Die sächsischen Grünen haben sich in Chemnitz zur großen Wahlanalyse versammelt – oder besser gesagt, zum kollektiven Schulterklopfen und Fingerzeigen. Nach desaströsen 5,1 % bei der letzten Wahl suchte man Erklärungen, Schuldige und vielleicht auch ein bisschen Trost. Was dabei herauskam, war ein Mix aus Selbstkritik, Kretschmer-Bashing und der Einsicht, dass man wohl ein paar Basics der Politik nochmal überdenken sollte.
Kretschmer: Der grüne Lieblingsgegner
Der Sündenbock war schnell gefunden: Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Oder wie ihn die Grünen liebevoll nennen: „oberster Wutbürger“. Marie Müser, die scheidende Co-Chefin, warf ihm vor, die Mitte preisgegeben und die Grünen in Dauerschleife kritisiert zu haben. Ganz nach dem Motto: „Warum kann dieser Kretschmer nicht einfach nett zu uns sein, während wir ihn kritisieren?“
Fraktionschefin Franziska Schubert legte noch einen drauf und fand Kretschmers Verhalten „respektlos“. Das Sahnehäubchen: Bei Kretschmers Wiederwahl im Landtag könne es aus heutiger Sicht „nur ein Nein geben“. Aus heutiger Sicht. Denn morgen könnte man vielleicht doch wieder Lust haben, mit der CDU zu kuscheln. Wer weiß?
Regierung, Opposition – oder doch beides?
Katja Meier, Noch-Justizministerin, gestand kleinlaut ein, dass die Doppelstrategie „Regierung und Opposition zugleich“ eher suboptimal war. Es ist, als hätte man versucht, beim Fußball gleichzeitig das Tor zu verteidigen und sich selbst Elfmeter reinzuhauen. Überraschung: Die Wähler fanden es nicht überzeugend.
Müser fragte sich außerdem, ob die Idee mit drei Spitzenkandidaten wirklich so genial war. Spoiler: Nein, war sie nicht. Während CDU und SPD auf die bewährte Methode „Eine Figur, die man kennt“ setzten, stellten die Grünen ein Trio auf – was offenbar eher an ein A-Cappella-Ensemble erinnerte als an eine klare Führung.
Landflucht und Social-Media-Desaster
Auch das Stadt-Land-Gefälle war Thema. In Leipzig und Dresden lief es okay, aber auf dem Land? Da kennt man die Grünen offenbar nur aus den Nachrichten – wenn überhaupt. Paul Löser, Parteichef in der Sächsischen Schweiz, forderte Hilfe aus Berlin: „Zu einem personalisierten Wahlkampf gehört es, dass A-Promis aufs Land kommen.“ Klar, denn nichts bringt Wähler näher an die Grünen als ein Blitzbesuch aus der Hauptstadt.
Die sozialen Medien? Laut Parteitag eine ziemliche Bruchlandung. Dabei wollte man „einfacher sprechen“ und „näher am Alltag der Menschen sein“. Ergebnis: kompliziert gesprochen und weit weg vom Alltag. Aber hey, der Wille zählt, oder?
Was bleibt: Hoffnung und Chaos
Inhaltlich ändern will man nichts, weil, naja, warum auch? Dass Themen wie Waffenlieferungen an die Ukraine oder Klimapolitik momentan eher schwierig beim Wähler ankommen, ist nebensächlich. Trotzdem will man „Verantwortung übernehmen“. Irgendwie. Irgendwann.
Der Parteitag war wie eine Therapiesitzung: Viele Worte, viel Emotion, aber wenig Plan. Und so bleibt am Ende die Einsicht: Manchmal reicht es nicht, sich selbst großartig zu finden – die Wähler müssen es auch glauben.
Und bis dahin? Einfach weitermachen. Vielleicht wird’s ja beim nächsten Mal besser. Vielleicht aber auch nicht. Jedenfalls ist der Humor der Grünen intakt – und das ist doch schon mal was.
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