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Schornstein eines Hauses zählt in der Regel zum Gemeinschaftseigentum

Daniel_B_photos (CC0), Pixabay
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Im Haus Waldensee* lebt eine große Eigentümergemeinschaft, die aus mehreren Familien besteht. Das Gebäude ist schon etwas älter und verfügt über einen Schornstein, der ursprünglich für die Beheizung des gesamten Hauses vorgesehen war. Heute jedoch wird der Schornstein ausschließlich von einer einzigen Familie genutzt, die darin einen Kamin betreibt. Auf den ersten Blick mag dies den Eindruck erwecken, dass der Schornstein dieser Familie gehört und somit Teil des Sondereigentums ist – also des Eigentums, das ausschließlich einem Eigentümer zusteht und nicht der Gemeinschaft. Doch der Schein trügt.

Die Frage, ob der Schornstein dem Sondereigentum oder dem Gemeinschaftseigentum zuzurechnen ist, hat weitreichende Konsequenzen. Denn sollte der Schornstein zum Sondereigentum gehören, könnte die Familie, die ihn nutzt, weitgehend eigenständig über Reparaturen, Umbauten oder die Nutzung entscheiden. Gehört der Schornstein hingegen zum Gemeinschaftseigentum, bräuchte jede Entscheidung, die ihn betrifft, die Zustimmung der gesamten Eigentümergemeinschaft. Diese Frage wurde schließlich vor dem Landgericht Berlin II geklärt – mit einem klaren und eindeutigen Urteil.

Urteil: Schornstein ist Gemeinschaftseigentum

Das Gericht stellte unmissverständlich fest, dass der Schornstein eines Mehrfamilienhauses zum Gemeinschaftseigentum gehört – unabhängig davon, ob er von einer oder mehreren Parteien genutzt wird. In der Urteilsbegründung hoben die Richter hervor:

„Schornsteine gehören zu den baulichen Bestandteilen eines Gebäudes, die für die Sicherheit und Funktionstüchtigkeit des Hauses insgesamt erforderlich sind. Als wesentlicher Bestandteil der Haustechnik sind sie daher zwingend dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen.“

Das bedeutet, dass Schornsteine nicht in das Sondereigentum übergehen können, auch wenn sie nur einem einzelnen Wohneigentum zugutekommen. Diese Regelung dient dazu, die strukturelle Sicherheit und Einheitlichkeit des Gebäudes zu gewährleisten. Schließlich kann ein Schornstein – selbst wenn er aktuell nur von einer Familie genutzt wird – potenziell für alle Bewohner von Bedeutung sein, beispielsweise für den Brandschutz oder die allgemeine Gebäudestabilität.

Auswirkungen auf die Eigentümergemeinschaft

Für die betroffene Familie im Haus Waldensee, die den Schornstein allein nutzt, bedeutet das Urteil, dass sie nicht eigenständig über dessen Nutzung oder notwendige Arbeiten am Schornstein entscheiden kann. Soll der Schornstein etwa modernisiert oder repariert werden, müssen alle Eigentümer in der Gemeinschaft in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Auch die Kosten für Instandhaltungen oder eventuelle bauliche Veränderungen können nicht allein der nutzenden Familie auferlegt werden, sondern sind von der gesamten Eigentümergemeinschaft zu tragen – natürlich nach den üblichen Regeln der Kostenverteilung.

Diese Entscheidung stellt sicher, dass keine Eigentümerpartei einseitige Vorteile oder Lasten trägt, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Auch wenn die Familie den Schornstein derzeit allein nutzt, bleibt er ein wesentlicher Teil des Gebäudes, das allen gehört. Veränderungen oder Instandsetzungen, die den Schornstein betreffen, könnten schließlich auch indirekt Auswirkungen auf die anderen Parteien haben, etwa wenn der Schornstein ein Sicherheitsrisiko darstellt oder bei einer Sanierung des Daches betroffen ist.

Der Schornstein als Teil der Haustechnik

Das Urteil verdeutlicht einen Grundsatz, der für viele Eigentümergemeinschaften von Bedeutung ist: Bauliche Bestandteile, die zur grundlegenden Funktionstüchtigkeit eines Gebäudes gehören, sind in der Regel dem Gemeinschaftseigentum zuzuordnen – unabhängig davon, wer sie nutzt. Dazu zählen neben Schornsteinen auch Treppenhäuser, Dächer, tragende Wände, Abwasserleitungen und andere zentrale Gebäudeteile. Diese Bestandteile dienen der Sicherheit und dem Erhalt des Hauses als Ganzes und dürfen nicht in das Sondereigentum überführt werden.

Auch wenn der Schornstein heute nur noch von einer Partei verwendet wird, kann seine Bedeutung für das Gebäude insgesamt nicht ignoriert werden. Er könnte in Zukunft wieder eine Rolle für andere Teile des Hauses spielen – beispielsweise wenn ein anderer Eigentümer ebenfalls eine Heizanlage oder einen Kamin anschließen möchte. Dies verdeutlicht, warum solche baulichen Elemente als Gemeinschaftseigentum behandelt werden müssen.

Fazit: Ein gemeinsamer Besitz, auch wenn nur einer ihn nutzt

Das Urteil des Landgerichts Berlin II stellt klar, dass selbst dann, wenn ein Schornstein ausschließlich von einer Familie genutzt wird, dieser zum Gemeinschaftseigentum gehört. Die zentrale Bedeutung des Schornsteins für das Gebäude als Ganzes – sei es in Bezug auf die Sicherheit, den Brandschutz oder die Funktionalität – macht ihn zu einem wesentlichen Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzes. Entscheidungen über den Schornstein müssen daher immer im Konsens der gesamten Eigentümergemeinschaft getroffen werden. Dies dient dem Schutz aller Eigentümer und dem Erhalt der strukturellen Integrität des Gebäudes.

Für die Eigentümergemeinschaft im Haus Waldensee bedeutet dies, dass sie gemeinsam Verantwortung für den Schornstein tragen – sowohl in rechtlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Entscheidungen über Reparaturen, Umbauten oder Modernisierungen dürfen nicht ohne die Zustimmung der anderen Eigentümer getroffen werden.

Urteil des Landgerichts Berlin II (Az. 85 S 52/23)

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