Laut einer gemeinsamen Recherche israelischer Medien und dem britischen „Guardian“ soll Israel seit Jahren den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ausspioniert und Telefonate abgehört haben. Israel wies die Vorwürfe zurück.

Die Enthüllungen kamen kurz nach der Entscheidung des IStGH-Chefanklägers Karim Khan, Haftbefehle gegen die Führungsriege der Hamas und hochrangige israelische Politiker, einschließlich Regierungschef Benjamin Netanjahu, zu beantragen. Der „Guardian“ berichtete, dass Netanjahu von der langjährigen Abhöraktion „besessen“ gewesen sei und regelmäßig informiert wurde.

Die Überwachungsaktionen betrafen den israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet, den Militärgeheimdienst und die Cyberabteilung Einheit 8200. Abgehörte Informationen wurden an das Justiz- und Außenministerium weitergeleitet. Beim IStGH war man seit Jahren von Überwachungen durch feindliche Geheimdienste bewusst und ergriff ständig neue Sicherheitsmaßnahmen.

Die israelische Regierung, einschließlich des Militärs, bestritt jegliche Beteiligung an solchen Operationen. Den Medien zufolge begann die Überwachungsaktion bereits 2015, nachdem die Palästinensische Autonomiebehörde Mitglied des Strafgerichtshofs wurde, wodurch der IStGH mutmaßliche Kriegsverbrechen im israelisch-palästinensischen Konflikt verfolgen konnte.

Netanjahus Büro war direkt in die Überwachung involviert und gab detaillierte Anweisungen, wer überwacht werden sollte. Die Überwachung begann unter Khans Vorgängerin, Fatou Bensouda, die 2015 eine Prüfung der „Lage in Palästina“ einleitete. Die Geheimdienstoperationen wurden als „Krieg“ gegen den IStGH bezeichnet, um drohende Verfahren proaktiv abzuwehren.

Parallel dazu fanden 2017–2019 Geheimgespräche zwischen IStGH-Vertretern und der israelischen Regierung statt. Die gewonnenen Überwachungsinformationen wurden genutzt, um sich auf diese Gespräche vorzubereiten. Israel setzte diplomatischen Druck auf Bensouda aus, unter anderem durch den Mossad-Chef Jossi Cohen.