Die Wirtschaftswoche beschäftigt sich in einem exemplarischen Artikel ausführlich mit den Vorgängen rund um den Schrottrecycler Scholz AG, hier insbesondere die dortig begebene Anleihe. Geradezu als Paradebeispiel für die trickreiche Aushebelung der Ansprüche von Inhabern unbesicherter Anleihen könne die Vorgehensweise des Unternehmens gelten.
Die Firma war in den vergangenen Jahren in finanzielle Schwierigkeiten geraten und hatte infolge nach Auswegen zur Umgehung bestehender Zahlungsverpflichtungen gesucht, wie die Wirtschaftswoche in einiger Ausführlichkeit beschreibt. Während der im März fällige Kupon für die Anleihe kurzerhand gestundet werden sollte, sei allerdings für kostspielige Engagements einschlägiger Beratungsunternehmen offensichtlich noch genügend Liquidität dagewesen. Zunächst hätten die Herren Wirtschaftsprüfer von KPMG im vergangenen Herbst ein Konzept zur Restrukturierung erstellt, daraufhin durften die Spezialisten von PWC begutachten, wieviel die Scholz AG eigentlich überhaupt noch wert sei. Anschließend ließ Scholz die Profis von Deloitte an die Sache: Aufgabe war hier, die Expertisen von KPMG und PWC zu prüfen.
Am 15. Januar erfuhren nun die überraschten Anleihehalter, dass ein Wiener Gericht für die nach österreichischem Recht aufgelegte Anleihe eine Kuratorin bestimmt hatte sowie am Tag zuvor Geschäftsführung sowie Firmensitz der Scholz AG nach London verlegt worden war. Einem Bericht der erfahrenen Anwältin und Kuratorin Ulla Reisch zufolge hätten die Manager der Scholz AG ihr gegenüber die Verlegung des Unternehmenssitzes mit der Sorge vor den haftungsrechtlichen Folgen einer im Raume stehenden Insolvenzverschleppung begründet. Die Verpflichtung zur „rechtzeitigen Insolvenzantragstellung“ sei nach englischem Recht „weniger streng“, solange es Aussicht auf erfolgreiche Restrukturierung „finanzieller Verpflichtungen“ gebe, könne anstelle eines Insolvenzantrages beispielhaft das sogenannte „Scheme of Arrangement“ zum Einsatz kommen.
Bei dieser offensichtlich in England üblichen Vorgehensweise wird es nach gerichtlicher Zustimmung großen Kreditgebern freigestellt, kleinere zu überstimmen. In der Vergangenheit weidlich ausgenutzt haben dies augenscheinlich Firmen wie ATU, Deutsche Annington, Telecolumbus, Primacom und Rodenstock, wie die Wirtschaftswoche weiter ausführt, und sich dabei elegant ihrer Verbindlichkeiten entledigt. Teilweise hunderte von Millionen Euro waren hier zuvor eingesammelt worden, überwiegend vom sprichwörtlichen Kleinanleger, der hinterher, wenn er besonderes Glück hatte, noch mit ein paar Unternehmensanteilen abgespeist wurde.
Wenn allerdings die ganze Sache, wie die Wirtschaftswoche weiter schildert, gar noch mit einer tatsächlichen und vollendeten Insolvenz einhergeht, kommt aus Anlegersicht ein weiteres Schmankerl ins Spiel: „Pre-Pack“ heißt die Prozedur, und dann werden sämtliche werthaltigen Teile des Unternehmens an eine neue Gesellschaft verkauft, welche von den großen Gläubigern kontrolliert wird, die auf besicherten Krediten sitzen. In diesem Falle geht es nicht nur ums „Ausnehmen der Weihnachtsgans“, sondern dann wird der geschätzte Investor von den sprichwörtlichen Heuschrecken, den Großbanken und Hedgefonds darüber hinaus auch gleich noch filetiert und komplett ausgebeint. Dies garstige Schauspiel scheinen die Märkte jedenfalls für die Anleihe der Scholz AG zu erahnen: das Papier wird für wenige Prozent der Nominale gehandelt, gutgläubige Investoren können also auf eine rechnerische Traumrendite im vierstelligen Bereich hoffen.
Rectsanwalt Wittmnann Nürnberg
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