Unter dem AZ.: 405 Js 106955/14 wurde gegen den Beschuldigten Renee Grosser, geb. am 27.09.2015 in Bremen, wohnhaft in Artilleriestr. 30, 80636 München, derzeit Justizvollzugsanstalt Bremen, Sonnemannstr. 2, 28239 Bremen bei der Staatsanwaltschaft München I ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs und Urkundenfälschung geführt.Im Zeitraum zwischen dem 21.12.2012 und dem 30.04.2014 schloss der Beschuldigte mit verschiedenen Personen Anlage- bzw. Darlehensverträge ab, wobei er jeweils bewusst wahrheitswidrig vorspiegelte, dass er die jeweiligen Darlehensbeträge im Rahmen eines von ihm entwickelten Anlagemodells „Next Generation Investment“ mit hoher Rendite in Kapitalanlagen investieren werde. Im Einzelnen sahen die Darlehensverträge vor, dass der jeweilige Vertragspartner als Darlehensgeber dem Beschuldigten als Darlehensnehmer eine bestimmte Geldsumme zur „ausschließlichen“ Verwendung für die „Anlage an den Kapitalmärkten auf Risiko und Rechnung des Darlehensnehmers“ überlässt. Für die Geldanlagen wurde eine Grundverzinsung nach den 12-monatigen Bundesbankzinssätzen, gerundet auf volle % vereinbart, was zum Abschlusszeitpunkt jeweils einen Zinssatz von 1 % p. a. ergab. Des Weiteren sahen die Verträge eine hälftige Beteiligung der Anleger an den durch die Anlage am Kapitalmarkt erzielten Gewinnen vor, wobei der Beschuldigte – außervertraglich in seinen Werbematerialien – Gewinne in Höhe von 2 % pro Woche in Aussicht stellte. Die Verträge wurden ohne feste Laufzeit geschlossen und sollten mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist jeweils zum Ende eines jeden Kalendermonats unter vollständiger Rückerstattung der Darlehensvaluta einschließlich noch ausstehender Zinsen und Gewinnbeteiligungen kündbar sein. Bei Zugrundelegung des Gesamtbetrags der überlassenen Darlehenssummen abzüglich Gewinnausschüttungen, Zinszahlungen und Darlehensrückerstattungen entstand den Anlegern, wie vom Beschuldigten vorhergesehen und jedenfalls billigend in Kauf genommen, auf diese Weise ein – weiterhin bestehender – Gesamtschaden in Höhe von mindestens 2.131.552,00 EUR, um den sich der Beschuldigte seiner Absicht gemäß zu Unrecht bereicherte.
Der Beschuldigte handelte bei Abschluss der Anlagegeschäfte zu dem Zweck, sich durch diese eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle erheblichen Umfangs zu verschaffen.
Im Vertrauen auf die Angaben des Beschuldigten über die zweckgebundene Verwendung der Anlagebeträge ließen sich die jeweiligen Vertragspartner auf die Darlehensverträge ein und zahlten auf dieser Grundlage den jeweils vereinbarten Geldbetrag durch Überweisung auf die Konten des Beschuldigten mit der Nr. 662483338 bei der Hypovereinsbank und Nr. 9502964609 bei der Deutschen Bank sowie zum Teil durch Barzahlung, Umwandlung von Altdarlehen oder Verrechnung mit anderweitigen Gegenforderungen an den Beschuldigten aus.
Nach Überlassung der Geldbeträge verwendete der Beschuldigte diese entsprechend seiner vorgefassten Absicht nicht Abrede gemäß zur Anlage an den Kapitalmärkten zugunsten seiner Anleger, sondern jedenfalls weit überwiegend für eigene Zwecke. Nennenswerte unmittelbare oder mittelbare Rückflüsse an die Anleger erfolgten nicht.
Bei Zugrundelegung des Gesamtbetrags der überlassenen Darlehenssummen abzüglich Gewinnausschüttungen, Zinszahlungen und Darlehensrückerstattungen entstand den Anlegern, wie vom Beschuldigten vorhergesehen und jedenfalls billigend in Kauf genommen, auf diese Weise ein – weiterhin bestehender – erheblicher Gesamtschaden, um den sich der Beschuldigte seiner Absicht gemäß zu Unrecht bereicherte. Der Beschuldigte handelte bei Abschluss der Anlagegeschäfte zu dem Zweck, sich durch diese eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle erheblichen Umfangs zu verschaffen.
