Niedersachsens LKA-Vizepräsident Gründel: „Mit dem gestrigen Einsatz ist es gelungen, die Struktur einer international agieren Tätergruppierung zu zerschlagen, die aus der Region Hannover heraus Rauschgift über mehrere Kontinente vertrieben hat. Das zeigt: Polizeiarbeit macht an Grenzen nicht halt. Die jahrelangen guten Beziehungen des LKA zu internationalen Partnern sowie die beharrliche und akribische Ermittlungsarbeit haben dem organisierten Verbrechen einen schweren Schlag versetzt.“
Dem Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen ist am Mittwoch (20.04.22) unter Führung der Staatsanwaltschaft (StA) Hannover gemeinsam mit anderen Sicherheitsbehörden ein Schlag gegen den international organisierten Rauschgifthandel gelungen. Vorausgegangen waren akribische und ausdauernde Ermittlungen der „Gemeinsamen Ermittlunsgruppe Rauschgift (GER)“, bestehend aus Ermittlerinnen und Ermittlern des LKA Niedersachsens und des Zollfahndungsamtes (ZFA) Hannover. Bei dem groß angelegten Polizeieinsatz wurden in Wohn- und Geschäftsobjekten in der Region Hannover, in Celle, Walsrode, Visselhövede, Liebenburg, Sarstedt, Wolfsburg, Meinersen und Achim sowie in den Bundesländern Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen 35 Durchsuchungsbeschlüsse sowie elf Haftbefehle vollstreckt.
Zudem stellten die Beamten zahlreiche Beweismittel sicher. Darunter befanden sich neben schriftlichen Unterlagen, digitale Beweisträger, kleinere Mengen Cannabis, eine Schusswaffe und auch Vermögenswerte in einer Höhe von 1.500.000 Euro. Zu den Vermögenswerten zählen Bargeld, zwei Pkw (Audi A5 & VW Golf), ein Motorrad (Harley-Davidson), hochwertige Uhren, eine Immobilie und diverse Bankkonten.
Zeitgleich schlugen die Ermittlerinnen und Ermittler in Belgien, den Niederlanden und aufgrund der Zeitverschiebung später auch in Paraguay zu.
Die Ergebnisse aus Belgien:
Die belgischen Beamtinnen und Beamten haben bei ihren Durchsuchungs- und Fahndungsmaßnahmen fünf Personen festgenommen. Diese sollten gestern noch dem Haftrichter vorgeführt werden.
Die Ergebnisse aus den Niederlanden:
Bislang wurden durch die niederländischen Behörden bei Durchsuchungs- und Fahndungsmaßnahmen drei Beschuldigte, zwei von ihnen wurden mit internationalem Haftbefehl gesucht, vorläufig festgenommen. Darüber hinaus konnten sie vier Wohnungen, einen Pkw (Audi Q7) und rund 4.000.000 Euro beschlagnahmen. Außerdem wurden zahlreiche Beweismittel, darunter Dokumente und Datenträger, sichergestellt.
Die Ergebnisse aus Paraguay:
Unter Sachleitung der Spezialabteilung zur Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft hat die SENAD (Secretaria Nacional Antidrogas) gestern in der Region Asuncion insgesamt sechs Objekte, darunter Firmen- und Geschäftsräume sowie Wohnungen, durchsucht und umfangreiche Beweismittel erhoben, welche die Bereitstellung und die Ausfuhr des Kokains durch die Gruppierung belegen. Die umfangreichen Ermittlungen hierzu dauern aktuell an. Durch die professionelle internationale Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der beteiligten Länder ist es gelungen, die verantwortlichen Personen zu ermitteln und die Gruppierung zu zerschlagen.
Den aktuell 14 Beschuldigten aus Deutschland, von denen elf gestern festgenommen wurden, wird vorgeworfen, in wechselnder Beteiligung Betäubungsmittel im Tonnenbereich in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt zu haben. Die Beschuldigten unterschiedlicher Nationalitäten im Alter von 26 bis 57 Jahren haben zu großen Teilen bereits erhebliche Vorerkenntnisse in diesem Deliktbereich und teilweise schon längere Haftstrafen verbüßt.
Die international agierende Tätergruppierung war in Teilen bereits 2020 im Zusammenhang mit einem vorhergehenden Ermittlungskomplex in den Fokus der GER gerückt, der in Durchsuchungen und Festnahmen im März 2021 mündete. (Siehe auch, Link https://www.lka.polizei-nds.de/a/presse/pressemeldungen/internationaler-rauschgifthandel–20-festnahmen-115374.html vom 04.03.21). Danach organisierten sich die Täter aus der alten Struktur neu, vernetzten sich international und schufen neue Vertriebswege, die über mehrere Kontinente führten.
