Sicherungsmaßnahmen

Staatsanwaltschaft Bielefeld

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Staatsanwaltschaft Bielefeld

676 Js 119/​19

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld führt unter dem Aktenzeichen 676 Js 119/​19 ein Strafvollstreckungsverfahren gegen Haci Dolgun-Jungmann, der durch Urteil des Amtsgerichts Gütersloh (3 Ds-676 Js 119/​19-951/​19) vom 10.03.2021 wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt wurde.

Nach den vom Gericht getroffenen Feststellungen ist den Geschädigten aus den von dem Verurteilten begangenen Straftaten ein Anspruch auf Wertersatz dessen entstanden, was der Verurteilte zu Unrecht erlangt hat.

Um dem Verurteilten das aus der Straftat zu Unrecht Erlangte wieder zu entziehen, hat das Amtsgericht Gütersloh die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 3.562,00 Euro angeordnet.

Die Entscheidung ist rechtskräftig seit dem 18.03.2021.

Gemäß § 459i Absatz 1 und Absatz 2 in Verbindung mit § 111 l Absatz 4 Strafprozessordnung (StPO) erfolgt hiermit die Benachrichtigung über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung.

Der Tat lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Verurteilte und wenigstens ein weiterer unbekannter Mittäter boten auf dem Internetportal „ebay-Kleinanzeigen“ Verkaufsangebote über Waren an, die nach Erhalt des Kaufpreises nicht an die jeweiligen Käufer geliefert wurden.

Es kam zu folgenden Taten:

1.

Am 24.04.2018 verkaufte er ein Campognolo Record 9fach, woraufhin er 270,00 Euro erhielt.

2.

Der Verurteilte verkaufte ein antikes Fernglas für 180,00 Euro.

3.

Der Verurteilte verkaufte am 25.04.2018 ein Eisernes Kreuz 1. Weltkrieg für 257,00 Euro.

4.

Am 25.04.2018 verkaufte er eine Campagnolo Gruppe für 270,00 Euro.

5.

Am 25.04.2018 verkaufte er ein Carl Zeiss Jagdglas 7 ½ für 290,00 Euro.

6.

Am 25.04.2018 verkaufte er ein Eisernes Kreuz 1916, 1. Weltkrieg für 320,00 Euro.

7.

Am 25.04.2018 verkaufte er eine Shimano XTR-Schaltgruppe für 330,00 Euro.

8.

Am 25.04.2018 verkaufte er eine Campagnolo Gruppe und Record Bremsen für 480,00 Euro.

9.

Am 26.04.2018 verkaufte er 2 Stück 8×50 für 300,00 Euro.

10.

Am 26.04.2018 verkaufte er ein Carl Zeiss Jagdglas 7 ½ für 320,00 Euro.

11.

Am 27.04.2018 verkaufte er Campagnolo Delta C Record Bremsen für 215,00 Euro.

12.

Am 03.05.2018 verkaufte er ein Zeiss Fernglas 10×40 für 330,00 Euro.

Die Staatsanwaltschaft ist nunmehr gehalten, die Einziehungsentscheidung zu vollstrecken. Soweit bislang Sicherungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden bzw. erfolglos geblieben sind, schließt dies die künftige Durchsetzung der Einziehungsanordnung mittels Zwang bzw. aufgrund freiwilliger Leistungen des Betroffenen nicht aus.

Über die den Geschädigten zustehenden gesetzlich normierten Möglichkeiten, die Herausgabe bzw. Rückübertragung der eingezogenen Gegenstände zu erreichen bzw. eine Entschädigung in Höhe des Wertes des Taterlangten zu erlangen, werden die teilweise unbekannten Geschädigten hiermit in Kenntnis gesetzt.

Auf das nachstehende Merkblatt, in welchem die verschiedenen Entschädigungsverfahren und die sich hieraus ergebenden Anforderungen für eine Befriedigung von Verletzten dargestellt sind, wird hingewiesen.

Diese Veröffentlichung erfolgt gemäß § 459 i Absatz 1 und Absatz 2 in Verbindung mit § 111 l Absatz4 Strafprozessordnung (StPO).

