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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht

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Bundesverband für Inkasso und Forderungsmanagement e.V.

Frankfurt am Main

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes
zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht

Der BFIF e.V. bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht.

Gerne machen wir von der uns eröffneten Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch und bitten höflich um Berücksichtigung der folgenden – aufgrund der kurzen Stellungnahmefrist knappen – Ausführungen:

1. Keine Verbesserung des Verbraucherschutzes

Die gewollte verbraucherfreundliche Weiterentwicklung des Inkassorechts mit einem nur geringen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft erfüllt der Entwurf nicht. Vielmehr führt der Entwurf zu einer erheblichen Störung des Wirtschaftskreislaufes, insbesondere bei mittleren und kleineren Rechtsdienstleistern, ohne dass es zu einer deutlichen Verbesserung des Verbraucherschutzes führt. Das tatsächliche Ziel des Entwurfes, Kosten in der untersten Wertstufe um die Hälfte zu senken, geht ins Leere.

In der dem BMJV vorliegenden Erhebung vom 18.10.2019, Nr. 1/2019-1810 des BFIF, wurde festgestellt, dass nur 7,69 % der Unternehmen Kleinforderungen beitreiben. Wie im Gesetzesentwurf namentlich benannt, soll nach den Evaluierungsergebnissen derzeit das größte Problem in einem Missverhältnis zwischen der Höhe der Inkassokosten und der Forderungshöhe bei geringen Forderungen bestehen. 92,31 % der Unternehmen sind nach der Erhebung hierfür jedoch gar nicht verantwortlich, weil sie keine Kleinforderungen beitreiben. Der Entwurf trifft somit auch jene Unternehmen nachteilig, die die Problematik nicht zu verantworten haben und die zugleich das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden, nämlich den Mittelstand.

2. Gleichstellung der Rechtsdienstleister

Der BFIF begrüßt die nun endlich seit langem schon vom BFIF geforderte verfassungsrechtliche Gleichstellung der Inkassodienstleister mit den Inkassodienstleistungen erbringenden Rechtsanwälten.

Vervollständigt werden könnte die Gleichstellung durch eine Ergänzung des § 88 Abs. 2 ZPO in „Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt oder eine Person, die Inkassodienstleistungen erbringt, auftritt“.

Durch die Änderung des § 88 Abs. 2 ZPO ist mit einer erheblichen Entlastung der Justiz zu rechnen, da neben dem Prüfungsaufwand auch die Kosten für mögliche Monierungen entfallen würden.

3. Zu Artikel 2, Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

a) Zu Artikel 2 Nr. 2 und Nr. 3a: Änderung bei § 31b RVG und Änderung bei VV-RVG Nr. 1000

In Bezug auf die geplante Reduzierung der Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG um mehr als die Hälfte von aktuell 1,5 auf nur noch 0,7, verkennt der Entwurf den tatsächlichen Aufwand einer Zahlungsvereinbarung mit dem Schuldner und zwar sowohl im Bereich deren Abschlusses als auch im Bereich deren weiterer Durchführung. Der Entwurf führt ohne jeden Beleg an, solche Vereinbarungen machten nicht viel Mühe.

Das ist aber insbesondere dann nicht der Fall, wenn, wie bei Inkassoforderungen häufig und regelmäßig der Fall, wirtschaftliche Schwierigkeiten des Schuldners im Raum stehen, die einem Forderungsausleich im Wege der Einmalzahlung entgegenstehen. Folge dessen ist, dass nicht nur eine Verständigung über rechtliche Gesichtspunkte mit dem Schuldner, sondern auch eine Klärung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seiner Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit erfolgen muss.

Kann dann schließlich die angestrebte Einigung erzielt werden, so ist auch deren Einhaltung vom Inkassodienstleister zu überwachen und muss, was häufig der Fall ist, im Falle deren Nichteinhaltung durch den Schuldner stets aufs neue mittels schriftlicher oder persönlicher Ansprache in Erinnerung gerufen bzw. im Falle der einseitigen Aufkündigung durch den Schuldner aufs Neue vereinbart werden. Von einer „geringen Mühe“ kann angesichts dessen keine Rede sein.

