Die heute von der EU-Kommission in Brüssel vorgestellte Sommerwirtschaftsprognose zeigt eine düstere Perspektive für den Euro-Raum und die EU. Die gesenkten Wachstumsprognosen für 2023 und 2024 werfen ernste Fragen über die Gesundheit der europäischen Wirtschaft und die Wirksamkeit der bisherigen politischen Maßnahmen auf.
Vor wenigen Monaten sahen die Aussichten noch rosiger aus. Die Prognosen wurden von 1,0 auf 0,8 Prozent für dieses Jahr und von 1,7 auf 1,4 Prozent für 2024 herabgesetzt. Diese Reduzierungen mögen marginal erscheinen, doch sie sind ein deutliches Zeichen für eine wachsende Wirtschaftsträgheit, die sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich fortsetzen wird.
Die Inflation, die in vielen Teilen Europas bereits für eine finanzielle Belastung der Haushalte gesorgt hat, wird zwar voraussichtlich zurückgehen, aber das kann kaum als Erfolg gefeiert werden. Die EU-Kommission führt die sinkende Inflation auf fallende Energiepreise und nachlassenden Druck bei Nahrungsmitteln und Industriegütern zurück. Diese Faktoren sind jedoch kaum beeinflussbar und bieten keine langfristige Lösung für die strukturellen Probleme der EU-Wirtschaft.
Auch die schwächere Binnennachfrage wegen steigender Verbraucherpreise ist alarmierend. Sie deutet darauf hin, dass die Kaufkraft der Bürger schwindet, was in der Regel die Wirtschaft weiter abkühlt. Wenn die Menschen weniger Geld für Konsum haben, dann wird das unweigerlich auch die Unternehmensgewinne und damit Investitionen und Arbeitsplätze beeinträchtigen.
Die EU-Kommission spricht von einer anhaltenden Schwäche in der Industrie und einer nachlassenden Dynamik im Dienstleistungssektor. Das sind besorgniserregende Trends, die auch durch eine starke Tourismussaison nicht ausgeglichen werden können.
Vor diesem Hintergrund steht die Europäische Zentralbank (EZB) vor einer Zwickmühle. Wie kann sie die Wirtschaft stimulieren, ohne die Inflation weiter anzufachen? Die bisherigen Maßnahmen scheinen jedenfalls nicht zu fruchten, und es ist an der Zeit, ernsthaft über Alternativen nachzudenken.
Insgesamt zeigt die jüngste Wirtschaftsprognose der EU, dass die europäischen Entscheidungsträger noch viel Arbeit vor sich haben. Es geht nicht nur um die Stabilisierung der Wirtschaft im Hier und Jetzt, sondern auch um die Gestaltung einer robusten, nachhaltigen und inklusiven Wirtschaft für die Zukunft. Und dabei sind wir, wie die Zahlen deutlich machen, noch weit entfernt.
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