Des Weiteren erstellte der Beschuldigte auf seinem Computer elektronische Dokumente mit Auftrags- bzw. Überweisungsbestätigungen der Hypovereinsbank, die jeweils in Auftrag gegebene bzw. erfolgte Überweisungen auf ein Brokerkonto oder an Anleger auswiesen, die, wie dem Beschuldigten bewusst war, tatsächlich nicht oder nicht so erfolgt waren. Er handelte hierbei zu dem Zweck, die elektronischen Dokumente erforderlichenfalls gegenüber Anlegern vorzulegen, um die vertragsgemäße Verwendung der eingezahlten Gelder vorzutäuschen.
Gleichfalls erstellte der Beschuldigte zudem ein elektronisches Dokument mit der Fa. Interactive Brokers als angeblicher Ausstellerin, das einen Kontostand auf dem vorbenannten Brokerkonto in Höhe von über 3 Mio. – ohne Währungsbezeichnung – auswies. Auch dieses Dokument fertigte der Beschuldigte an, um es notfalls Anlegern zu dem Zweck vorzulegen, einen erfolgreichen Verlauf des Anlagemodells vorzuspiegeln.
Die Staatsanwaltschaft München I führte in der vorliegenden Strafsache neben den Ermittlungen zur Strafverfolgung zugleich ein Rückgewinnungshilfeverfahren zugunsten der durch die Straftat Geschädigten durch. In diesem Zusammenhang wurden folgende Vermögenswerte des Beschuldigten von der Staatsanwaltschaft München I gemäß §§ 111 b ff StPO aufgrund des dinglichen Arrest des Amtsgerichts München vom 30.06.2014, Az. ER II Gs 3393/14 in Höhe von 790.004,25 EUR, erweitert durch Arrestbeschluss des Amtsgerichtes München vom 20.08.2014, Az. ER II Gs 4367/14 in Höhe von 1.341.547,75 EUR einstweilen gesichert:
a) |
Mit Pfändungsbeschluss vom 03.07.2014 und vom 25.08.2014 wurden die Forderungen gegenüber der UniCredit Bank AG, vertr. d. d. Vorstand, Dienstleistungsbereich München, Pfändungen, Apianstr. 14, 85774 Unterföhring gepfändet. |
b) |
Mit Pfändungsbeschluss vom 03.07.2014 und vom 25.08.2014 wurden die Forderungen gegenüber der Hypothekenbank Frankfurt AG, vertr. d. d. Vorstand, Helfmann-Park 5, 65760 Eschborn gepfändet. |
c) |
Mit Pfändungsbeschluss vom 03.07.2014 und vom 25.08.2014 wurden die Forderungen gegenüber der UniCredit Family Financing Bank, Niederlassung der UniCredit S.p.A., vertr. d. d. Verwaltungsrat, Grillparzerstr. 14, 81675 München gepfändet. |
d) |
Mit Pfändungsbeschluss vom 08.07.2014 und vom 25.08.2014 wurden die Forderungen gegenüber der Unlimited GmbH, vertr. d. d. Geschäftsführer, Artilleriestr. 30, 80636 München gepfändet. |
e) |
Mit Pfändungsbeschluss vom 20.08.2014 und vom 25.08.2014 wurden die Forderungen gegenüber der neue leben Lebensversicherung AG, vertr. d. d. Vorstand, Sachsenstr. 8, 20097 Hamburg gepfändet. |
f) |
Im Wege der Rechtshilfe erfolgte eine Pfändung der Forderungen gegenüber der Interactive Brokers U.K. Ltd., vertr. durch den Director bzw. Board of Directors, One Carey Lane, Fifth floor, London EC2 V8AE, United Kingdom. Es konnte ein geringes Guthaben gesichert werden. |
g) |
Im Wege der Rechtshilfe erfolgte eine Pfändung der Forderungen gegenüber der BGL BNP Paribas S.A., vertr. d. d. Verwaltungsrat, 50 Avenue John F. Kennedy, 2951 Luxemburg, Luxemburg. Es konnte ein geringes Guthaben gesichert werden. |
Weitere Vermögenswerte konnten bisher nicht ermittelt werden.