Seitens der Inkassodienstleister steht durch die geplanten Gebührenbeschränkungen zu befürchten, dass gerade kleineren und mittleren Inkassounternehmen, die einen erheblichen Teil der in Deutschland ansässigen Firmen im Rechtsdienstleistungsbereich ausmachen, eine wirtschaftlich rentable und einträgliche Tätigkeit nicht mehr möglich sein wird, so dass sich die Umsetzung des Gesetzesentwurfs für diese existenzbedrohend auswirkt. Das wiederum würde zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.

b) Zu Artikel 2 Nr. 3c: Änderung bei VV-RVG Nr. 2300

Eine Reduzierung der Geschäftsgebühr auf eine weitere Schwellengebühr von 0,7 widerspricht der Systematik des RVG. Die Festlegung der Gebühr hat immer im Einzelfall zu erfolgen und ist abhängig vom Auftrag des Mandanten und nicht von der erbrachten Tätigkeit.

Die grundsätzliche Möglichkeit dass, sofern die Forderung strittig ist, eine Höchstgebühr von 1,3 verlangt werden kann, hätte zur Folge, dass gerade bei Kleinforderungen -also den Forderungen die, die Probleme überhaut verursachen- der Verbraucher aus ökonomischen Gründen der Forderung gar nicht widerspricht, sondern lieber zahlt.

Folge dessen ist, dass die Unternehmen, die massenhaft Kleinforderungen beitreiben (7,69%) durch den Entwurf einen Zuwachs erfahren, während der Rest der Branche (92,31%) nicht mehr wirtschaftlich arbeiten kann.

Das Ziel des Gesetzentwurfs, einerseits für die Schuldner keine unnötigen Belastungen entstehen zu lassen, andererseits aber dafür zu sorgen, dass Inkassodienstleistungen nach wie vor wirtschaftlich erbracht werden können, wird so jedenfalls nicht erreicht.

Zielführender wäre es -wie es bereits vor dem 31.07.2013 der Fall war und daher der Systematik des RVG nicht widersprechend- eine weitere Wertstufe für Kleinforderungen einzuführen. Sinnvoll wäre hierbei die Einführung einer Wertstufe für Forderungen bis zur Höhe von 100,00 €. Damit würde das gesetzgeberische Ziel einer Verbraucherentschuldung erreicht und zugleich würde dafür gesorgt, dass Inkassodienstleistungen weiterhin wirtschaftlich erbracht werden können.

Die vorgeschlagene Regelung ist hingegen für den BFIF nicht vertretbar. Die in dem Entwurf vorgesehene Absenkung des Gebührensatzes bei VV-RVG Nr. 1000 entspricht einer Senkung der Gebühren um mehr als die Hälfte. Dies wird auch nicht kompensiert durch die deutliche Anhebung des Gegenstandswertes, bei Zahlungsvereinbarungen auf 50 % des Anspruchs (§ 31b RVG-E).

Der Entwurf verkennt in Bezug auf die geplante Reduktion der Geschäftsgebühr bei unbestrittenen Inkassoforderungen auf 0,7 durch eine Änderung des Nr. 2300 VV RVG, dass Inkassodienstleister stets schon deshalb bemüht sind, eine Forderung möglichst zeitnah und außergerichtlich zu realisieren, weil Ihnen ein Tätigwerden im Rahmen eines gerichtlichen Klageverfahrens gesetzlich untersagt ist.

Der Gesetzgeber geht lediglich davon aus, die vorgerichtliche Leistung erstrecke sich dabei auf die Erstellung eines einzelnen Mahnschreibens, welches zudem noch vollautomatisiert abläuft. Das trifft jedoch insbesondere bei kleineren und mittleren Inkassounternehmen, die einen Hauptteil der in Deutschland wirtschaftlich tätigen Inkassodienstleister ausmachen, nicht zu, da diese in der Regel nicht über eine hochautomatisiert arbeitende Software verfügen und auch wirtschaftlich gar nicht in der Lage sind, eine solche anzuschaffen bzw. zu unterhalten.

Davon abgesehen geht das vorgerichtliche Leistungsspektrum der Inkassodienstleister weit über die Erstellung eines bloßen Mahnschreibens aus und umfasst zudem beispielhaft: Adress- und Bonitätsermittlungen, mehrfache schriftliche sowie ggf. telefonische und elektronische Ansprache, Abklärung der generellen Zahlungs- und der persönlichen Leistungsfähigkeit des Schuldners, die Rechtsprüfung und die Anforderung weiterer sowie ergänzender Unterlagen vom Gläubiger, die Zahlungsüberwachung etc..

