Riester-Schlussverkauf – „Die größte Enteignung in der Geschichte

Published On: Sonntag, 18.12.2011By

Alle Jahre wieder ist Riester-Schlussverkauf. Mit irreführenden Werbeaussagen und hanebüchenen Beispielrechnungen versuchen einige Finanzdienstleister, Ihre Riester-Verträge unter das Volk zu bringen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warnt vor einem übereilten Abschluss und prüft die Abmahnung einzelner Anbieter.

Das Jahresendgeschäft hat bei Finanzdienstleistungen eine langjährige und wenig ruhmreiche Tradition. In diesem Jahr betrifft es die Riester-Rente: Wegen der Senkung des Garantiezinses von 2,25 auf 1,75 Prozent und der Anhebung des frühesten Auszahlungsbeginns vom 60. auf das 62. Lebensjahr zum Jahreswechsel werben Finanzdienstleister für einen Abschluss noch in diesem Jahr.

Besonders dreist spricht aktuell die zur AWD Gruppe gehörende tecis Finanzdienstleistungen AG einige Verbraucher an. „Die größte Enteignung in der Geschichte der Altersvorsorge oder wie man in einer Nacht 103.000 Euro verliert“, heißt es in einem Werbeblatt des Finanzdienstleisters. Als Beleg für diese Aussage dient eine haarsträubende Beispielrechnung zu einer fondsgebundenen Riester Rentenversicherung. Darin wird vorgerechnet, dass zum Jahreswechsel über Nacht statt rund 300.000 Euro nur noch rund 200.000 Euro Riester Guthaben zu erwarten ist. Tatsache ist aber, dass der Rechnungszins sich bei Fondspolicen nur minimal auswirkt, weil die Beiträge zu einem großen Teil in Investmentfonds ohne eine solche Garantie angelegt werden. Nach den von tecis zur Berechnung herangezogenen Angeboten beläuft sich die Differenz aus dem herabgesenkten Garantiezins dann nicht auf 103.000, sondern lediglich auf 1.554 Euro. Aber mit derart kleinen Beträgen kann man nicht werbewirksam arbeiten. Die Verbraucherzentrale prüft ihre rechtlichen Möglichkeiten, gegen diese irreführende Werbung des Anbieters vorzugehen.

Also, noch schnell in 2011 eine Riester-Rente abschließen? „Eher Nein“, rät Niels Nauhauser, Experte für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Die Argumente für einen schnellen Abschluss noch in diesem Jahr sind im Wesentlichen plumpe Vertriebspropaganda, die den raschen Verkauf provisionsträchtiger Produkte anheizen soll“ kritisiert Nauhauser. Denn ein Garantiezins von 2,25 Prozent ist für Anleger nur dann von Vorteil, wenn am Markt ein solcher Zins dauerhaft nicht erzielbar ist. Dann aber ist höchst fraglich, ob Versicherer wirtschaftlich überhaupt in der Lage sind ihre Garantien einzuhalten.
Andere Unternehmen argumentieren damit, dass Verbraucher sich bei einem Abschluss der Riester-Rente vor Jahreswechsel noch die Option auf einen Rentenbeginn mit 60 offen halten können. Diese Option kommt aber für viele Menschen ohnehin nicht in Frage, da das reguläre Renteneintrittsalter zwischen 65 und 67 liegt.
Entscheidungen in Sachen Altersvorsorge müssen am Bedarf des Ratsuchenden ausgerichtet sein, dabei spielen die Optionen, bei Riester mit 60 statt mit 62 in die Auszahlphase zu gehen, und ein Garantiezins von 1,75 statt 2,25 nur eine geringe Rolle. Für die Vermittler von Riester-Renten scheint weiterhin der Bedarf der Verbraucher eine geringere Rolle zu spielen als der eigene Vertriebserfolg.

Quelle:VBZ BW

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