Merkblatt für die Entschädigung von Verletzten von Straftaten im
strafrechtlichen Ermittlungs- und Strafverfahren:

Nach den geltenden strafrechtlichen bzw. strafprozessualen Regelungen besteht die Möglichkeit, dass die Strafverfolgungsbehörden Verletzte, soweit der Täter etwas aus der Tat erlangt hat, entschädigen. Über Ihre diesbezüglich bestehenden Rechte und Möglichkeiten setze ich Sie wie folgt in Kenntnis:

Grundsätzliche Formen der Entschädigung:

Soweit das durch die Tat Erlangte selbst noch vorhanden ist und es durch Beschlagnahme vorläufig gesichert bzw. nach Rechtskraft beigetrieben wird, besteht die Möglichkeit der Herausgabe bzw. Rückübertragung an den /​ die Verletzten (zu vgl. § 459h Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO)).
Soweit dies nicht mehr möglich ist und stattdessen sonstige – auch legal erworbene – Vermögenswerte des Betroffenen in Vollziehung eines Vermögensarrestes vorläufig gesichert bzw. nach Rechtskraft beigetrieben werden, kann der Verwertungserlös an den /​ die Verletzten ausgekehrt werden (zu vgl. § 459h Abs. 2 StPO).

Die Befriedigung der Verletztenansprüche erfolgt dabei grundsätzlich erst nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens (s. Ziffer II dieses Merkblatts), ist aber ausnahmsweise auch zu einem früheren Verfahrensstadium möglich (s. Ziffer I dieses Merkblatts).

I) Entschädigungsverfahren vor Rechtskraft der Einziehungsentscheidung:

Die Staatsanwaltschaft teilt dem Verletzten gem. § 111l StPO die Vollziehung der Beschlagnahme oder des Vermögensarrestes unter Verweis auf die bestehenden Entschädigungsmöglichkeiten mit. Eine Entschädigung vor Rechtskraft kommt allein in den nachbezeichneten Fällen in Betracht:

1) Rückgabe beweglicher Sachen gem. § 111n StPO:

Sind durch die Tat erlangte bewegliche Sachen noch vorhanden und können diese beschlagnahmt werden, ist gemäß § 111n Abs. 2 StPO die Herausgabe an den Verletzten möglich, wenn ein Anspruch des letzten Gewahrsamsinhabers oder eines Dritten nicht entgegensteht. Die Herausgabe erfolgt in diesem Verfahrensstadium jedoch nur, wenn ihre Voraussetzungen offenkundig sind. Dies ist der Fall, wenn der Verletzte seine Berechtigung nachweisen kann. In Zweifelsfällen kommt eine Herausgabe vor rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens nicht in Betracht.

2) Antrag der Staatsanwaltschaft auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gem. § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO mit der Folge der Befriedigung der Gläubiger durch den Insolvenzverwalter im Falle antragsgemäßer Eröffnung:

Soweit eine Sicherung des durch die Tat Erlangten selbst nicht möglich ist und stattdessen Vermögenswerte des Betroffenen in Vollziehung eines Vermögensarrestes gesichert werden, ist eine Auskehr des Erlöses vor Rechtskraft der Einziehungsanordnung durch die Staatsanwaltschaft nicht zulässig. Die Staatsanwaltschaft prüft allerdings fortlaufend, ob die gesicherten Vermögenswerte ausreichen, um diejenigen Verletzten zu befriedigen, die tatsächlich Ansprüche angemeldet haben (s. unten zu Ziffer III).

Wenn die gesicherte Vermögensmasse nicht ausreicht, um alle angemeldeten und berechtigten Ansprüche von mindestens zwei Verletzten zu befriedigen (sog. Mangelfall), stellt die Staatsanwaltschaft gem. § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei dem zuständigen Insolvenzgericht, soweit sie die Voraussetzungen der Eröffnung für gegeben erachtet.

a)
Eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren – entsprechend des Antrags der Staatsanwaltschaft oder eines anderen Gläubigers -, wird der entsprechende Beschluss bekannt gemacht und den Gläubigern besonders zugestellt (§ 30 InsO). In diesem Fall muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen. Die Befriedigung der Gläubigeransprüche erfolgt dann grundsätzlich allein durch den Insolvenzverwalter.

b)
Die Staatsanwaltschaft ist mit der Entschädigung nur noch befasst, wenn
aa)
gemäß § 459m Abs. 1 Satz 1 StPO nach Abschluss des Insolvenzverfahrens ein Überschuss verbleibt und die Staatsanwaltschaft gemäß § 111i Abs. 3 StPO hieran ein Pfandrecht erwirbt oder
(bb)
zwar nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens ein Überschuss nicht verbleibt, es allerdings gemäß § 459m Abs. 2 StPO im Rahmen der weiteren Vollstreckung der Wertersatzeinziehung gelingt, einen Gegenstand zu pfänden.

