Was wie ein Drehbuch für eine Polit-Komödie klingt, entpuppt sich in den USA derzeit als einer der schwerwiegendsten Sicherheitsvorfälle seit Jahren: Hochrangige Mitglieder der Trump-Regierung haben über die verschlüsselte Messaging-App Signal militärische Angriffspläne gegen die Huthis im Jemen ausgetauscht – und dabei versehentlich einen Journalisten eingeladen.
Der investigative Chefredakteur des Magazins The Atlantic, Jeffrey Goldberg, fand sich – nach eigenen Angaben überraschend – in einer Chatgruppe mit Verteidigungsminister Pete Hegseth, Vizepräsident JD Vance, CIA-Direktor John Ratcliffe, Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard und weiteren Top-Beamten wieder. Dort diskutierte man unter dem Titel „Houthi PC Small Group“ offen über geplante US-Luftangriffe.
„Ich dachte erst, das sei ein Witz. Dann fielen die Bomben“, schrieb Goldberg in seinem Bericht.
Minutengenaue Angriffsdetails geteilt – mit Reporter in der Leitung
Am 15. März – nur rund 30 Minuten vor Beginn der Operation – schickte Verteidigungsminister Hegseth detaillierte Informationen über Startzeiten von Kampfjets (F-18), Drohnenangriffe (MQ-9) und den Einsatz von Tomahawk-Raketen. Dazu schrieb er:
„Wetter ist günstig. CENTCOM hat bestätigt – wir sind bereit zum Start.“
Die Screenshots belegen zudem, dass Hegseth selbst nach Beginn der Operation weiter Echtzeit-Updates gab, darunter Meldungen wie „Zielgebäude eingestürzt“ oder „Treffer auf Raketenspezialisten bestätigt“.
Vizepräsident Vance meldete sich ebenfalls zu Wort:
„Ich bete für den Sieg.“
Trump-Team unter Druck – Kongress verlangt Antworten
Die Trump-Regierung versucht den Vorfall herunterzuspielen. Der Kommunikationsfehler sei peinlich, aber nicht sicherheitsrelevant, betonen Präsident Trump und sein Beraterteam. Die veröffentlichten Nachrichten seien keine „Kriegspläne“, sondern lediglich „Angriffspläne“.
Doch das sehen Sicherheitsexperten und demokratische Kongressabgeordnete anders. Senator Mark Warner (Virginia) forderte in einer Anhörung:
„Wenn diese Informationen nicht klassifiziert waren – dann geben Sie uns die Texte!“
Senator Jon Ossoff (Georgia) sprach von einem „Verstoß gegen das Spionagegesetz“ und kündigte eine umfassende Untersuchung an. Besonders pikant: Einige der Beteiligten hatten in der Vergangenheit lautstark Hillary Clinton für ihre E-Mail-Nutzung kritisiert – und geraten nun selbst in Verdacht, vertrauliche Informationen über eine unsichere Plattform geteilt zu haben.
Wie sicher ist Signal – und wie konnte das passieren?
Signal gilt zwar als eine der sichersten Messaging-Apps für die Öffentlichkeit – für Regierungszwecke ist sie aber nicht zugelassen. Laut Sicherheitsexperten reicht der Zugriff auf ein einziges kompromittiertes Gerät, um den gesamten Gruppenchat auszulesen – ein potenzielles Einfallstor für russische oder chinesische Geheimdienste.
Noch gravierender: Ein Mitglied der Chatgruppe, Steve Witkoff, ein Trump-Vertrauter und Immobilienmilliardär, befand sich zeitgleich zu Gesprächen mit Wladimir Putin in Moskau, während die Gruppe live über die US-Operation im Jemen diskutierte.
Wer trägt die Verantwortung?
Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz erklärte am Dienstagabend im Interview mit Fox News:
„Ich übernehme die volle Verantwortung. Ich habe die Gruppe erstellt. Es ist peinlich.“
Er sei sich nicht bewusst gewesen, dass er Jeffrey Goldberg eingeladen hatte – dieser sei über eine normale Signal-Anfrage zur Gruppe hinzugefügt worden. Doch laut Goldberg blieb er tagelang in der Gruppe – niemand bemerkte seine Anwesenheit.
Verteidigungsminister Hegseth, der die brisantesten Informationen teilte, schwieg bislang zu konkreten Fragen nach einer möglichen Klassifizierung. CIA-Chef Ratcliffe und Geheimdienstchefin Gabbard erklärten vor dem Kongress, sie seien mit der geltenden Kommunikationsrichtlinie des Verteidigungsministeriums „nicht vertraut“.
Fazit: Ein Gruppenchat als nationale Sicherheitslücke
Die SignalGate-Affäre bringt Trump und sein Kabinett weiter in Erklärungsnot. Während der Präsident die Operation im Jemen als militärischen Erfolg feiert, werfen Kritiker seiner Regierung „fahrlässigen Umgang mit Geheimnissen“, „Missachtung von Sicherheitsprotokollen“ und „verheerende Inkompetenz“ vor.
Senator Michael Bennet brachte es auf den Punkt:
„Dieser Vorfall ist nicht nur peinlich – er ist gefährlich. Und er zeigt ein beispielloses Maß an Respektlosigkeit gegenüber unseren Sicherheitsinstitutionen.“
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