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Starker Verbraucherschutz – der Anspruch, aber wie sieht die Wirklichkeit aus?

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Die Belange von Verbraucherinnen und Verbrauchern sollen im täglichen Aufsichtshandeln der BaFin noch stärker berücksichtigt werden. Dafür sorgt Abteilungsleiter Christian Bock, seit Anfang Juli auch Beauftragter für Anleger- und Verbraucherschutz.

„Ob Aufsichtsrecht oder regulatorische Themen – wir müssen sicherstellen, dass sie immer von Anfang an auch aus dem Blickwinkel der Verbraucherinnen und Verbraucher betrachtet werden“, sagt Christian Bock. Seit dem 1. Juli ist er der Beauftragte der BaFin für den Anleger- und Verbraucherschutz. Die Funktion wurde neu eingerichtet, um dem Verbraucherschutz in der BaFin noch größeres Gewicht zu verleihen.

Eine wichtige Aufgabe des Beauftragten ist es, das Direktorium der BaFin zu Themen des Anleger- und Verbraucherschutzes zu beraten. Dazu nimmt er an dessen Sitzungen teil, soweit diese Themen berührt sind, und kann anregen, dass sich das Direktorium mit bestimmten Aspekten des Anleger- und Verbraucherschutzes befasst. Der Beauftragte berät außerdem die Direktoriumsmitglieder bei ihrer Mitwirkung in den Organen des Europäischen Finanzsystems, soweit Themen des Anleger- und Verbraucherschutzes berührt werden.

Proaktiver im Verbraucherschutz

„Ich bin davon überzeugt, dass der Ausbau des Anleger- und Verbraucherschutzes ein Weg ist, wie wir verlorenes Vertrauen wiedererlangen und unser Bild in der Öffentlichkeit positiv wenden können“, erklärt Bock. Dafür müsse die BaFin proaktiver werden, insbesondere bei der Erkennung neuer verbraucherrelevanter Themen.

Bock verspricht sich einiges vom künftigen Marktmonitoring: Im Zuge der aktuellen Reform zur Modernisierung der BaFin wurde die Möglichkeit geschaffen, anonyme Testkäufe zu tätigen. Ab 2022 soll das Mystery Shopping fester Bestandteil der Aufsichtsinstrumente der BaFin sein. „Wir werden dieses Instrument ausgiebig nutzen, wann immer es uns sinnvoll erscheint“, kündigt Bock an. „Damit können wir den Markt noch zielgerichteter beobachten, Fehlentwicklungen frühzeitig identifizieren und entsprechend reagieren.“ Einen ersten Praxistest führt die BaFin derzeit durch.

Scharfe Instrumente

Das Instrument des Mystery Shopping ergänzt den Katalog der Maßnahmen zur Verhinderung und Beseitigung verbraucherschutzrelevanter Missstände, die der BaFin bereits seit 2015 zur Verfügung stehen, als sie den gesetzlichen Auftrag für den kollektiven Verbraucherschutz erhielt. Sie kann Anordnungen treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbraucherschutzrelevante Missstände zu verhindern oder zu beseitigen, wenn eine generelle Klärung im Interesse des Verbraucherschutzes geboten erscheint. In schwerwiegenden Fällen kann sie den Vertrieb von Produkten und bestimmte Vertriebspraktiken auch einschränken oder ganz untersagen (Produktintervention). Von diesen Instrumenten hat sie bereits mehrfach Gebrauch gemacht, zuletzt im Juli 2021, als sie der Terraoil Swiss AG verbot, ihre Aktien an Anleger in Deutschland zu vermarkten, zu vertreiben und zu verkaufen.

Im Juni veröffentlichte die BaFin eine Allgemeinverfügung, die Kreditinstitute dazu verpflichtet, Prämiensparkunden über unwirksame Zinsanpassungsklauseln zu informieren und ihnen entweder unwiderruflich eine Zinsnachberechnung zuzusichern oder einen Änderungsvertrag mit einer wirksamen Zinsanpassungsklausel anzubieten, der die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs berücksichtigt. Da mehr als 1.100 Kreditinstitute Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung einlegten, steht derzeit jedoch eine verwaltungsgerichtliche Klärung an, bis zu der die Institute die Pflichten aus der Verfügung nicht zu erfüllen brauchen.

