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Startseite Allgemeines „Prüfungsannullierung trotz fehlender Regelung rechtens“ – Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow
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„Prüfungsannullierung trotz fehlender Regelung rechtens“ – Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow

Tumisu (CC0), Pixabay
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Herr Iwanow, das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass eine Prüfungsannullierung in Sachsen trotz fehlender ausdrücklicher Regelung möglich ist. Was bedeutet das für zukünftige Prüfungsverfahren?

Michael Iwanow: Das Urteil stellt klar, dass Prüfungsbehörden unter bestimmten Umständen auch ohne eine explizite Regelung in der Prüfungsordnung Prüfungen annullieren können. In diesem Fall ging es um eine Wiederholungsprüfung für angehende Polizeibeamte, bei der die Prüfungsfragen den Teilnehmern bereits vorher bekannt waren. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat entschieden, dass eine solche Annullierung auf allgemeine verwaltungsrechtliche Vorschriften zur Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte gestützt werden kann.

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen sah das anders und stellte sich zunächst auf die Seite des Prüflings. Warum wurde diese Entscheidung gekippt?

Michael Iwanow: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) hatte argumentiert, dass eine Annullierung ohne eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage in der Prüfungsordnung nicht zulässig sei, weil dies einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Prüflings darstelle. Das BVerwG hat hingegen klargestellt, dass es hier nicht um eine willkürliche Rücknahme einer bestandenen Prüfung ging, sondern um den Schutz der Chancengleichheit. Da die Prüfungsaufgaben nach § 15 Abs. 3 der Sächsischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Polizei geheim gehalten werden müssen, war die Annullierung notwendig, um eine objektive Leistungsbewertung zu gewährleisten.

Der Kläger hatte die Prüfung mit einer Lösungsskizze vorbereitet, die der realen Klausur entsprach. Welche Rolle spielte das für die Entscheidung des Gerichts?

Michael Iwanow: Eine sehr große. Der Kläger gab selbst zu, dass er die Lösungsskizze auswendig gelernt hatte, weil ihm eine nahezu identische Übungsklausur vorlag. Das bedeutet, dass seine Leistung nicht wirklich seine tatsächlichen Fähigkeiten widerspiegelte, sondern vielmehr das Ergebnis einer unzulässigen Vorab-Kenntnis war. Unter diesen Umständen wäre eine faire Beurteilung der Prüflinge nicht mehr gewährleistet gewesen.

Was können Prüflinge und Prüfungsbehörden aus diesem Fall lernen?

Michael Iwanow: Für Prüflinge zeigt dieses Urteil, dass eine bestandene Prüfung nicht immer unangreifbar ist – insbesondere dann nicht, wenn sie unter unfairen Bedingungen stattgefunden hat. Wer sich durch unzulässige Mittel einen Vorteil verschafft, riskiert, dass sein Ergebnis annulliert wird. Für Prüfungsbehörden bedeutet das Urteil, dass sie auch ohne explizite Regelung im Prüfungsrecht in gravierenden Fällen handeln können, um die Chancengleichheit zu sichern.

Könnte dieses Urteil Signalwirkung für andere Bundesländer haben?

Michael Iwanow: Ja, absolut. Es zeigt, dass Prüfungsannullierungen nicht zwingend in einer Prüfungsordnung geregelt sein müssen, sondern auf allgemeine Verwaltungsrechtsprinzipien gestützt werden können. Andere Bundesländer könnten sich künftig auf dieses Urteil berufen, wenn ähnliche Fälle auftreten. Gleichzeitig wäre es aber auch sinnvoll, wenn Prüfungsordnungen entsprechend angepasst werden, um solche Situationen klar zu regeln und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

Herr Iwanow, vielen Dank für das Gespräch.

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