Mit Urteil vom 23. Juni 2016 hat der BGH (III ZA 308/15) entschieden, dass die Pflicht eines Anlagevermittlers und auch Anlageberaters besteht, über den Erhalt einer Innenprovision von mehr als 15 % aufzuklären.
Im konkreten Fall hatte der klagende Käufer auf Empfehlung des für eine beklagte Vertriebsgesellschaft tätigen Vertriebsmitarbeiters eine Eigentumswohnung in Höhe von damals 97.020 DM vollständig kreditfinanziert. Nachdem die Mieteinnahmen nicht die prognostizierte Höhe erreichten, geriet der Kläger mit der Rückzahlung des Darlehens in Rückstand, so dass die finanzierende Bank den Kredit gekündigt hat. Die Zwangsversteigerung der Wohnung erbrachte lediglich einen Erlös von 7.000 €.
Der Kläger nahm die Gesellschaft, welche die Anlage vermittelt hat, auf Schadensersatz in Anspruch. Er begründete dies damit, dass der für die Beklagte tätige Vertriebsmitarbeiter seine Aufklärungspflichten verletzt habe, insbesondere über eine Provision in Höhe von 20 % für die Vermittlung der streitgegenständlichen Wohnung nicht aufgeklärt habe. Die Provision wurde als Innenprovision bezahlt, d. h. war also im Anlagebetrag versteckt. Beim Bundesgerichtshof hatte der Kläger mit seiner Argumentation Erfolg. Das Gericht führt in den Urteilsgründen aus:
- Nach ständiger Rechtsprechung habe ein nicht bankgebundener Anlagevermittler oder Anlageberater den Erwerber einer vermittelten Anlage unaufgefordert über Vertriebsprovisionen aufzuklären, wenn diese 15 % des von dem Anleger aufzubringenden Kapitals überschreitet.
- Diese Rechtsprechung gilt unabhängig davon welche Kapitalanlage vermittelt wird. Sie gilt auch für die Vermittlung von Kapitalanlagen in Form einer Eigentumswohnung. Auch bei einer Eigentumswohnung lasse eine Vertriebsprovision von über 15 % auf eine geringe Werthaltigkeit schließen, weshalb die Gewährung einer derartigen Provision einen für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstand darstellt, über den aufgeklärt werden muss.
- Die Pflichten eines Anlagevermittlers oder -beraters aus dem Vertragsverhältnis mit dem Anleger würden sich grundsätzlich von den Pflichten eines Verkäufers gegenüber dem Käufer unterscheiden. Anlagevermittler und Anlageberater sind nicht Vertragspartner des Kaufvertrages. Die ihnen obliegenden Aufklärungspflichten ergeben sich daher nicht als Nebenpflichten aus dem Kaufvertrag oder einem zusätzlich zwischen den Parteien bestehenden Beratungsvertrag. Die Aufklärungspflichten ergeben sich vielmehr aus dem selbständig zwischen dem Anlageberater bzw. -vermittler und dem Anleger bestehenden Vertragsverhältnis, woraus diese dem Anleger eine richtige und vollständige Information über diejenigen tatsächlichen Umstände schulden, die für dessen Anlageentscheidung von Bedeutung sind. Daher ist der Anlageberater und –vermittler zur Aufklärung verpflichtet, nicht aber ein Verkäufer, soweit dieser wie im Regelfall nicht auf der Grundlage eines Prospektes vertreibt.
- Für das Bestehen der Aufklärungspflicht des Anlageberaters oder – vermittlers kommt es nicht darauf an, ob die Anlage mittels eines Prospektes vertrieben wird. Der Anlageberater bzw. -vermittler kann sich zur Erfüllung seiner Informationspflichten eines Prospektes bedienen, muss dies aber nicht.
Der nicht bankgebundene Anlageberater und Vermittler ist daher verpflichtet, über den Erhalt einer Innenprovision von mehr als 15 % beim Vertrieb einer Kapitalanlage – auch einer Eigentumswohnung – aufzuklären. Andernfalls macht er sich schadensersatzpflichtig.
Quelle:Rechtsanwalt Brender und Hülsmeier Frankfurt
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