Sicherungsmaßnahmen

Staatsanwaltschaft Hildesheim

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Staatsanwaltschaft Hildesheim

Benachrichtigung gemäß § 459i StPO über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung

NZS 26 Js 35851/​18 VRs – 12.02.2021

Die Staatsanwaltschaft Hildesheim vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Amtsgerichts Hildesheim wegen gewerbsmäßiger Untreue in 11 Fällen und gewerbsmäßigen Betruges in 7 Fällen (Az. 106 Ds 26 Js 35851/​18) gegen U. Oberbeck. Diese ist rechtskräftig seit dem 03.12.2020. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.

Der Einziehungsanordnung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Angeschuldigte holte in der Vergangenheit für seine betagten Eltern M. und W. Oberbeck in regelmäßigen Abständen Kontoauszüge für deren Girokonto bei der Sparkasse Hildesheim Goslar Peine mit der IBAN DE68 XXXX XXXX XXXX XXXX 12. Anfang Februar 2018 täuschte der Angeschuldigte vor, dass es einen „Hackerangriff“ auf das Konto gegeben habe und es zu einem Schaden von 2.500 € gekommen sei.

Da seine Eltern nun besorgt waren, dass sich ein entsprechender Angriff wiederholen könnte, beauftragten sie den Angeschuldigten, das Konto künftig zu kontrollieren und Schädigungen des Kontoguthabens zu verhindern. Damit der Angeschuldigte seiner Aufgabe zur Schadensabwendung nachkommen konnte, erteilten sie ihm am 13.03.2018 eine Kontovollmacht mit Verfügungsberechtigung für das Konto. Er erhielt auch einen Online-Zugang mit einem chip-Tan-Lesegerät.

Obwohl er wusste, dass seine Eltern nicht damit einverstanden waren, dass er die Kontovollmacht nutzte, um Kontoguthaben für eigene Zwecke auf andere Konten zu überweisen und für sich zu verwenden, überwies er im Zeitraum vom 08.03.2018 bis zum 21.05.2018 zum Schaden seiner Eltern in insgesamt 6 Fällen (1.-5.) Geldbeträge in einer Gesamthöhe von 900 € auf ein eigenes Konto und in 5 Fällen (6.-10.) in einer Gesamthöhe von 668 € auf ein Konto seiner Ehefrau G. Oberbeck. Dabei handelte er, um sich aus wiederholten Tatbegehungen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.

Im Einzelnen tätigte er folgende Überweisungen:

1. am 26.03.2018 in Höhe von 150 €,

2. am 03.04.2018 in Höhe von 300 €,

3. am 05.04.2018 in Höhe von 150 €,

4. am 07.05.2018 in Höhe von 100 €,

5. am 21.05.2018 in Höhe von 200 €,

6. am 03.04.2018 in Höhe von 150 €,

7. am 05.04.2018 in Höhe von 100 €,

8. am 13.04.2018 in Höhe von 50 €,

9. am 04.05.2018 in Höhe von 300 €,

10. am 14.05.2018 in Höhe von 68 €.

Der Angeschuldigte nutzte die Kontovollmacht zum Schaden seiner Eltern weiterhin, um mittels Überweisung am 02.05.2018 im Voraus die Miete in Höhe von 648 € für ein Ferienhaus in 8420 Knebel (Dänemark) zu bezahlen (Mietzeitraum: 12.05.2018-02.06.2018). Auch hierbei handelte der Angeschuldigte, um sich durch wiederholten Missbrauch der Kontovollmacht eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Angeschuldigte nutzte die Kontovollmacht überdies, um durch Geldüberweisungen vom Konto seiner Eltern den Kaufpreis für persönliche Anschaffungen über die Internetplattform „eBay“ an die jeweiligen Verkäufer zu bezahlen. Der Angeschuldigte handelte, um sich aus wiederholten Tatbegehungen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.

Während der Angeschuldigte im Urlaub in Dänemark weilte, begaben sich seine Eltern mit ihrer Enkeltochter, der Zeugin A.-C. F. (Tochter des Angeschuldigten), zur Sparkasse. Dort erhielten sie Kenntnis von den missbräuchlichen Abbuchungen. In der Folge widerriefen sie die Kontovollmacht, die daher am 25.05.2018 endete.

