Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute seinen Entwurf für ein Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts veröffentlicht.
Die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, erklärt:
„Wir wollen die Stellung der Kinder verbessern und ihr Recht auf Pflege und Erziehung ins Zentrum des Vormundschaftsrechtes stellen. Auch die Rechte der Pflegeeltern, bei denen die Mündel aufwachsen, sollen gestärkt werden.
Im Betreuungsrecht wollen wir mehr Selbstbestimmung und eine hohe Qualität der rechtlichen Betreuung für die betreuten Menschen gewährleisten. Das Betreuungsrecht wird daher entsprechend den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention verstärkt am Selbstbestimmungsrecht der Betreuten ausgerichtet. Darüber hinaus wird ein zeitlich begrenztes Notvertretungsrecht für Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge eingeführt.“
Mit dem im Koalitionsvertrag verabredeten Reformvorhaben soll das aus dem Jahre 1896 stammende Vormundschaftsrecht an die heutigen Bedürfnisse angepasst werden. Die Reformvorschläge sind in fachspezifischen Arbeitsgruppen intensiv vorbereitet worden. Das vom BMJV vorgelegte Gesetzespaket sieht einschließlich aller Folgeanpassungen eine Änderung von 46 Gesetzen vor.
Das Gesetzespaket umfasst u. a. folgende Vorschläge:
- Das Vormundschafts- und das Betreuungsrecht werden insgesamt neu strukturiert. Die Vorschriften des geltenden Vormundschaftsrechts zur Vermögenssorge, zu Fürsorge und Aufsicht des Gerichts sowie zum Aufwendungsersatz und zur Vergütung werden ins Betreuungsrecht eingeordnet und, soweit erforderlich, an das Betreuungsrecht angepasst.
- Im Vormundschaftsrecht soll der Mündel mit seinen Rechten als Subjekt im Zentrum stehen und die Personensorge gestärkt werden.
- Die Rechte der Pflegeeltern, bei denen die Mündel aufwachsen, sollen gestärkt werden.
- Die verschiedenen Vormundschaftstypen werden zu einem Gesamtsystem zusammengefügt, in dem die beruflichen Vormünder einschließlich des Jugendamts als Amtsvormund gleichrangig sind, nur ehrenamtliche Vormünder sind vorrangig zu bestellen.
- Im Betreuungsrecht sind die Änderungen zentral darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmung und die Autonomie unterstützungsbedürftiger Menschen im Vorfeld und innerhalb einer rechtlichen Betreuung im Sinne von Artikel 12 UN-Behindertenrechtskonvention zu stärken.
- Es wird klarer geregelt, dass die rechtliche Betreuung in erster Linie eine Unterstützung des Betreuten bei der Besorgung seiner Angelegenheiten durch eigenes selbstbestimmtes Handeln gewährleistet und der Betreuer das Mittel der Stellvertretung nur einsetzen darf, soweit es erforderlich ist.
- Der Vorrang der Wünsche des Betreuten wird als zentraler Maßstab des Betreuungsrechts normiert, der gleichermaßen für das Betreuerhandeln, die Eignung des Betreuers und die Wahrnehmung der gerichtlichen Aufsicht gilt.
- Die betroffene Person soll zudem in sämtlichen Stadien des Betreuungsverfahrens besser informiert und stärker eingebunden werden, insbesondere in die gerichtliche Entscheidung über das Ob und das Wie der Betreuerbestellung, in die Auswahl des konkreten Betreuers, aber auch in dessen Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
- Zur Verbesserung des Informations- und Kenntnisniveaus bei ehrenamtlichen Betreuern wird die Möglichkeit einer engen Anbindung an einen anerkannten Betreuungsverein im Wege einer Vereinbarung über eine Begleitung und Unterstützung neu eingeführt.
- Zur Sicherstellung einer einheitlichen Qualität der beruflichen Betreuung soll ein formales Registrierungsverfahren mit persönlichen und fachlichen Mindesteignungsvoraussetzungen für berufliche Betreuer eingeführt werden.
- Der Entwurf sieht verschiedene Maßnahmen zur effektiveren Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes im Vorfeld der Betreuung, insbesondere an der Schnittstelle zum Sozialrecht, vor.
- Die Verwaltung des Vermögens durch Betreuer und Vormünder soll modernisiert werden und künftig grundsätzlich bargeldlos erfolgen.
- Schließlich sollen sich Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge kraft Gesetzes für die Dauer von drei Monaten gegenseitig vertreten können, wenn ein Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder einer Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitssorge vorübergehend rechtlich nicht besorgen kann.
Der Referentenentwurf wurde heute zur Stellungnahme an Länder und Verbände verschickt. Den Entwurf können Sie hier abrufen.
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