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Skandal in Polen

jorono (CC0), Pixabay
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Der Tod einer schwangeren Frau während einer Krankenhausbehandlung in Polen hat die Debatte über das strenge Abtreibungsrecht in dem Land erneut entfacht. „Jede Frau in Polen hat das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch, wenn ihre Gesundheit oder ihr Leben in Gefahr ist“, erklärte Gesundheitsminister Adam Niedzielski heute in Warschau. Frauenorganisationen haben für Mittwoch zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen.

Der Anlass für den Protest ist der Tod einer 33-jährigen Schwangeren in einem Krankenhaus in Nowy Targ, im Süden Polens. Die Frau starb am 24. Mai an einer Sepsis. Drei Tage zuvor wurde sie in der 20. Schwangerschaftswoche in die Klinik eingeliefert, nachdem ihr Fruchtwasser ausgelaufen war. Schwere Vorwürfe gegen Ärzte

Der Ehemann der Frau berichtete der „Gazeta Wyborcza“, dass das Krankenhauspersonal seiner Frau gesagt habe, sie solle mit angehobenen Beinen ruhig liegen, da sich dadurch wieder Fruchtwasser bilden würde. Obwohl sich der Zustand der Schwangeren kontinuierlich verschlechterte, sie über Kopfschmerzen klagte und sich übergeben musste, blieben die Ärzte untätig.

„Ich erfuhr nicht, dass es möglich gewesen wäre, eine Abtreibung durchzuführen und Dorota zu retten, da die Überlebenschancen des Babys gering bis nicht vorhanden waren“, sagte ihr Ehemann Marcin der Zeitung.

Frauenorganisationen erheben schwere Vorwürfe gegen die behandelnden Ärzte. Sie sollen aufgrund der strengen Abtreibungsgesetze in Polen nicht den Mut gehabt haben, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu retten. Patientenbeauftragter: Mehrere Rechte wurden ignoriert

Bartlomiej Chmielowiec, der Patientenbeauftragte Polens, erklärte, dass das Krankenhauspersonal mehrere Rechte der Patientin ignoriert habe, darunter das Recht auf Informationen über ihren Gesundheitszustand und das Recht auf Zugang zu aktuellem medizinischem Wissen.

Im Jahr 2021 trat in Polen nach einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts ein verschärftes Abtreibungsgesetz in Kraft. Seitdem ist es Frauen auch dann nicht erlaubt, eine Abtreibung vorzunehmen, wenn der Embryo schwere Fehlbildungen aufweist.

1 Komment

  • Was immer wieder untergeht ist die Tatsache, daß Abtreibung in Polen durchaus erlaubt ist wenn aus medizinischer Sicht das Leben der Mutter gefährdet ist oder nach einer nachgewiesenen Vergewaltigung.
    Im diesem berichteten Fall (auch in der polnische Presse) war das Leben der Mutter definitiv durch Sepsis in Gefahr und eine Abtreibung wäre nach geltendem Recht zulässig gewesen. Wenn ich das als in Polen lebender Deutscher begriffen habe muss ich davon ausgehen, dass auch polnische Mediziner das verstehen. Kann es sein, daß gewisse polnische Ärzte oder Klinikleitungen die falsche Literatur lesen oder rechtlich nicht ordentlich informiert sind? In vielen (auch polnischen) Artikeln werden die Tatsachen und die rechtliche Situation unvollständig widergegeben.

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