Nach einem Hinweis der europäischen Polizeibehörde Europol zu einer möglichen Nutzung eines kryptierten Messenger-Dienstes zur Planung und Durchführung der Einfuhr von Betäubungsmitteln konnten Rauschgiftermittlerinnen und -ermittler in Hannover, den Niederlanden und Belgien die zunächst anonym agierenden Täter nach und nach identifizieren und die Ermittlungen fokussieren.
Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Gruppierung grenzübergreifend agierte und Betäubungsmittel in einem erheblichen Umfang verschob. Über Länder Süd- und Mittelamerikas wurde Kokain in Containern im Bereich von mehreren Tonnen in Richtung Europa verschifft. Die Täterinnen und Täter tarnten die Drogen mithilfe von Waren. So nutzen sie unter anderem Spachtelmasse, Bananen und Kaffeelieferungen für die Drogenverschleierung.
Im Hintergrund wurde ein Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen, eine Logistik bestehend aus Lagerhallen und Transportunternehmen sowie eine personelle Arbeitsstruktur aufgebaut.
„Das organisierte Verbrechen, insbesondere der Rauschgifthandel, stellt die Strafverfolgungsbehörden vor eine besondere Herausforderung. Diese Herausforderung nehmen wir an, um die international vernetzten Täter der Strafverfolgung zuzuführen“, sagt der Erste Staatsanwalt Oliver Eisenhauer von der Staatsanwaltschaft Hannover.
Zugute kam den Ermittlerinnen und Ermittlern, dass das LKA bereits seit Jahren gute internationale Beziehungen bei der Bekämpfung von Kriminalität pflegt. „Nicht nur Kriminelle sind gut vernetzt, auch die Polizeiarbeit macht nicht halt an Grenzen von Bundesländern, Ländern oder Kontinenten“, sagt LKA-Vizepräsident Gründel.
Die Ermittlerinnen und Ermittler der GER konnten im Zuge des Verfahrens auch einen 16-Tonnen-Kokainfund und der damit einhergehenden Beschlagnahme durch das Zollfahndungsamt Hamburg aufklären und es diesem Täterkreis zuordnen. Der Tätergruppierung aus dem Großraum Hannover können derzeit Kokaintransporte in einer Größenordnung von insgesamt mehr als 23 Tonnen zugeordnet werden, die diese in die Europäische Union eingeführt haben soll.
Bereits Mitte März 2022 wurden operative Maßnahmen durch die spanische Nationalpolizei umgesetzt, nachdem kurzfristige Erkenntnisse über eine Kokainlieferung erlangt werden konnten. In diesem Zuge konnte ein 43-jähriger Täter, der ursprünglich aus dem Raum Hannover stammt, und zwei weitere Komplizen festgenommen werden. Gegen sie lagen bereits europäische Haftbefehle vor. Die spanische Nationalpolizei konnte zusammen mit Beamten der GER mehrere hundert Kilogramm Kokain sowie 500.000 Euro Bargeld beschlagnahmen.
„Uns ist nicht nur ein empfindlicher Schlag gegen den internationalen Rauschgifthandel gelungen, sondern insbesondere, die Struktur der Organisation zu zerschlagen“, sagt Gründel. „Die Festnahmen betreffen nicht die „kleinen Fische“, sondern die Köpfe der Organisation.“
Darüber hinaus ist es heute in den frühen Morgenstunden gelungen, mithilfe der Dubai Police und Federal DEA in Dubai, den Hauptakteur der Organisation festzunehmen. Er befindet derzeit im Gewahrsam der Dubai Police. Ein Auslieferungsverfahren wird derzeit über die Staatsanwaltschaft Hannover angestrengt. Bei dem Hauptbeschuldigten handelt es sich um einen 39-jährigen gebürtigen Hannoveraner, der sich nach Dubai abgesetzt hatte.
Bei dem gestrigen Einsatz waren mehr als 600 Einsatzkräfte vom LKA Niedersachen, darunter auch Spezialeinheiten, des ZFA Hannover sowie Hamburg, der Zentralen Polizeidirektion Niedersachsen und weitere Polizeidirektionen beteiligt.
Kommentar hinterlassen