Sehr geehrte Damen und Herren,
zunächst einmal frohe Ostern. Einige von Ihnen hatten mich angesprochen, wann ein nächster Newsletter kommt. Ferner, ob ich denn die Rechtsprechung zur Haftung P & R verfolgen würde. Ein Vermittler fragte danach, ob es denn schon ein „positives“ Urteil von mir bzw. meiner Kanzlei gäbe.
Ich möchte zu einigen Punkten Stellung nehmen.
- Urteil LG Erfurt vom 22.02.2019, Az. 9 O 736/18
Mit vorgenanntem Urteil wurde ein Vermittler zum Schadensersatz verurteilt. Das Urteil war Gegenstand umfangreicher Presseberichterstattung. Zentral war hierbei der Umstand, dass in den Ihnen bekannten Unterlagen von Garantien bzw. garantierten Mietzahlungen die Rede sei. Dies hätte nach Ansicht des LG Erfurt einer Aufklärung dahingehend bedurft, dass die Garantie ausfallen könne.
Ferner hätte über das Totalverlustrisiko aufgeklärt werden müssen und über das Risiko dass der Anleger in Privatinsolvenz fallen könnte. Das Urteil liegt mir vor und weist meines Erachtens handwerkliche Mängel auf. Gerade die Annahme einer Aufklärungspflicht über eine mögliche Privatinsolvenz halte ich für fernliegend, weil dieses Risiko zu keinem Zeitpunkt für die Anleger bestand.
Der betreffende Finanzdienstleister hat nunmehr mich bzw. meine Sozietät dazu beauftragt, das Berufungsverfahren vor dem OLG Jena zu führen. Der Mandatsauftrag wurde mir bereits erteilt. Die vielfach geäußerten Spekulationen, welche Kanzlei den Vermittler vertritt, sind damit hinfällig, da ich selbst den betreffenden Vertrieb vertreten werde in der Berufung. Wir (Peres & Partner) waren an der Prozessführung in der ersten Instanz nicht beteiligt und wurden erst jetzt in der Berufung mandatiert. Selbstverständlich kann ich nicht mitteilen, welche Anwälte die erste Instanz geführt haben.
Zur Frage bezüglich der Aufklärungspflicht über ein Totalverlustrisiko hat meine Sozietät ein umfangreiches Memorandum ausgearbeitet, in dem die einschlägige vergleichbare Rechtsprechung ausgewertet wird und das bereits diversen Versicherungen vorliegt.
- Warum liegt noch kein von uns erstrittenes Urteil vor?
Teils wurde ich gefragt, ob ich denn überhaupt Prozesse in Sachen P & R führen würde. Ja, ich führe zahlreiche Prozesse, buchstäblich von Flensburg bis Kempten.
Der Grund, weshalb noch kein Urteil vorliegt: Ich habe die von mir geführten Verfahren maximal in die Länge gezogen, um eine Indikation für die Rechtsprechung zu bekommen und abzuwarten, wie die Urteile ausfallen bzw. welche Punkte von der Rechtsprechung als entscheidend angesehen werden. Das ist auch gelungen, die Kenntnisse, die ich aus der Presse gewonnen habe und auch aus dem Urteil des LG Erfurt, das mir schon seit Längerem vorliegt, können in den Verfahren genutzt werden.
- Mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Kempten
Kürzlich führte ich eine mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Kempten. Die Signale waren sehr positiv und ich gehe davon aus, dass der Prozess gewonnen werden wird. Das Gericht befasste sich ausführlich mit unserer Argumentation, wonach P & R keine Kapitalanlage im Rechtssinne sei, sondern als simpler Kaufvertrag (mit Verwaltungsvertrag) angesehen werden müsse, der individualvertraglichen Charakter habe und daher keine Kapitalanlage im Rechtssinne sei, mit der Folge, dass Aufklärungspflichten per se entfallen.
Ein ausführliches Memorandum zu dieser Frage ist durch unsere Sozietät erstellt worden und liegt zahlreichen Versicherungen bereits vor.
- Rechtsprechung entwickelt sich positiv für Vermittler (?)Gegenwärtig scheint sich in der Presse ein Bild zu verfestigen, wonach die Prozesse für die Vermittler eher gut laufen würden. Dies insbesondere deshalb, weil es lediglich ein einziges Urteil gäbe (eben Landgericht Erfurt, siehe 1.), in dem ein Vermittler zum Schadensersatz verurteilt wird.
Das ist grundsätzlich richtig. Das Problem bei dieser Betrachtung besteht allerdings darin, dass sie die Vergleiche ausblendet. Abgeschlossene Vergleiche sind praktisch immer mit einer Stillschweigensklausel versehen, weshalb sie nicht in der Presse berichtet werden. Ich schätze, dass es mindestens so viele Vergleiche wie Urteile gibt. Vermutlich ist die Zahl der Vergleiche eher höher, was aber nur eine Vermutung meinerseits ist, die auf meiner Erfahrung beruht. Vergleiche werden insbesondere dann abgeschlossen, wenn der Prozess für den Vermittler schlecht auszugehen droht, da sowohl der Vermittler als auch insbesondere die dahinter stehende Versicherung, bestrebt sind, Urteile gegen Vermittler nicht entstehen zu lassen, um nicht Präzedenzfälle zu schaffen für weitere Verfahren. Im umgekehrten Fall – wenn also aufgrund der Umstände des Falles oder gerichtlicher Hinweise ein positiver Ausgang des Prozesses für den Vermittler zu erwarten ist – werden die Prozesse von Vermittlerseite bis zum Urteil durchgefochten. In diesem Fall besteht dann auf Seiten der Vermittler üblicherweise keine Bereitschaft, einen Vergleich zu schließen.
Aufgrund dieser Mechanismen ist es in einem solchen Schadensfall wie P & R zu erwarten, dass eine größere Anzahl von Urteilen für die Vermittler als gegen die Vermittler entsteht. Da wir aber die „Dunkelziffer“ der Vergleiche und deren Inhalte nicht kennen, kann nicht zuverlässig eingeschätzt werden, ob die Verfahren insgesamt aus Sicht der Vermittler überwiegend positiv oder negativ verlaufen. Eine isolierte Betrachtung der bislang ergangenen Urteile ist aus vorgenannten Gründen nur sehr bedingt geeignet, um die generellen Aussichten zu beurteilen.
Ich freue mich, wenn Sie den Hinweis auf die Vermittlergemeinschaft weitergeben: https://www.finanzberaterhaftung.de/praventiv-beratung-fur-br-vermittler/
Mit freundlichen Grüßen
Nikolaus Sochurek
Rechtsanwalt, Partner
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