Der Verletzte kann in beiden Fällen Leistungen aus der auszukehrenden Vermögensmasse nur gegen Vorlage eines Vollstreckungstitels im Sinne des § 794 der Zivilprozessordnung, z. B. Urteil, Vergleich oder notarielles Schuldanerkenntnis, erhalten, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Legen mehrere Geschädigte entsprechende Titel vor, so entscheidet hinsichtlich der Reihenfolge der Verteilung der Eingang des zivilrechtlichen Titels bei der Staatsanwaltschaft.

Bei Anwendung des Verfahrens gemäß § 459m Abs. 1 Satz 1 StPO, also im Falle eines Überschusses nach Durchführung des Insolvenzverfahrens, gilt allerdings eine Ausschlussfrist von zwei Jahren ab der Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Für den Fall des § 459m Abs. 2 StPO, also bei nachträglichen Pfändungen zur Vollstreckung einer Wertersatzeinziehung, ist eine derartige Frist gesetzlich nicht vorgesehen.

II) Entschädigungsverfahren nach Rechtskraft der Einziehungsentscheidung:

Ist eine rechtskräftige Einziehungsanordnung getroffen worden, erhalten die Verletzten gem. § 459i StPO von der Staatsanwaltschaft unverzüglich eine gesonderte Nachricht hierüber.

Der Verletzte kann sodann gemäß § 459j/​k Abs. 1 StPO innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Zustellung der Mitteilung über die Rechtskraft seine Entschädigungsansprüche in einem einfachen und kostenlosen Verfahren gemäß §§ 459j/​k Abs. 2 StPO geltend machen, indem er ihn bei der Staatsanwaltschaft lediglich anmeldet.
Wird die sechsmonatige Anmeldefrist verabsäumt, ist eine Entschädigung gleichwohl möglich. Der Verletzte muss dann allerdings einen vollstreckbaren zivilrechtlichen Titel, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt, vorlegen oder die Fristversäumnis gemäß §§ 44 und 45 StPO i. V. m. § 459j/​k Abs. 4 StPO hinreichend entschuldigen.

1) Rückgabe /​ Herausgabe eingezogener Gegenstände (§ 459h Abs. 1 StPO i. V. m. § 459j StPO):
Nach Eingang der Anmeldung ergeht eine Entscheidung über die Herausgabe bzw. die Rückübertragung der eingezogenen Gegenstände, soweit diese selbst vorläufig gesichert bzw. beigetrieben werden konnten.

2) Entscheidungsvarianten bei der Wertersatzeinziehung (§ 459h Abs. 2 StPO i. V. m. § 111i Abs. 2 StPO, § 459k StPO bzw. § 459m Abs. 1 S. 4 StPO):
Soweit das ursprünglich durch die Tat Erlangte nicht mehr vorhanden ist und daher allein eine Auskehr des Verwertungserlöses in Betracht kommt (s. oben), prüft die Staatsanwaltschaft nach Ablauf der sechsmonatigen Anmeldefrist nunmehr abschließend, ob der Verwertungserlös ausreicht, um diejenigen Verletzten zu befriedigen, die auf die Mitteilung gem. § 459i StPO tatsächlich berechtigte Ansprüche angemeldet haben. Aus der Prüfung können sich folgende Konstellationen ergeben:

a)
Wenn der Verwertungserlös nicht ausreicht, um alle angemeldeten und berechtigten Ansprüche von mindestens zwei Verletzten zu befriedigen (sog. Mangelfall), stellt die Staatsanwaltschaft – wie bereits dargestellt – einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 459h Abs. 2 Satz 2 StPO i. V. m. § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO). Auf die hieraus resultierenden, unter Ziffer I) 2) dargestellten Folgen wird verwiesen.