In den meisten Fällen wirken die Instrumente jedoch präventiv: „In der Regel lenken Anbieter schnell ein, um harte Maßnahmen der Aufsicht zu vermeiden“, berichtet Bock aus eigener Erfahrung. Hat die BaFin bei einem Finanzinstrument erhebliche Bedenken in puncto Anlegerschutz, so informiert sie die Anbieter darüber und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Häufig geht es um zu komplexe Produktbedingungen oder Anlagekonstrukte, um einen Mangel an Transparenz bei der Produktgestaltung oder den Produktinformationen, um Illiquidität, also eine schwierige Wiederverkäuflichkeit der Anlage, um schwierige wirtschaftliche Verhältnisse beim Emittenten oder ein schlechtes Chance-Risiko-Profil des angebotenen Finanzinstruments. Die kontaktierten Anbieter reagieren auf die Anmerkungen der BaFin fast immer entweder dadurch, dass sie nach Wegen suchen, dem Anlegerschutz besser gerecht zu werden, oder indem sie das Emissionsvorhaben aufgeben.

Zur Person

Christian Bock ist seit Anfang Juli der Beauftragte der BaFin für Anleger- und Verbraucherschutz, eine Funktion, die zum 1. Juli neu geschaffen wurde. Bereits 2016 leistete er Pionierarbeit. Damals übernahm Bock die Leitung der neu geschaffenen Abteilung Verbraucherschutz, die er auch weiterhin innehat. Zuvor leitete er bei der BaFin zunächst das Referat für Bußgeldverfahren, später das Referat für die Aufsicht über Verhaltens- und Organisationspflichten bei Privat- und Auslandsbanken. Der Jurist und ausgebildete Bankkaufmann kam 1999 zum Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, einer der Vorgängerbehörden der BaFin. Nach dem Studium war er zunächst mehrere Jahre als Rechtsanwalt tätig.

Wissensgefälle abbauen

Die BaFin klärt Verbraucher über die verschiedenen Arten von Finanz- und Versicherungsprodukten sowie Finanzdienstleistungen auf und beleuchtet dabei auch die damit verbundenen Risiken. Informationen bietet die Aufsicht auf ihrer Internetseite, in Broschüren und im BaFinJournal an. Expertinnen und Experten der BaFin halten zudem regelmäßig Vorträge und nehmen zum Beispiel am Digitalen Stammtisch teil, der das nächste Mal am 7. Oktober im Rahmen der World Investor Week stattfindet, einer weltweiten Aktionswoche für Anlegerinnen und Anleger. Die Verbraucheraufklärung ist Bock ein persönliches Anliegen: „Ich werde viel Elan in das Vorhaben investieren, das Wissensgefälle zwischen Finanzindustrie und Verbraucherinnen und Verbrauchern weiter abzubauen“, kündigt er an.

Um Verbraucher dabei zu unterstützen, eigenverantwortlich und informiert Entscheidungen zu treffen, setzt sich die BaFin zudem dafür ein, dass Angebote von Finanz- und Versicherungsprodukten sowie Finanzdienstleistungen transparent und verständlich sind. Sie sorgt dafür, dass die Informationen so ausgestaltet sind, dass sie den Kenntnissen und Bedürfnissen der Verbraucher gerecht werden.

Operative Verhaltensaufsicht

Eine weitere wichtige Aufgabe des Verbraucherschutzes ist die operative Aufsicht über die Einhaltung der Verhaltenspflichten nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) bei Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Unter Verhaltensregulierung sind alle Pflichten zu verstehen, die die beaufsichtigen Unternehmen bei ihren Dienstleistungen gegenüber Kunden zu beachten haben. Dazu zählen insbesondere die gesetzlichen Anforderungen an die Geeignetheitsprüfung und die Geeignetheitserklärung sowie die Aufklärung über die entstehenden Kosten einer Wertpapiertransaktion und über etwaige Zuwendungen.

Neben der laufenden Aufsicht und Beschwerden, die die beaufsichtigten Unternehmen über das Mitarbeiter- und Beschwerderegister melden müssen, sind insbesondere die Besuche der Aufsicht vor Ort wichtige Erkenntnisquellen für Verstöße gegen die Verhaltenspflichten.