Der Verurteilte wurde am 20.03.2015 rechtskräftig verurteilt. Mit Beschluss des Landgerichtes München I vom 12.03.2015, AZ.: 6 KLs 405 Js 106955/14 wurden zudem die dinglichen Arreste des Amtsgerichts München vom 30.06.2014, Az. ER II Gs 3393/14 in Höhe von 790.004,25 EUR und vom 20.08.2014, Az. ER II Gs 4367/14 in Höhe von 1.341.547,75 EUR für die Dauer von 3 Jahren ab Rechtskraft des Strafurteiles aufrechterhalten.
Ziel des Rückgewinnungshilfeverfahrens ist es, den durch die Straftat betroffenen Geschädigten einen (ggf. teilweisen) finanziellen Ersatz zu ermöglichen.
Der vom Gesetz vorgesehene Ablauf sieht dabei vor, dass jeder/jede Geschädigte selbst aktiv wird. Im Regelfall muss daher jede/jeder seine/ihre eventuellen Ersatzansprüche selbst gerichtlich geltend machen und kann anschließend mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf die von der Staatsanwaltschaft sozusagen stellvertretend gesicherten Vermögenswerte Zugriff nehmen. Nur dort, wo der/dem Geschädigten unmittelbar durch die Straftat ein beweglicher Gegenstand entzogen wurde und genau dieser Gegenstand von der Staatsanwaltschaft in amtlichen Gewahrsam genommen wurde (und dieser amtliche Gewahrsam noch besteht), reicht ein einfacher Herausgabeantrag nach § 111k StPO aus.
Erfolgen keine Maßnahmen durch die Geschädigten erhält der/die Beschuldigte möglicherweise die gesicherten Vermögenswerte wieder zurück!
Die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Zivil- und Zwangsvollstreckungsverfahrens werden durch diese Nachricht nicht berührt, d.h. Sie müssen sich selbst vorab überlegen, ob sich die Beschreitung des Rechtswegs für Sie, auch unter Berücksichtigung der dabei anfallenden Kosten, überhaupt lohnt. In diesem Zusammenhang kann auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts für Sie sinnvoll sein, durch den allerdings weitere Kosten entstehen.
Bitte bedenken Sie, dass Sie – abgesehen vom oben genannten Sonderfall nach § 111k StPO – nur im Wege der Zwangsvollstreckungauf die gesicherten Vermögenswerte Zugriff nehmen können. Dies setzt immer einen zivilrechtlichen Titel voraus. Solche Titel können Vollstreckungsbescheide, vollstreckbare Urteile oder ähnliches sein, die Vollstreckung kann, je nach Sachlage, auch aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrests möglich sein. Details hierzu müssten Sie, soweit Sie sich nicht selbst auskennen, ggf. mit einem Anwalt erörtern. Unter Umständen bedarf die Zwangsvollstreckung in das gesicherte Vermögen auch noch der Zulassung durch den Richter (§ 111g StPO) und/oder eines Rangrücktritts der Staatsanwaltschaft, zu dem wiederum eine richterliche Zulassung erforderlich ist (§ 111h StPO).
Das in der Zwangsvollstreckung herrschende Prioritätsprinzip (umgangssprachlich: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“) gilt auch in diesem Verfahren. Die Erfolgsaussichten für die Durchsetzung der Schadensersatzansprüche sind daher bei einem schnellen Zugriff wesentlich höher.
Die Aufrechterhaltung der staatsanwaltschaftlichen Sicherungsmaßnahmen für die Geschädigten ist zudem zeitlich begrenzt. Da nicht absehbar ist, wie lange das befasste Gericht die auch zu Ihren Gunsten erwirkten Sicherungsmaßnahmen aufrechterhalten wird, wird Ihnen dringend empfohlen, umgehend selbst tätig zu werden.
Haben Sie bitte Verständnis, dass die Staatsanwaltschaft keine Ratschläge zum Verfahren oder Auskünfte zu Erfolgsaussichten geben kann und darf und eine weitergehende Auskunftserteilung daher nicht erfolgen wird.
405 Js 106955/14
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