkammer – durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Daimer als Einzelrichter am 19.05.2017 folgenden
Beschluss
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Es wird gemäß § 3 Abs. 2 KapMug folgender Musterfeststellungsantrag bekannt gemacht:
1. |
Beklagte: HANNOVER-LEASING Treuhand – Vermögensverwaltung GmbH, vertreten durch d. Geschäftsführer Klaus Bienert, Wolfratshauser Straße 49, 82049 Pullach Prozessbevollmächtigte : |
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2. |
Von dem Musterverfahren betroffene Anbieterin sonstiger Vermögensanlagen: Hannover Leasing GmbH & Co. KG. |
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3. |
Prozessgericht: Landgericht München I |
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4. |
Aktenzeichen des Prozessgerichts: 35 0 20921/16 |
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5. |
Feststellungziele:
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6. |
Lebenssachverhalt Die Klagepartei – zugleich Antragssteller – nimmt die Beklagte als Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft ERATO Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Vermietungs KG in Anspruch. Die Klagepartei und ihr Ehemann und Zedent Herr Dr. Heinz Schmidt zeichneten die streitgegenständlichen Beteiligungen. Ihnen war zuvor der Emissionsprospekt für den Immobilienfonds Wachstumswerte Neues Europa 2, Apollo Business Center, Bratislava, Fonds 165 vom 08.03.2006 übergeben worden. Die Klagepartei macht geltend, dass sie und der Zedent sich an der Fondsgesellschaft auf der Grundlage des Emissionsprospekts beteiligt haben. Dieser sei fehlerhaft, so dass die Beklagten durch Verwendung dieses erkennbar fehlerhaften Prospektes, bzw. durch ihre Verantwortung für die Herstellung des Prospektes, ihre Pflichten verletzt haben. Die Klagepartei trägt vor, sie und der Zedent hätten die Beteiligung bei zutreffender Aufklärung nicht gezeichnet. Die Beklagten seien daher im Wege des Schadensersatzes zur Rückabwicklung verpflichtet. |
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7. |
Eingang des Musterverfahrensantrags bei dem Prozessgericht: 12.12.2016 |
Gründe:
I
Die Beklagte zu 1) ist Gründungsgesellschafterin und Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft.
Der Fondsprospekt diente dem Anlageberater Herrn Klaus Kassner als Arbeitsgrundlage für die Beratung gegenüber dem Kläger. Der Klägerin zeichnete am 26.05.2006 eine Beteiligung über 50.000,00 EUR zuzüglich Agio an der ERATO Verwaltungsgesellschaft mbH & Co Vermietungs KG (HL-Fonds. 165 „Wachstumswerte Neues Europa 2, Apollo Business Center, Bratislava“). Auch der Ehemann und Zedent Herr Dr. Heinz Schmitz zeichnete am 26.05.2006 eine Beteiligung über 50.000,00 € zuzüglich Agio an der ERATO Verwaltungsgesellschaft mbH & Co Vermietungs KG .
Die Klägerin und der Zedent Herr Dr. Heinz Schmitz reichten am 18.05.2016 einen Güteantrag gegen die Beklagten bei der Gütestelle Steike ein (Anlage K 1d 1/2). Die Beklagten ließen sich nicht auf das Güteverfahren ein. Die Mitteilung der Gütestelle vom Scheitern des Güteverfahrens datiert auf den 10.06.2016, Zugang bei den Klägervertretern am 13.06.2016 (Anlage K1 f- 1/2).
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Im Hinblick darauf macht sie geltend, der Rechtsstreit hänge nicht von der Entscheidung über den Musterverfahrensantrag ab, sondern sei wegen Verjährung entscheidungsreif.
Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe spätestens nach dem Beratungsgespräch Kenntnis von den Risiken der Beteiligung gehabt. Verjährung sei daher spätestens mit Ablauf des 31.12.2009 eingetreten. Weiter sei die kenntnisunabhängige Verjährung gemäß § 199 Abs. 4 BGB eingetreten. Die Beitrittserklärungen datieren vom 26.05.2006, und damit seien Ansprüche der Klägerin und des Zedenten spätestens am 27.05.2016 verjährt.( siehe Seite 92 der Klageerwiderung) Die Angebote zum Beitritt der Fondsgesellschaft seien am 23.06.2006, bzw. am 27.06.2006 angenommen worden, weswegen die Ansprüche kenntnisunabhängig am 24.06.2016, bzw. am 27.06.2016 verjährt seien ( siehe dazu Seite 5 der Klageerwiderung). Der Güteantrag der Klagepartei vom 18.05.2016 sei wegen Rechtsmissbräuchlichkeit nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Bereits vor der Einreichung des Güteantrages habe festgestanden, dass die Beklagten nicht bereit gewesen seien, an einem Güteverfahren mitzuwirken. Dies ergebe sich daraus, dass die Prozessbevollmächtigten der Klagepartei bereits vor Einreichung gewusst haben, dass die Gesellschaften der Hannover Leasing Unternehmensgruppe stets Ansprüche von Anlegern, die sich an geschlossenen Fonds der Fondsinitiatorin beteiligt haben und von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vertreten werden, zurückgewiesen und nicht am Güteverfahren teilgenommen haben. Dies sei den Prozessbevollmächtigten der Klagepartei aus zahlreichen Rechtsstreitigkeiten betreffend andere Verfahren der Hannover Leasing-Gruppe bekannt. Die Beklagte beruft sich dafür auf Güteanträge der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei, die andere Fonds der Hannover Leasing Gruppe betreffen (Anlagenkonvolut B 1b).