Bearbeitung tausender Beschwerden

Darüber hinaus bearbeitet die BaFin Beschwerden, die Kunden von Banken, Versicherern und Wertpapierdienstleistern bei ihr einreichen. Sie liefern ihr wichtige Informationen darüber, welche Themen und Probleme Verbraucher beschäftigen. Zudem können Beschwerden über das Geschäftsgebaren eines Unternehmens Missstände im System offenlegen, die kollektive Verbraucherinteressen betreffen. Solche Missstände zu beseitigen gehört zu den zentralen Aufgaben der BaFin im Verbraucherschutz.

Im Jahr 2020 gingen insgesamt fast 20.000 Beschwerden bei der BaFin ein, davon rund 9.400 Beschwerden zu Kreditinstituten und Finanzdienstleistern, fast 7.600 zu Versicherern und mehr als 2.400 zu Wertpapiergeschäften, Investment- und Kapitalgesellschaften. Diese Zahl wird 2021 voraussichtlich noch übertroffen.

Die Beschwerden von Bankkundinnen und -kunden spiegelten erneut das gesamte Spektrum der von den Instituten angebotenen Produkte und Dienstleistungen wider. Gegenstand besonders vieler Beschwerden waren zwei Themen, die auch im Fokus der BaFin und der Öffentlichkeit stehen: die Verzinsung bei langfristen variabel verzinsten Prämiensparverträgen und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (siehe BaFinJournal Mai 2021), dass Kunden aktiv zustimmen müssen, damit Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam werden.

Versicherungsnehmerinnen und -nehmer wiederum störten sich besonders häufig an der Dauer der Schadenbearbeitung und der Höhe von Versicherungsleistungen, insbesondere im Bereich der Schadenversicherung und bei Lebensversicherungsverträgen. Hier ging es vor allem um Probleme bei der Überschussbeteiligung. Ein Schwerpunkt bei den Beschwerden über private Krankenversicherer waren Beitragsanpassungen, sowohl in der Krankheitskostenvollversicherung als auch in der privaten Pflegeversicherung.

Handelsstörungen, die bei verschiedenen Online-Brokern auftraten, sorgten im ersten Quartal für eine Beschwerdewelle aus mehreren tausend Eingaben. Viele Beschwerden über Kapitalmarkt-Teilnehmer betrafen darüber hinaus Verwaltung und Kundenservice, die Ausführung von Aufträgen und die Kundeninformation. Die Verbraucher kritisierten unter anderem die Dauer der Bearbeitung von Depot- und Wertpapierüberträgen und dass sie während des Übertrags nicht auf die Wertpapiere zugreifen konnten. Andere monierten die vermeintlich fehlerhafte oder verspätete Ausführung ihrer Wertpapieraufträge oder waren der Ansicht, dass Gebühren fehlerhaft dargestellt wurden.

Verbrauchertelefon als direkter Draht

Der direkte Kontakt zu Verbraucherinnen und Verbrauchern ist nicht Aufgabe des Beauftragten für den Verbraucherschutz. Verbraucher mit Fragen zu Finanzthemen können sich unter der kostenlosen Rufnummer 0800 2 100 500 an das BaFinVerbrauchertelefon wenden. Es hilft auch weiter, wenn sich Verbraucher über ein Versicherungsunternehmen oder ein Kreditinstitut beschweren möchten. Diese Möglichkeit des direkten Kontakts zur BaFin stößt bei Verbrauchern auf großes Interesse: Allein seit Anfang 2021 nahm das Verbrauchertelefon rund 13.800 Anrufe entgegen (Stichtag 31. August).

Dabei ist zu beachten, dass der gesetzliche Auftrag der BaFin ausschließlich den kollektiven Verbraucherschutz umfasst. Die BaFin schützt Verbraucher also in ihrer Gesamtheit, kann sich aber nicht für individuelle Verbraucherinteressen einsetzen. Dies ist Aufgabe der Ombudsleute, Schiedsstellen und Gerichte. Nähere Informationen dazu hält die BaFin auf ihrer Internetseite bereit. Dort erfahren Verbraucher, was sie tun können, wenn sie sich von einem Unternehmen nicht korrekt behandelt fühlen.

Schnittstelle zu Marktwächter und Wettbewerbszentrale

Die Verbraucherschutzabteilung ist darüber hinaus Schnittstelle zu den Teams Marktbeobachtung und Verbraucherpolitik Finanzmarkt des verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) und der Verbraucherzentralen sowie Kontaktstelle für die Zusammenarbeit mit der Wettbewerbszentrale, einer Selbstkontrollinstitution der deutschen Wirtschaft, deren Aufgabe es ist, das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb durchzusetzen

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