Es ist Schließzeit. Ob Axa Immoselect, CS Euroreal oder SEB Immoinvest – offene Immobilienfonds werden zur Zeit reihenweise geschlossen.
Hintergrund der Schließung ist in aller Regel eine nicht ausreichende Liquidität des Fonds im Hinblick auf Rücknahmeverlangen von Anlegern.
Das Vermögen der Fonds steckt in nicht kurzfristig veräußerbaren Immobilien, nur 5 Prozent der Anlagesumme muss die Fondsgesellschaft an Liquidität zur Verfügung halten, um Anleger auszuzahlen, die ihre Fondsanteile zurückgeben wollten. Gibt es zu viele Anleger, die eine zu große Summe von Fondsanteilen innerhalb kurzer Zeit zurückgeben wollen, kann die Gesellschaft dies nicht aus ihrer Liquiditätsreserve bedienen und muss Immobilien veräußern. Um dies aber nicht Hals über Kopf, sondern in der gebotenen Ruhe und mit angemessenem Erlös durchführen zu können, dürfen die Fondsgesellschaften die Rücknahme der Anteile aussetzen, bis sie wieder genügend Liquidität zur Verfügung haben.
Das bedeutet, sie schließen.
Eine Schließung kann nur wenige Monate, aber auch erheblich länger dauern, maximal nach zwei Jahren müssen die Fonds wieder öffnen. Bisher konnten sich die Anleger darauf verlassen, dass nach Öffnung ihres Fonds eine Rückgabe der Anteile an die Fondsgesellschaft wieder möglich ist, ein Verlust wäre dann allenfalls in Höhe einer zwischenzeitlich vorgenommenen Wertberichtigung, etwa wegen Verkaufs einer Immobilie unterhalb des verbuchten Werts, angefallen. Alle Anleger, die kein finanzielles Problem mit dem Einfrieren ihrer Gelder hatten, die also nicht auf die tägliche Verfügbarkeit angewiesen waren, brauchten sich insoweit keine Sorgen zu machen. Diese Situation hat sich mittlerweile dramatisch geändert.
Verbraucher sind besorgt um ihre angelegten Gelder
Aufgrund der anhaltenden und großen Anzahl von Rücknahmeverlangen, insbesondere von institutionellen Anlegern, geraten immer mehr der zurzeit geschlossenen offenen Immobilienfonds in eine Notlage. Die Gesellschaften müssen damit rechnen, dass auch nach Öffnung ihre liquiden Mittel nicht ausreichen werden, um all die Anleger auszuzahlen, die Fondsanteile zurückgeben wollen. Diese Befürchtung speist sich nicht zuletzt aus der Tatsache, dass offenbar von Spekulanten gezielt Fondsanteile von geschlossenen Immobilienfonds an der Börse billig aufgekauft werden, um sie bei Öffnung sofort an die Fondsgesellschaft zurückzugeben und dann den sich – anhand der dahinterstehenden Immobilien festgelegten „echten“ – Rücknahmewert auszahlen zu lassen. Aber auch die Sorge der Anleger um ihre Ersparnisse, die Unruhe, die viele wegen der Schließung durchlebt haben, führt dazu, dass viele Anleger ihre Fondsanteile nicht mehr behalten wollen, auch wenn sie wissen, dass das Geld eigentlich durch solide Sachwerte hinterlegt und insoweit gesichert ist.
Die betroffenen Fondsgesellschaften, die die maximale Schließzeit von zwei Jahren bereits ausgereizt haben, stehen jetzt vor dem Problem, entweder zu öffnen und, sobald das verfügbare Geld ausgezahlt ist, wieder zu schließen oder sie müssen eingestehen, dass sie den Fonds auf dieser Grundlage nicht weiter betreiben können. Dann folgt die Auflösung des Fonds.
Die ersten (ehemals) offenen Immobilienfonds werden aufgelöst
Den Schritt zur Auflösung haben nun bereits die ersten Gesellschaften getan, betroffen sind die Fonds US-Grundinvest der Fondsgesellschaft Kanam und Degi Europa der Gesellschaft Aberdeen. Die Befürchtung besteht, dass weitere Fonds folgen. Für Anleger bedeutet das, dass ihre Fondsanteile in der Höhe ausgezahlt werden, der ihrem Anteil am Veräußerungserlös der Immobilien des Fonds entspricht. Pro Fondsanteil wird also ein Wert festgelegt, der sich aus der Gesamtsumme der Veräußerungserlöse für alle Immobilien des Fonds errechnet, dieser Wert wird an die Anleger gezahlt. Wie lange die Auszahlung auf sich warten lässt, ist offen. Der Degi Europa hat angekündigt, die Anleger in mehreren Tranchen, halbjährig bis 2013 endgültig zu bedienen. Die erste Auszahlung soll im Januar 2011 erfolgen.
Was können Anleger tun?
Betroffene Anleger haben mehrere Möglichkeiten:
1.Sie können abwarten, was die Fondsgesellschaft Ihnen auszahlt und hoffen, dass der Verlust nicht allzu groß ist.
2.Sie können Ihre Fondsanteile direkt über die Börse verkaufen und auf diesem Weg sofort Geld erhalten, allerdings ist an der Börse mit Verlusten bis zu 70 % zu rechnen.
3.Sie können die Varianten 1 und 2 kombinieren und so einerseits für einen Teil sofort Geld erhalten, andererseits für den restlichen Teil auf höhere Zahlung hoffen.
4.Sie können Ihre Bank wegen Falschberatung verklagen, vorausgesetzt der Fehler der Bank lässt sich nachweisen. Ein Beratungsfehler könnte etwa darin liegen, den offenen Immobilienfonds als kurzfristig und jederzeit verfügbar zu bezeichnen. Außerdem lässt sich unter Umständen der Bank der Vorwurf machen, nicht über versteckte Kosten aufgeklärt zu haben. Es kommt aber wie immer auf den Einzelfall an, und da eine Klage weitere Kosten nach sich zieht und ein Ausgang des Verfahrens unwägbar ist, sollte dieser Schritt gut überdacht werden.
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