Weiter beruft sich die Beklagte darauf, bei der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Fondsgesellschaft am 18.03.2016 sei ausführlich über den Sachstand hinsichtlich der Probleme der Fondsimmobilie berichtet worden, es seien Lösungsansätze vorgestellt worden. Im Anschluss hieran habe es einen Gesellschafterbeschluss dahingehend gegeben, die Anteile an der Objektgesellschaft zu veräußern und die Fondsgesellschaft im Anschluss an die Veräußerung aufzulösen. Aus dem Verlauf dieser Versammlung habe die Klägervertreterin in Person von Frau Rechtsanwältin Katja Fohrer klar sein müssen, dass eine außergerichtliche Einigung nicht in Betracht komme.
Schließlich sei die Einleitung eines Güteverfahrens bereits deshalb missbräuchlich, weil sie allein zur Verjährungshemmung und damit zweckentfremdet erfolgt sei.
Die Klagepartei widerspricht der Annahme einer Kenntnis der Pflichtverletzung bereits mit Zeichnung. Im Übrigen könne von einem Missbrauch des Güteverfahrens nicht die Rede sein. Aus dem Umstand, dass die Beklagten in anderen Verfahren ein Güteverfahren abgelehnt haben, könne nicht auf den streitgegenständlichen Fonds geschlossen werden.
Weiter beruft sich die Beklagte für die Unzulässigkeit des Antrages auf § 3 Abs. 4 KapMuG und machen Prozessverschleppung geltend. Die Klagepartei habe nach Ablehnung des Güteverfahrens erst mit Schriftsatz vom 12.12.2016, Eingang bei Gericht am 12.12.2016, Klage erhoben. Hierdurch sei das Verfahren um ein weiteres halbes Jahr verzögert worden. Die Antragstellung sei schon deshalb zur Prozessverschleppung geeignet, weil die Kapitalanlegermusterverfahren verhältnismäßig lange dauerten.
Der Zweck eines Musterverfahrens, der in der Bündelung der Interessen verschiedener Anleger, denen ein gleicher Lebenssachverhalt zugrunde liegt, sei, könne nicht erreicht werden. Die Beklagte begründet dies damit, in einer Anzahl von Verfahren seien neben dem hiesigen Beklagten weitere Gesellschaften verklagt worden. Dann hänge der Erfolg der Klage nicht von den Feststellungszielen ab.
II.
Der Musterfeststellungsantrag ist zulässig. Er ist einzutragen, da die Entscheidung von den Feststellungszielen abhängt und die übrigen Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 KapMuG gegeben sind.
1. |
Das Landgericht München I ist zur Entscheidung über den Rechtsstreit und damit über den Musterfeststellungsantrag gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO örtlich zuständig, da er in einem Klageverfahren gestellt wurde, das auf einen Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation gerichtet ist und sich auch gegen die Anbieterin der sonstigen Vermögensanlage richtet. Hinsichtlich der Beklagten greift insoweit § 32 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO. |
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2. |
Eröffnet ist der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Absatz 2 KapMuG. Die Feststellungsziele richten sich auf einen Emissionsprospekt, bei dem es sich zweifelsfrei um eine öffentliche Kapitalmarktinformation handelt. |
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3. |
Die Klagepartei hat im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 3 KapMuG ausreichend dargelegt, dass eine Bedeutung für andere Rechtsstreitigkeiten gegeben ist. Nicht erforderlich ist, dass bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt 10 Rechtsstreitigkeiten rechtshängig sind, für die die Feststellungsfragen von Bedeutung sind. Das Eintragungsverfahren soll vielmehr gerade weiteren interessierten Anlegern die Möglichkeit geben, sich dem Verfahren anzuschließen. Insoweit geht der Vortrag der Beklagten, in einigen Fällen hinge das Ergebnis des Rechtsstreits deshalb nicht von den Feststellungszielen ab, weil es weitere Beklagte gebe, ins Leere. |
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4. |
Der Musterverfahrensantrag ist nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 KapMug als unzulässig zu verwerfen. Anhaltspunkte dafür, dass der Antrag „gerade zum Zwecke der Prozessverschleppung gestellt ist“, bestehe nicht. Der Umstand, dass Klage und Antrag erst kurz vor Eintritt der absoluten Verjährung rechtshängig gemacht wurden, gibt dafür nichts her. |
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5. |
Die Klage hängt von der Entscheidung über die Feststellungsziele ab. Die Feststellungsziele umfassen sowohl die Feststellung fehlerhafter Kapitalmarktinformationen, als auch die Haftung der Beklagten zu 1) bis 3) hierfür. Der Rechtsstreit ist nicht wegen Verjährung abzuweisen und damit entscheidungsreif.
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6. |
Gleichfalls fehlt es an nachvollziehbaren Anhaltspunkten für die Annahme einer Absicht der Prozessverschleppung. Allein der Umstand, dass die Musterverfahrensanträge lange dauern können, gibt hierfür nichts her. Im konkreten Verfahren wurde der Antrag zugleich mit der Klage erhoben, so dass dieses Verfahren jedenfalls nicht verzögert wurde. |
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Daimer
Vorsitzender Richter am Landgericht
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