Für die Finanzierung von Immobilien ist der Wind in den letzten Jahren wegen niedriger Kreditzinsen günstig gewesen. Das könnte sich bald ändern. Die Zeichen stehen auf steigende Zinsen, damit werden Darlehen teurer. Was in der Kalkulation oft vergessen wird: Jeder halbe Prozentpunkt mehr kann in Summe große Auswirkungen haben und ein Loch in die Haushaltsrechnung reißen.
Der Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) bewegte sich die letzten Jahre entlang der Nulllinie, der gleichfalls häufig als Richtschnur für Kredite herangezogene Referenzzinssatz EURIBOR darunter. Fazit: Darlehen waren gleich um mehrere Prozent günstiger als vor der großen Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008. Es wurde viel gekauft und gebaut., la
Nun, mit einer stark gestiegenen Teuerungsrate vona 8,0 Prozent im Mai, ist eine Anhebung des Leitzinssatzes als „Gegenmittel“ durch die EZB nur eine Frage der Zeit. Für Kredite bedeutet das: Nicht nur Neuabschlüsse werden teurer, sondern vor allem auch Darlehen mit variablen Zinssätzen bzw. gemischten Modellen.
Es ist zwar kaum davon auszugehen, dass der Euro-Leitzins bzw. der EURIBOR in kurzer Zeit gleich um mehrere Prozentpunkte steigen. Mittelfristig ist das allerdings nicht auszuschließen, zeigt ein Blick zurück auf die Zinskurven. Der EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate), der Zinssatz, zu dem Banken einander Geld in Euro leihen, dient häufig als Richtwert für die Höhe der Zinsen bei Darlehen, etwa der Drei-Monats- und Sechs-Monats-EURIBOR.
Laufzeit, Summe, Tilgung spielen zusammen
Welche Kredite in welcher Form und wie stark von einer Anhebung der Leitzinsen betroffen sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Auf jeden Fall sind es variabel verzinste Darlehen und mitunter gemischt verzinste. Ein wesentlicher Faktor ist jedenfalls, wie lange der Kredit bereits läuft bzw. welche Kreditsumme noch offen ist: Je mehr, desto größer ist der Effekt eines plötzlich höheren Zinssatzes. Der Traum vom Eigenheim wird auf jeden Fall mit jedem Prozentpunkt teurer, wie einfache Modellrechnungen zeigen.
Ein Kredit über 250.000 Euro, verzinst mit 2,0 Prozent variabel (nominal), ergibt beispielsweise eine monatliche Rückzahlungsrate von rund 1.058 Euro. Bei derselben Summe, verzinst mit 2,5 Prozent, spucken die zahlreichen Onlinekreditrechner eine Monatsrate von rund 1.120 Euro aus.
Bei 3,0 Prozent sind es bereits 1.183 – also um 125 Euro monatlich oder 1.500 Euro mehr pro Jahr. Wichtig: Diese Rechnung zeigt nur das Ausgangsszenario (ohne Tilgung) eines Neuabschlusses. Ein weiteres Beispiel: Bei einem Kredit steigt während bzw. nach einer zehnjährigen Fixzinsphase (1,5 Prozent) der Zinssatz auf 4,5 Prozent. Die Kreditrate beläuft sich nun auf 1.230 anstatt ursprünglich 1.000 Euro.
Schließlich: Die Finanzmarktaufsicht (FMA) hat sich unter dem Motto „Reden wir über Geld“ der Frage „variable oder fixe Zinsen“ angenommen und ein Beispiel durchgerechnet, das die Bandbreite des Möglichen – von „günstig“ bis „ungünstig“ – recht plastisch zeigt. Ausgangspunkt ist ein Kredit über 300.000 Euro, Laufzeit 20 Jahre. Bei einer fixen Verzinsung mit 1,5 Prozent beträgt die Monatsrate 1.400 Euro, die gesamte Rückzahlungssumme beläuft sich auf rund 347.000 Euro, d. h.: Rund 47.000 Euro fallen an Zinsen an.
Variante zwei, variabel, Verlauf „günstig“, der Zinssatz steigt kontinuierlich von 0,4 auf 1,6 und schließlich 1,9 Prozent: Das ergibt 1.500 Euro Monatsrate und 336.000 Euro Gesamtrückzahlung. Variante drei, „ungünstig“: Der Zinssatz steigt innerhalb der ersten sieben Jahre auf 5,0 und schließlich 6,0 Prozent. Ergebnis laut FMA-Rechnung: 2.100 Euro Monatsrate und über 459.000 Euro Gesamtrückzahlung, also 159.000 Euro allein an Zinsen.
Die Beispiele zeigen einerseits, dass Immobilieneigentümer mit variablen Zinsmodellen in den letzten Jahren ganz gut gefahren sind und, sofern sie schon einen großen Teil getilgt haben, auch noch immer ganz passabel aussteigen können. Härter trifft es jene, die etwa noch im ersten Drittel stehen und ihre Rate vielleicht auch noch knapp an ihrer Schmerzgrenze kalkuliert haben.
Außerdem bergen sehr lange Laufzeiten mit variablen Zinssätzen wegen des geringen Tilgungseffekts – die Kreditsumme wird am Anfang nur langsam kleiner – ein größeres Risiko. Und man setzt sich diesem auch länger aus.
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