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Rücktritt von Stellantis-CEO Carlos Tavares: Ein turbulentes Kapitel endet

stevepb (CC0), Pixabay
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Der Automobilkonzern Stellantis, bekannt für Marken wie Chrysler, Jeep, Fiat und Peugeot, gab am Sonntag überraschend den Rücktritt seines CEOs Carlos Tavares bekannt. Der Schritt erfolgte aufgrund von Differenzen mit dem Vorstand, einer anhaltenden Verkaufskrise und wachsendem Druck aus verschiedenen Interessengruppen, einschließlich der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW).

Ein unrühmliches Ende einer einst gefeierten Karriere

Carlos Tavares, 66, ein portugiesischer Manager, war maßgeblich an der Fusion von PSA Group (Peugeot) und Fiat Chrysler beteiligt, aus der im Januar 2021 Stellantis entstand – der viertgrößte Automobilhersteller weltweit hinter Toyota, Volkswagen und Hyundai. Während Tavares für die erfolgreiche Schaffung von Stellantis gefeiert wurde, sahen sich seine letzten Jahre als CEO wachsender Kritik ausgesetzt.

Henri de Castries, Senior Independent Director bei Stellantis, erklärte in einer Pressemitteilung, dass es „unterschiedliche Ansichten“ zwischen Tavares und dem Vorstand gegeben habe, die letztendlich zu seinem Rücktritt führten.

„Der Prozess zur Ernennung eines neuen permanenten CEO ist im Gange und wird bis zur ersten Jahreshälfte 2025 abgeschlossen“, teilte das Unternehmen mit. Bis dahin wird ein Interimsausschuss unter dem Vorsitz von John Elkann, dem Vorsitzenden der Agnelli-Familie und Hauptaktionär von Stellantis, die Geschäfte leiten.

Verkaufsprobleme und Kritik an hohen Preisen

Die Entscheidung über Tavares‘ Rücktritt kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Stellantis mit sinkenden Verkaufszahlen und wachsendem Lagerbestand an unverkauften Fahrzeugen zu kämpfen hat. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 sanken die US-Verkäufe um 17 %, und der weltweite Absatz fiel im dritten Quartal um 20 %.

Analysten wiesen auf die hohen Preise der Stellantis-Modelle in Nordamerika hin, die viele der traditionellen Kunden der Marken wie Jeep, Ram und Chrysler abgeschreckt haben. Im vierten Quartal 2023 lag der durchschnittliche Preis eines Stellantis-Fahrzeugs in den USA bei 58.000 US-Dollar – der zweithöchste Durchschnittspreis in der Branche.

Darüber hinaus führte die Einstellung des Einstiegsmodells Ram 1500 Classic zu rund 1.200 Entlassungen in einem Werk in Michigan. Weitere 1.100 Beschäftigte im Jeep-Gladiator-Werk in Toledo, Ohio, sind von einer geplanten Schichtreduzierung im Januar betroffen.

Diese Kürzungen sorgten für Ärger bei der Gewerkschaft UAW, die Stellantis vorwarf, gegen den Tarifvertrag zu verstoßen. Die UAW drohte zuletzt sogar mit einem erneuten Streik, was das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Management und Arbeitnehmern weiter belastete.

Rekordvergütung sorgt für Unmut

Die Kritik an Tavares‘ Führungsstil wurde durch seine Rekordvergütung noch verstärkt. Für das Geschäftsjahr 2023 erhielt er ein Gesamtpaket von 36,8 Millionen US-Dollar – das höchste unter den CEOs der Automobilindustrie. Diese Summe führte zu scharfen Reaktionen von Gewerkschaften und Händlerverbänden.

Die UAW begrüßte Tavares‘ Rücktritt in einer Erklärung: „Dieser Schritt ist ein bedeutender Fortschritt für ein Unternehmen, das unter Missmanagement gelitten hat, und für eine Belegschaft, die zu lange unfair behandelt wurde.“

Auch die US-Händlervereinigung von Stellantis äußerte sich kritisch über Tavares‘ Fokus auf kurzfristige Profitmaximierung. In einem Schreiben aus dem August warf der Vorsitzende der Vereinigung Tavares vor, die Bedürfnisse der Händler und Kunden zugunsten von Rekordgewinnen zu vernachlässigen.

Die Zukunft von Stellantis: Ein Wendepunkt

Stellantis steht vor einer schwierigen Phase. Während das Unternehmen mit Rückgängen bei Umsatz und Gewinn zu kämpfen hat, bleibt die Zukunft unter neuer Führung ungewiss. Die Interimslösung unter John Elkann deutet darauf hin, dass die Eigentümerfamilie Agnelli mehr Einfluss auf die Unternehmensstrategie nehmen möchte.

Tavares‘ Abgang markiert das Ende einer Ära, die von hochfliegenden Ambitionen und tiefgreifenden Herausforderungen geprägt war. Die kommenden Monate werden zeigen, ob Stellantis den Weg zurück zu alter Stärke findet – und ob die Kritikpunkte an Tavares‘ Führung tatsächlich überwunden werden können.

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