Hinzu kommt noch der Aspekt, dass die Geschäftsgebühr das gesamte außergerichtliche Verfahren umfasst und vollständig vergütet, unabhängig von dessen Dauer. Sie vergütet somit den gesamten Bearbeitungszeitraum und die gesamten während dieses Zeitraumes vom Dienstleister erbrachten Leistungen in ihrem vollen Umfang.

Außergerichtliche Inkassoverfahren können sich so je nach Fallkonstellation auch über mehrere Monate oder sogar Jahre hinziehen einschließlich der bereits oben erwähnten umfangreichen Leistungen. Während des gesamten Zeitraumes erhöht sich die Höhe der erstattungsfähigen Gebühr schon nach der aktuellen Gesetzeslage nicht, so dass diese Fälle schon jetzt wenig rentabel sind und nur durch eine Querfinanzierung über die höheren Forderungen ausgeglichen werden.

Wenn aber der Inkassodienstleister – wie im Entwurf geplant – für all diese Leistungen und unabhängig vom Zeitraum der Leistungserbringung lediglich noch eine Vergütung von 31,50 € bei Forderungen bis 500,00 € erhält, dann wird die weitere Aufrechterhaltung eines so umfangreichen Leistungsportfolios im außergerichtlichen Bereich vollends unrentabel.

Folge dessen wird sein, dass die Forderungen im außergerichtlichen Bereich nur noch mit minimiertem Aufwand bearbeitet und dafür umso zügiger ins gerichtliche Mahn- bzw. Klageverfahren überführt werden.

Dies wiederum führt auf der einen Seite zu einer deutlich vermehrten Inanspruchnahme der Gerichte und damit zu einer noch höheren Belastung des ohnehin bereits ausgelasteten und in Teilen auch schon überlasteten Justizapparates. Dies wiederum führt zu einer deutlichen Erhöhung der den Schuldner belastenden Rechtsverfolgungskosten in Form von Gerichts- und Rechtsanwaltskosten, die sämtlich von ihm zu tragen sind.

Die den Schuldner belastenden Rechtsverfolgungskosten werden auf diese Weise letztlich nur aus dem außergerichtlichen Bereich in den gerichtlichen Bereich verschoben, eine Reduzierung der den Schuldner belastenden Kosten wird damit hingegen nicht erreicht. Das läuft im Ergebnis jedoch dem gesetzgeberischen Ziel des Verbraucherschutzes und einer Verbraucherentschuldung zuwider und kann so vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.

Die Beschränkung der erstattungsfähigen Geschäftsgebühr auf 31,50 € bei Forderungen bis 500,00 € führt noch zu einer weiteren Problematik, die der Entwurf außer Acht lässt. Gerichtskosten betragen stets mindestens 32,00 €, dies auch bei geringfügigen und geringfügigsten Forderungen und das bei einem komplett automatisiert ablaufenden Verfahren bei den Mahngerichten.

Es ist deshalb durchaus als ggf. verfassungswidrig in Betracht zu ziehen, wenn zwar die Gebühren der Inkassodienstleister im Bereich kleiner und kleinster Forderungen faktisch um fast die Hälfte und bei der Einigungsgebühr sogar um mehr als die Hälfte reduziert werden, die Höhe der für die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens entstehenden Gerichtskosten jedoch unangetastet bleibt.

4. Zu § 288 Abs. 4 BGB Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches

Die in dieser Vorschrift geplante Hinweispflicht für Unternehmen ist unangemessen und in ihrer zu Lasten des die Hinweispflicht versäumenden Gläubigerunternehmens gehenden Konsequenz deutlich überzogen.

Versäumt der Unternehmer nämlich die ihn gegenüber dem Verbraucher treffende Hinweispflicht – wohlgemerkt unabhängig von Art oder Grad seines Verschuldens daran – so werden nachfolgend entstehende Rechtsverfolgungskosten allein und in voller Höhe dem Unternehmen angelastet und brauchen vom Schuldner überhaupt nicht mehr getragen zu werden, nicht einmal anteilig.