Um dennoch weiterhin Geld vom Konto seiner Eltern zu erhalten, fälschte der Angeschuldigte in der Folge auf Überweisungsträgern die Unterschrift seiner Eltern, um durch Täuschung der Sparkasse über den Aussteller des jeweiligen Überweisungsauftrages eine Überweisung auf ein eigenes Konto bzw. ein Konto seiner Ehefrau G. zu erreichen. Der Angeschuldigte handelte auch dabei, um sich aus wiederholten Tatbegehungen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen

Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:

Am 11.07.2018 fälschte der Angeschuldigte auf einem Überweisungsträger die Unterschrift seiner Mutter M. Oberbeck und veranlasste eine Überweisung in Höhe von 541 € auf ein eigenes Konto mit der IBAN DE47 XXXX XXXX XXXX XXXX 25.

Am 08.08.2018 fälschte der Angeschuldigte auf zwei Überweisungsträgern einmal die Unterschrift seiner Mutter M. Oberbeck und einmal die Unterschrift seines Vaters W. Oberbeck, um Überweisungen in Höhe von jeweils 400 € vom Konto seiner Eltern auf ein eigenes Konto und auf ein Konto seiner Ehefrau G. Oberbeck zu veranlassen. Die Sparkasse bemerkte die Fälschungen jedoch und führte die Überweisungen nicht aus.

Der Angeschuldigte legte am 20.06.2017 auf der Internet-Verkaufsplattform „eBay“ einen Account mit dem Nutzernamen „[XXXXX]oberbec_0“ an, wobei er als Nutzer bzw. Inhaber des Accounts bei der Registrierung die Personalien seines Vaters, nämlich des Zeugen W. Oberbeck, angab. Der Angeschuldigte wollte dabei sowohl den Plattformbetreiber, die eBay GmbH, als auch mögliche Vertragspartner auf der Plattform (Käufer bzw. Verkäufer) über den wahren Nutzer des Accounts täuschen.

Der Angeschuldigte nutzte den auf den Namen seines Vaters eingerichteten eBay-Account in der Folge, um über diesen Smartphones zum Verkauf anzubieten. Den Nutzernamen „„[XXXXX]oberbec_0“ änderte er dabei mehrmals ab, unter anderem in „siamkatze“ (14.11.2017-22.04.2018), „kauflust44444“ (14.08.2018-28.11.2018) und in „prinz5861“ (ab dem 28.11.2018). Der Angeschuldigte war dabei jeweils nicht willens, die zum Verkauf angebotenen Smartphones nach Eingang des Kaufpreises, der jeweils auf sein Konto bei der DB Privat- und Firmenkundenbank AG mit der IBAN DE62 XXXX XXXX XXXX XXXX 00 überwiesen wurde, an die Käufer zu liefern, was er letztendlich zu deren Schaden auch nicht tat. Ihm kam es darauf an, den Kaufpreis ohne Erbringung einer Gegenleistung zu erhalten. Der Angeschuldigte wollte sich durch sein Vorgehen eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen.

Im Einzelnen kam es zu folgenden Taten:

Verkauf eines Samsung Galaxy S9 zu einem Kaufpreis von 449 € am 12.11.2018 an den Zeugen Stefan Hristov;

Verkauf eines Samsung Galaxy S9 zu einem Kaufpreis von 389 € am 12.11.2018 an den Zeugen Matthias Niemeyer;

Verkauf eines Samsung Galaxy S9+ zu einem Kaufpreis von 459 € am 14.11.2018 an den Zeugen Johannes Heinrich Auer;

Verkauf eines Huawei T20 zu einem Kaufpreis von 420 € am 17.11.2018 an den Zeugen Tristan Buchholz;

Verkauf eines Huawei P20 zu einem Kaufpreis von 420 € am 18.11.2018 an den Zeugen Tomasz Podstawek;

Verkauf eines Samsung Galaxy S7 zu einem Kaufpreis von 220 € am 22.11.2018 an den Zeugen Alexander Schirmer.

Auf Grund dieser Entscheidung ist den Verletzten der vorstehend genannten Straftaten ein Anspruch auf Auskehrung eines Betrages entstanden, der nunmehr geltend gemacht werden kann.

Folgende Hinweise zum weiteren Verfahrensablauf sind zu beachten:

Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO).

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO).

Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459k Abs. 3 StPO).

In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen.

Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/​oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO).

Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzter zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459h Abs. 2 i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111i Abs. 1 StPO).

Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO).

Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.

Mit freundlichen Grüßen

 

Höppner
Rechtspflegerin

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