b)
Sofern der Verwertungserlös ausreicht, wird dieser nach Rechtskraft der Einziehungsanordnung entsprechend dem vorstehend dargestellten Verfahren gemäß §§ 459k Abs. 1, Abs. 2 StPO an den /​ die Verletzten ausgekehrt. Eine Auskehr erfolgt auch dann, wenn der Verwertungserlös nicht ausreicht, jedoch nur ein Verletzter berechtigte Ansprüche angemeldet hat.

c)
Wird ein Insolvenzverfahren, obwohl nicht genügend Masse zur Befriedigung von mindestens zwei Verletzten zur Verfügung steht (sog. Mangelfall), nicht durchgeführt, bleibt die Staatsanwaltschaft gemäß § 459m Abs. 1 Satz 4 StPO für die Verteilung der Masse zuständig. Das Verfahren entspricht demjenigen des § 459m Abs. 1 Satz 1 bis 3 StPO. Eine Entschädigung erfolgt dann allein nach Vorlage eines Vollstreckungstitels im Sinne des § 794 der Zivilprozessordnung (s. oben) unter Beachtung der zweijährigen Ausschlussfrist, bei mehreren Verletzten in der Reihenfolge des Eingangs der Titel. Die Ausschlussfrist gilt ab der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch das Insolvenzgericht bzw. ab der Entscheidung der Staatsanwaltschaft, von einem Insolvenzantrag mangels Erfolgsaussicht von vorneherein abzusehen.

In den zuvor unter Ziffer II) 2) b) und c) geschilderten Fällen besteht nach Auskehr des Verwertungserlöses ebenfalls die Möglichkeit, dass es bei der weiteren Vollstreckung der Wertersatzeinziehung gelingt, ein Gegenstand zu pfänden. Die Entschädigung richtet sich dann nach dem bereits vorstehend beschriebenen Verfahren gemäß § 459m Abs. 2 StPO (s. oben Ziffer I) 2) b) bb)).

III. Anspruchsanmeldung und allgemeine Hinweise:

Bitte teilen Sie alsbald mit, ob und in welcher Höhe Sie Ansprüche auf Entschädigung geltend machen wollen. Auf anliegendes Formblatt wird hingewiesen und um zeitnahe Rücksendung gebeten. Sie können jedoch nur Ansprüche geltend machen, soweit diese mit dem aus der Tat Erlangten korrespondieren (sog. Kehrseite des Erlangten). Nicht hierunter fallen daher beispielsweise bloße Beschädigungen Ihres Eigentums, Schmerzensgeld- und Zinsansprüche oder Kosten der Rechtsverfolgung.

Ich weise Sie überdies vorsorglich darauf hin, dass bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens eine nicht unerhebliche Zeitspanne vergehen kann. Zudem können Sie im Laufe des Verfahrens aus prozessualen Gründen den Status des Verletzten verlieren, weswegen eine Auskehrung an Sie insbesondere nach dem vereinfachten Verfahren gemäß § 459k Abs. 1, Abs. 2 StPO nicht mehr in Betracht käme. Da überdies nicht abzusehen ist, ob letztlich eine der in § 459m StPO geregelten, die Vorlage eines Titels erfordernden Konstellationen Anwendung findet, bleibt es Ihnen insgesamt überlassen, unter Abschätzung der jeweiligen Risiken selbständig Ihre Ansprüche gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Eine dahingehende Rechtsberatung vermag jedoch weder die Staatsanwaltschaft noch das mit der Sache befasste Strafgericht zu erteilen. Bitte nehmen Sie daher von Anfragen Abstand. Es obliegt Ihrem Ermessen, anwaltlichen Beistand in Anspruch zu nehmen und bei berechtigtem Interesse Akteneinsicht zu beantragen.
Solange die Staatsanwaltschaft Gegenstände im Wege der Arrestvollziehung gepfändet hat, sind Zwangsvollstreckungen in diese Gegenstände unzulässig (§ 111h Abs. 2 Satz 1 StPO).

Sofern Ihr Anspruch zwischenzeitlich auf einen Rechtsnachfolger übergegangen sein sollte, gelten die Ausführungen in dem Merkblatt auch für diesen.

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