Europa

Rückzug

Ralphs_Fotos (CC0), Pixabay
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EU-Ratspräsident Charles Michel hat überraschend seine Kandidatur für die bevorstehenden EU-Wahlen zurückgezogen. In einem Facebook-Beitrag am Freitagabend erklärte er, dass er „bei den Europawahlen nicht kandidieren“ werde. Dieser Schritt kommt nach seiner Ankündigung Anfang Januar, bei den Wahlen am 9. Juni die Liste der liberalen belgischen Partei Mouvement Reformateur (MR) anzuführen. Seine Entscheidung hatte damals für großes Aufsehen gesorgt und Spekulationen ausgelöst. Michel verwies nun auf „persönliche Angriffe“ als Grund für seinen Rückzug.

Michels ursprüngliche Pläne stießen auf heftige Kritik, da im Falle seiner Wahl sein Amt als EU-Ratspräsident vorzeitig aufgegeben hätte werden müssen. Gemäß den EU-Regeln hätte der Staats- oder Regierungschef des Mitgliedslandes, das zu diesem Zeitpunkt die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat, die Aufgaben von Michel bis Ende November übernommen. Zu dieser Zeit wäre es ausgerechnet der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban gewesen, der aufgrund seiner engen Beziehungen zum Kreml nach Russlands Einmarsch in die Ukraine umstritten ist.

Die Kandidatur wirft auch Fragen nach einem möglichen Interessenkonflikt auf, da Michel als Parteipolitiker in einem Wahlkampf antreten und gleichzeitig als Vorsitzender des Rates fungieren würde, der aus führenden Vertretern verschiedener politischer Gruppen besteht.

In seiner Erklärung betonte Michel, dass er sich weiterhin seinen derzeitigen Aufgaben widmen werde, bis diese abgeschlossen sind. Er bleibe ein überzeugter Verfechter eines demokratischen, starken und geeinten Europas, das seine Zukunft selbst gestaltet. Am Ende seiner Amtszeit werde er über seine zukünftigen Verpflichtungen nachdenken.

Charles Michel trat im Jahr 2019 die Nachfolge von Donald Tusk als EU-Ratspräsident an. Dieses Amt wurde vor rund 15 Jahren mit dem Vertrag von Lissabon eingeführt, um der EU mehr Sichtbarkeit zu verleihen. Der Ratspräsident ist für die Vorbereitung und Leitung der EU-Gipfeltreffen verantwortlich, bei denen sich die 27 Staats- und Regierungschefs in der Regel in Brüssel treffen.

Die Europawahlen finden vom 6. bis 9. Juni statt. Bei dieser weltweit größten länderübergreifenden Wahl wählen mehr als 400 Millionen wahlberechtigte Bürger aus 27 EU-Ländern die 720 Mitglieder des Europaparlaments für eine Amtszeit von fünf Jahren. Nach der Wahl werden auch die Führungsposten in der EU-Kommission und im EU-Rat neu besetzt.

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