Die Frage einer 0,7 Gebühr stellt sich dann nicht mehr, ebenso wenig die Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren, denn die Rechtsverfolgungskosten bleiben vollständig beim Forderungsgläubiger hängen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Beweislast für die ordnungsgemäße Erteilung des Hinweises und dessen Zugang beim Schuldner beim Gläubiger verbleibt, was letztlich Missbrauch die Türe öffnet. Der Schuldner kann sich einfach auf die Position zurückziehen, den Hinweis nicht erhalten zu haben und ist auf diese Weise vor einer ihn treffenden Kostentragungspflicht geschützt. Jedenfalls für den „kundigen“ Schuldner wird sich das zum lohnenden „Geschäftsmodell“ entwickeln und die Neigung erhöhen, eine Forderung nicht auszugleichen und es stattdessen lieber „drauf-ankommen-zu-lassen“.

Hinzu kommt, dass die geplante Regelung auch nicht sachlich nachvollziehbar ist. Der Entwurf geht ohne jeden Beleg davon aus, Verbrauchern sei nicht bekannt, dass die Beauftragung eines Rechtsdienstleisters mit Kosten verbunden ist, die er zu erstatten hat. Das geht an der Realität und an der öffentlichen Diskussion vorbei.

Im Rahmen der öffentlichen Diskussion zur Thematik geht es um das augenscheinliche Missverhältnis bei Kleinstforderungen zwischen der Höhe der offenen Forderung und der Höhe der im Verhältnis hierzu geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten. Dass durch die Einschaltung von Rechtsdienstleistern grundsätzlich Kosten entstehen und diese dem seine Zahlungsverpflichtung missachtenden Schuldner anzulasten sind wird hingegen nicht diskutiert.

Daraus aber eine einseitige Kostentragungspflicht allein zu Lasten des Gläubigerunternehmens zu konstruieren, wenn dieses verschuldensunabhängig der Hinweispflicht nicht nachkommt oder der Schuldner sich auf dessen Nichtzugang beruft und der Gläubiger keinen Nachweis für den Zugang führen kann, erscheint überzogen.

In der Konsequenz wird der unternehmerisch tätige Gläubiger, der auf den entstandenen Rechtsverfolgungskosten regelmäßig sitzen zu bleiben droht, entweder von einer Verfolgung zumindest kleinerer Forderungen gänzlich absehen oder die Rechtsverfolgungskosten auf seine Preiskalkulation umlegen.

Beides führt im Ergebnis dazu, dass er den Verlust durch höhere Preise auszugleichen versuchen wird, was letztlich zu einer Erhöhung der Verbraucherpreise und damit zu geringerem Konsum und einer Belastung der Wirtschaft insgesamt führen wird. Überall dort, wo Preise nicht einfach erhöht werden können oder die Preiserhöhungen vom Verbraucher nicht angenommen werden, führt dies zu Existenzgefährdungen der betroffenen Unternehmen, Firmeninsolvenzen und Arbeitsplatzverlusten.

Auch das kann wohl kaum im Sinne des Gesetzgebers sein, zumal Verbraucher – denen die geplanten Gesetzesänderungen eigentlich zugutekommen sollen – in der Regel auch Arbeitnehmer sind und daher von Arbeitsplatzverlusten selbst betroffen sind.

Der BFIF fordert den Gesetzgeber auf:

dass die Absenkung des Gebührensatzes bei VV-RVG Nr. 1000 auf 0,7 im Entwurf auf den derzeit gültigen Satz von 1,5 angepasst wird.

dass die Absenkung des Gebührensatzes bei VV-RVG Nr. 2300 auf 0,7 im Entwurf auf den derzeit gültigen Satz von 1,3 angepasst wird.

dass in Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG eine weitere Wertstufe von 100,00 Euro eingefügt wird. Die Gebühr für eine Geldforderung bis 100,00 Euro beträgt demnach 22,50 Euro.

In 288 Abs. 4 BGB wird eingefügt „bei deliktischen Zivilrechtsansprüchen können erstattungsfähige Kosten nur verlangt werden, wenn der Schuldner unter Setzung einer angemessenen Frist vom Gläubiger zur Zahlung aufgefordert wurde. Ausgenommen hiervon sind notwendige Kosten die zur Aufforderung zur Zahlung notwendig sind.

 

Frankfurt, den 31.10.2019

Patric Weilacher, 1. Vorsitzender
Bundesverband für Inkasso und Forderungsmanagement e.V.

 

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