Die Republikanische Partei steht mit Blick auf die neue Legislaturperiode vor einer großen Herausforderung: Während sie die Kontrolle über das Weiße Haus und den Kongress innehat, sorgt Donald Trumps ehrgeizige Agenda für die ersten internen Grabenkämpfe. Besonders kontrovers: Welche Prioritäten sollen in den ersten 100 Tagen gesetzt werden? Eine klare Antwort gibt es nicht – dafür aber eine Vorschau auf die politischen Minenfelder, die den neuen Kongress erwarten.
Grenzen, Energie, Steuern: Streit um die Reihenfolge
Der neue Mehrheitsführer des Senats, John Thune, will direkt mit Trumps wichtigsten Themen beginnen: Grenzsicherung und Energieproduktion. Die Steuerreform, ein zentrales Wahlkampfversprechen Trumps, soll hingegen erst später im Jahr 2025 angegangen werden. Doch dieser Plan sorgt für massiven Unmut bei einflussreichen Abgeordneten im Repräsentantenhaus. Sie warnen davor, dass eine Verschiebung der Steuerreform deren Umsetzung möglicherweise vollständig gefährden könnte.
Einige konservative Republikaner plädieren sogar dafür, Trumps gesamte Agenda in ein einziges Gesetzespaket zu packen. Kritiker, darunter zahlreiche Parteikollegen, halten das für ein Desaster: Ein solch überladenes Paket würde aufgrund der Komplexität zusammenbrechen – vor allem, wenn es um Steuerpolitik geht. Angesichts der hauchdünnen Mehrheiten in beiden Kammern könnte schon ein abtrünniger Abgeordneter das ganze Vorhaben scheitern lassen.
Eine der kleinsten Mehrheiten der Geschichte
Die Republikaner starten mit einer der knappsten Mehrheiten der US-Geschichte: 53 zu 47 Sitze im Senat und 220 zu 215 im Repräsentantenhaus. Das macht jedes Gesetzesvorhaben zu einem Balanceakt. Hinzu kommen große Fristen wie die Vermeidung eines Regierungsstillstands im März und die drohende Zahlungsunfähigkeit der USA im nächsten Jahr. Der Druck wächst, Trumps Agenda unter diesen schwierigen Bedingungen umzusetzen.
„Das ist eine einmalige Chance, die Weichen für eine ganze Generation zu stellen“, sagte der texanische Senator John Cornyn. Doch er warnte: „Ich bin mir nicht sicher, ob alle auf derselben Seite stehen.“
Grenzsicherung vor Steuerreform?
Im Senat gibt es breite Unterstützung für ein schnelles Gesetzespaket zu Grenzsicherung und Energie – zwei Themen, die bei der republikanischen Basis gut ankommen. Im Repräsentantenhaus hingegen gibt es Sorgen, dass eine zu große Konzentration auf die Grenzpolitik den Schwung für andere wichtige Vorhaben, insbesondere die Steuerreform, zunichtemachen könnte.
„Ich mache mir Sorgen, dass amerikanische Familien mit Steuererhöhungen konfrontiert werden könnten, wenn der Kongress nicht rechtzeitig handelt“, sagte Jason Smith, Vorsitzender des steuerrechtlichen Ausschusses des Repräsentantenhauses. Er fordert, die Steuerpolitik in das erste Gesetzespaket aufzunehmen: „Die Amerikaner haben für Steuererleichterungen gestimmt, und das sollten wir ernst nehmen.“
Bei einem Treffen des House Ways and Means Committee stimmten Smiths Kollegen zu. Sie betonten, dass es in der Geschichte selten eine zweite Chance gegeben habe, um umfassende Steuerreformen umzusetzen.
Reconciliation: Eine Hürde, viele Regeln
Obwohl die Republikaner die Mehrheit haben, bleibt der Gesetzgebungsprozess schwierig. Im Senat können Demokraten durch Filibuster wichtige Gesetzesvorhaben blockieren, wenn die Republikaner keine 60 Stimmen zusammenbekommen. Eine Ausnahme bildet das sogenannte „Reconciliation“-Verfahren, bei dem Gesetze mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden können. Doch dieses Verfahren ist zeitaufwändig, mit strengen Haushaltsregeln verbunden und wird in der Regel nur einmal pro Jahr genutzt.
„In den letzten 25 Jahren wurden niemals zwei Reconciliation-Gesetze in einem Jahr verabschiedet“, sagte Jason Smith. „Warum sollten wir glauben, dass wir das mit einer so knappen Mehrheit schaffen?“
Johnson zwischen den Fronten
Eine Schlüsselrolle spielt der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson. Mit der historisch dünnen Mehrheit im Rücken wird er keinen einzigen Republikaner auf dem Boden des Hauses verlieren dürfen. In einem Interview mit CNN betonte Johnson, dass die Partei an einem Konsens arbeite: „Wir haben dieselben Prioritäten. Meine Aufgabe ist es, diese Prioritäten zusammenzuführen.“
Doch die Dynamik zwischen Senat und Repräsentantenhaus wird für Johnson zur Herausforderung. Während der Senat eher geneigt ist, den Fokus auf die Grenzsicherung zu legen, sehen sich die Abgeordneten im Repräsentantenhaus stärker in der Pflicht, auch die Steuerpolitik voranzutreiben.
Lehren aus 2017
Die Republikaner sind sich der Risiken bewusst, die Trumps Agenda drohen – sie erinnern sich nur allzu gut an die dramatische Niederlage beim Versuch, Obamacare 2017 zu kippen. Um dieses Mal besser vorbereitet zu sein, arbeiten GOP-Ausschüsse seit Monaten an Vorschlägen für Steuerreformen und Einsparungen. Diskutiert wird unter anderem über die Streichung von grünen Steueranreizen aus Bidens „Inflation Reduction Act“ sowie über Kürzungen bei Medicaid und anderen Programmen. Doch selbst diese Sparmaßnahmen könnten bei den ohnehin zerstrittenen Republikanern auf Widerstand stoßen.
„Einsparungen sind wie der Himmel“, scherzte Senator John Kennedy aus Louisiana. „Jeder will dorthin, aber keiner will den Weg auf sich nehmen.“
Auch die Grenzpolitik könnte sich als Stolperstein erweisen. Während Trump-nahe Republikaner wie Andrew Clyde einen harten Kurs fordern, warnen andere, dass solche Pläne im Senat möglicherweise nicht durchsetzbar sind.
Fazit: Ein wackeliger Start
Die Republikaner stehen vor einer schwierigen Aufgabe: Sie müssen Trumps ehrgeizige Agenda in einem politischen Klima umsetzen, das wenig Spielraum lässt. Ob es gelingt, die Partei geschlossen zu halten und gleichzeitig die Fristen und Hürden zu meistern, bleibt fraglich. Eines ist jedoch sicher: Die kommenden Monate werden zum ultimativen Stresstest für die GOP – und für Trumps zweite Amtszeit.
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