Nachdem zunächst der Insolvenzverwalter der Future Business KGaA Ende Juli 2017 Scheingewinne der dortigen Genussrechtsgläubiger angefochten hat, legt nun auch der Insolvenzverwalter der Prosavus AG mit Schreiben vom 5. September 2017 nach. Dies findet in größerem Umfang statt, da – anders als bei der Konzernmutter – alle Anleger der Prosavus AG Genussrechtsgläubiger waren. Angefochten werden die Basisdividende und die Übergewinnbeteiligung aus den Jahren 2010 bis 2013 mit der Begründung, dass die Insolvenzschuldnerin spätestens seit dem 31. März 2010 keine Gewinne, sondern erhebliche Verluste erzielte. Diese „unentgeltlichen Leistungen“ (Ausschüttungen an die Prosavus-Anleger) sind zur Insolvenzmasse zurück zu gewähren gemäß §§ 129 Abs.1, 134 Abs. 1, 143 InsO.
Wie schon bei den vorangegangenen Anfechtungen des Insolvenzverwalters der Konzernmutter ist zu erwarten, dass Anleger, werbende Anlegervertreter und sonstige Interessierte nun bestimmte Punkte diskutieren, wozu Folgendes beigesteuert werden kann:
1. Die (alten) Jahresabschlüsse haben Gewinne ausgewiesen
2. „Schneeballsystem“
Es wird wohl auch hier in Abrede gestellt werden, dass ein sog. Schneeballsystem betrieben wurde bzw. dieses nicht bewiesen sei. Der Bogen zum Strafverfahren wird geschlagen werden.
Dies hat jedoch mit der Frage der Scheingewinne als solcher nichts zu tun. Scheingewinn-Auszahlungen bzw. die Unentgeltlichkeit der Leistungen resultieren daraus, dass keine Gewinne oder Verluste realisiert wurden. Ob auch ein Schneeballsystem betrieben wurde oder sich die Angeklagten strafbar gemacht haben, ist davon unabhängig. Die Negierung eines Schneeballsystems führt deshalb auch nicht per se zur Negierung der unentgeltlichen Leistung.
3. „Aufrechnung“ mit Schadensersatzansprüchen
Es wird auch hier diskutiert werden, inwieweit es sich auswirken mag, dass die Anleger möglicherweise Schadensersatzansprüche oder vertragliche Ansprüche haben, die sie ihrerseits im Insolvenzverfahren geltend machen können. Insoweit gilt jedenfalls, dass eine Aufrechnung mit dem speziellen insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch des Insolvenzverwalters nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt in diesem Stadium für vertragliche Ansprüche, die möglicherweise zur Insolvenztabelle angemeldet worden sind.
4. Berechtigung der Forderungen des Verwalters, Gleichbehandlung, gesetzliche Verpflichtung
Der Insolvenzverwalter ist der Ansicht, dass seine Forderungen berechtigt sind. Andernfalls hätte er nicht angefochten. Dies ist die materielle Kernfrage. Wenn der einzelne Gläubiger anderer Ansicht ist, muss im Zweifel ein deutsches Gericht ein Gericht den konkreten Fall entscheiden. Ein solches Verfahren verursacht weitere Zeit und Kosten.
Der Insolvenzverwalter ist nach der Insolvenzordnung verpflichtet, alle Gläubiger gleich zu behandeln. Deshalb fordert er von allen betroffenen Prosavus-Anlegern im fraglichen Zeitraum erhaltene Ausschüttungen zurück. Zur Rückforderung ist er ebenfalls gesetzlich verpflichtet, wie ihn auch der Gläubigerausschuss verpflichtet hat.
5. Höhe der geforderten Beträge
Es ist denkbar, dass der jeweils geforderte Betrag nicht exakt dem Ausschüttungsbetrag entspricht. Das mag daran zusammenhängen, dass der insgesamt ausgezahlte Betrag inklusive der von der Prosavus AG abgeführten Steuern geltend gemacht wurde. Wenn der jeweilige Gläubiger den geforderten Betrag zahlt, sollte er die Differenz bzw. Steuern vom Finanzamt erstattet bekommen.
6. Anmeldung des angefochtenen Betrages zur Insolvenztabelle
Gelegentlich dürfte diskutiert werden, ob der nunmehr geforderte Betrag auch (noch) zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann. Das ist nicht der Fall.
7. Entreicherung, Vermögenslosigkeit
Wie jeder Insolvenzverwalter wird auch der hiesige sich entsprechenden substanziierten und rechtlich korrekt qualifizierten Einwendungen nicht verschließen. Diese sind aber in jedem Einzelfall zunächst dazulegen und zu prüfen; ggf. wird dann eine sachlich berechtigte, individuelle Lösung gefunden.
8. Telefon-Hotline, anwaltliche Berater
Der Insolvenzverwalter hat, wie sich aus seinem Anfechtungsschreiben ergibt, eine kostenlose Telefonhotline eingerichtet. Dies hebt sich von vergleichbaren Fällen positiv ab. Davon könnten die betroffenen Anleger zunächst Gebrauch machen. Wenn Zweifel an der geltend gemachten Forderung bestehen, empfiehlt sich die Beauftragung eines mit dem Insolvenzrecht vertrauten Rechtsanwalt, was aber weitere Kosten auslöst. Diese gilt es, im Verhältnis zur geforderten Summe zu betrachten.
BEMK Rechtsanwälte vertritt keine Prosavus- oder Infinus-Anleger. Wenden Sie sich ggf. an den insolvenzrechtlich versierten Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.
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