Der Rückzug des sächsischen CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz aus der Bundespolitik hat eine Welle von Reaktionen ausgelöst – und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) findet klare Worte. In einem Gespräch mit der tageszeitung (taz) zeigte sie sich tief besorgt über die zunehmenden Anfeindungen, Bedrohungen und Angriffe auf Politikerinnen und Politiker. „Die Zahl dieser Vorfälle steigt in einem erschreckenden Ausmaß“, sagte Bas und betonte, dass die Situation insbesondere in Wahlkampfzeiten eskaliere.
„Ein ernstzunehmendes Warnsignal“
Mit Blick auf die Entscheidung von Wanderwitz, bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr zu kandidieren, äußerte Bas deutliche Kritik an der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung. „Es ist ein sehr ernstzunehmendes Warnsignal, wenn sich Abgeordnete aufgrund von Bedrohungen und Hass aus der Politik zurückziehen“, so die Bundestagspräsidentin. Wanderwitz hatte seinen Rückzug damit begründet, dass die Bedrohungen von rechts ein unerträgliches Maß erreicht hätten.
Bas sieht in seiner Entscheidung ein Symptom für ein tiefgreifendes Problem, das die Demokratie gefährdet: „Wenn Politikerinnen und Politiker aufgrund von Gewaltandrohungen nicht mehr frei und ohne Angst agieren können, dann steht nicht weniger als die Funktionsfähigkeit unseres demokratischen Systems auf dem Spiel.“
Die Gefahr in Wahlkampfzeiten
Bas hob hervor, dass sich Bedrohungen gerade in Wahlkampfzeiten zuspitzen. „Wenn der Ton rauer wird, fällt bei einigen die Hemmschwelle komplett“, erklärte sie. Diese Entwicklung sei nicht nur für die betroffenen Politikerinnen und Politiker belastend, sondern sende auch ein alarmierendes Signal an alle, die sich künftig für ein Mandat bewerben wollen.
„Was für ein Bild geben wir ab, wenn wir denen das Feld überlassen, die am lautesten schreien und einschüchtern?“ fragte Bas. „Demokratie lebt von Vielfalt, Meinungsfreiheit und dem Mut, Verantwortung zu übernehmen – und genau diese Grundpfeiler werden durch Hass und Bedrohungen zunehmend angegriffen.“
Ein Rückzug mit Signalwirkung
Marco Wanderwitz, der seit 2002 für die CDU im Bundestag sitzt und sich in der Vergangenheit klar gegen Rechtsextremismus positioniert hat, hatte sich in den letzten Jahren mit massiver Kritik aus rechtsextremen Kreisen konfrontiert gesehen. Er war einer der wenigen konservativen Politiker, die offen über den Einfluss rechtsextremer Strukturen in Ostdeutschland sprachen – und er bezahlte dafür mit Hass und Bedrohungen, die ihn schließlich zu seinem Rückzug bewegten.
„Es darf nicht sein, dass Menschen, die den Mut haben, klare Positionen zu vertreten, aus Angst vor Repressalien verstummen“, betonte Bas. Sie sieht den Fall Wanderwitz als Mahnung, den Schutz von Mandatsträgern zu verstärken – nicht nur durch Polizei und Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch durch gesellschaftlichen Rückhalt.
Was tun gegen die Welle des Hasses?
Bas forderte in ihrem Gespräch mit der taz mehr Einsatz auf allen Ebenen, um Hass und Hetze gegen Politikerinnen und Politiker zu bekämpfen. „Wir brauchen eine konsequente Strafverfolgung von Drohungen und Anfeindungen“, sagte sie. Gleichzeitig sei es wichtig, dass die Zivilgesellschaft klare Zeichen gegen Hass setzt.
„Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unterstützt unsere Demokratie. Diese Mehrheit muss lauter werden und deutlich machen, dass es keinen Platz für Gewalt und Einschüchterung gibt – weder im Netz noch auf der Straße“, erklärte die Bundestagspräsidentin.
Ruf nach mehr Schutz für Politiker
Bas appellierte zudem an die politischen Parteien, sich stärker um den Schutz ihrer Mitglieder zu kümmern. „Wer ein öffentliches Amt übernimmt, darf nicht alleine gelassen werden, wenn die Angriffe kommen.“ Es sei die Aufgabe aller demokratischen Kräfte, Betroffene zu unterstützen und deutlich zu machen, dass Bedrohungen und Gewalt kein legitimes Mittel des politischen Diskurses seien.
Der Fall Wanderwitz verdeutliche, dass die Spirale des Hasses gestoppt werden müsse, bevor weitere demokratische Mandatsträger dem Druck nachgeben und ihre Arbeit niederlegen. „Wenn wir nicht handeln, riskieren wir, dass die Stimme der Demokratie leiser wird“, warnte Bas.
Fazit: Demokratie braucht Mut – und Schutz
Der Rückzug von Marco Wanderwitz ist mehr als der Abschied eines einzelnen Politikers. Er ist ein Symptom für eine gefährliche Entwicklung, die nicht nur Einzelpersonen, sondern die Demokratie als Ganzes betrifft. Bärbel Bas mahnt, diese Entwicklung nicht nur ernst zu nehmen, sondern entschlossen dagegen vorzugehen.
Die Botschaft der Bundestagspräsidentin ist klar: „Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie braucht Menschen, die sie verteidigen. Und diese Menschen brauchen unseren Schutz.“ Ein Rückzug wie der von Wanderwitz dürfe keine Normalität werden – denn das wäre ein fatales Zeichen für die Zukunft unserer Gesellschaft.
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