Staatsanwaltschaft Hildesheim
Benachrichtigung gemäß § 459i StPO über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung
21 Js 1192/13 VRs – 12.11.2021
Die Staatsanwaltschaft vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Landgerichts Hildesheim wegen Betruges in 78 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen (Az. 15 KLs 21 Js 1192/13) gegen K.-D. P. H. Anton. Diese ist rechtskräftig seit dem 03.06.2021. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.
Der Einziehungsanordnung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Verurteilte und weitere gesondert verfolgte Personen errichteten in Umsetzung eines zuvor gefassten gemeinsamen Tatentschlusses einen Geschäftsbetrieb, der darauf ausgerichtet war, an eine möglichst große, unbestimmte Zahl von „Kunden“ eine Beteiligung an verschiedenen Kapitalanlageprogrammen der „HBW-Finanz AG“ zu vermitteln. Das System der Beteiligungen war als sog. „Schneeballsystem“ konzipiert.
Bei den Anlageprogrammen handelte es sich zum einen um ein Kurzprogramm mit einer Mindestbeteiligung von 2.000 Euro und einer Mindestlaufzeit von 6 Monaten, zum anderen gab es ein Trading-Programm und eine 5-Jahresbeteiligung. Das Trading-Programm sah eine Laufzeit von 390 Tagen bei einer Renditeerwartung von mindestens 8,5 % vor. Der jeweilige Beteiligungsbetrag konnte von dem Antragsteller selbst festgelegt werden; ein jeweils festgelegter Mindestbetrag durfte nicht unterschritten werden. Die 5-Jahresbeteiligung sah eine Mindestbeteiligung von 20.000 Euro vor, und es wurde eine jährliche Ausschüttung i.H.v. 20 % der Beteiligungssumme in Aussicht gestellt. Der gewählte Geldbetrag wurde nach Auswahl der Beteiligungsart sodann auf das Konto des gesondert verfolgten Rechtsanwalts und Notars Martin Rieck (Deutsche Bank, Kto. Nr. 013742200, BLZ: 25971024; Unterkonto: 013472201) überwiesen. Im Tatzeitraum ging so ein Gesamtbetrag i.H.v. 1.598.973,50 Euro auf dem genannten Konto ein. Die Beteiligungen wurden entweder durch den Angeschuldigten B. oder durch unabhängige Finanzdienstleister vermittelt. Diese unabhängigen Finanzdienstleister wurden durch die Angeschuldigten Anton und B.-W. angeworben. Die Angeschuldigten stellten diesen jedoch nur unvollständige Informationen zur Verfügung und ließen die Vermittler über die wahren Verwendungsabsichten bzgl. des Geldes im Unklaren. Während des gesamten Tatzeitraumes sind von dem Konto des Rechtsanwalts und Notars Rieck ausgehend keinerlei Anlagebemühungen erfolgt, um die den Kunden garantierte Rendite erwirtschaften zu können.
Im Zeitraum vom 12.08.2009 bis 27.10.2011 wurden von 55 Anlegern insgesamt 80 Verträge über eine Kapitalanlage mit einer Gesamtsumme von 1.363.516,00 Euro geschlossen, wobei in 6 Fällen die Beratungsgespräche durch den Verurteilten oder die gesondert Verfolgten B. und B.-W. geführt worden waren.
Die weiteren 74 Verträge wurden durch Vermittler abgeschlossen, davon entfielen 35 Verträge auf den Vermittler V., 24 Verträge auf den Vermittler H., 11 Verträge auf die Vermittlerin M., 3 Verträge auf den Vermittler K. und ein Vertrag auf den Vermittler K.
Auf Grund dieser Entscheidung ist den Verletzten der hier abgeurteilten Straftaten ein Anspruch auf Auskehrung eines Geldbetrages entstanden, der nunmehr geltend gemacht werden kann.
Bitte beachten Sie folgende Hinweise zum weiteren Verfahrensablauf:
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Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459h Abs. 2 StPO). |
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Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459k Abs. 1 StPO). Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459k Abs. 4 StPO). Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich. |
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Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459k Abs. 3 StPO). |
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In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen. |
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Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111i Abs. 1 StPO). |
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Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzten zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459h Abs. 2 i.V.m. § 111i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111i Abs. 1 StPO). |
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Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO). |
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Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört. |
Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.
Salgmann
Rechtspfleger
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