Bundespolitik

Strengere Lobby-Regeln

geralt (CC0), Pixabay
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In einem gemeinsamen Appell an die Parteien im Bundestagswahlkampf fordert ein breites Bündnis aus mehr als 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen strengere Lobbyregeln. Bisher benachteiligte Interessen müssten stärker in politische Entscheidungen einbezogen, der Einfluss finanzkräftiger Interessen begrenzt werden, heißt es in dem heute veröffentlichten Aufruf „Gemeinwohl stärken – Lobbytransparenz schaffen“.

An der Initiative von LobbyControl beteiligen sich Organisationen aus den Bereichen Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Entwicklungszusammenarbeit, Verbraucherschutz, Tierschutz, Seenotrettung, Demokratieförderung, Digitalrechte sowie Kinderhilfswerke und Sozialverbände. Unterzeichnet haben unter anderem der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Campact, Oxfam, Mehr Demokratie, der Sozialverband Deutschland, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Tierschutzbund und der Deutsche Naturschutzring.

„In dieser Legislaturperiode wurde mit dem verpflichtenden Lobbyregister ein erster Schritt getan, aber er ist zu klein und zu zaghaft. Demokratie lebt von Fairness und klaren Regeln: Der Einfluss aller Lobbyverbände auf Gesetze muss transparent werden und bei Regierungsgipfeln gehören Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit an den Tisch“, sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller. Aus Sicht der Organisationen sind mehr Transparenz und ein fairer Interessenausgleich „notwendiger als je zuvor“, um gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise und die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen.

Konkret fordert das Bündnis die Parteien auf, drei Maßnahmen in einen neuen Koalitionsvertrag aufzunehmen:

  • Lobby-Fußspur für alle Gesetze: Ministerien sollen verpflichtet werden, bei Gesetzentwürfen alle Lobby-Einflussnahmen zu dokumentieren, um eine aufgeklärte öffentliche Debatte und parlamentarische Entscheidung zu ermöglichen.
  • Reform der Parteienfinanzierung: Großspenden sorgen für ungleiche Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen. Parteispenden und Parteisponsoring müssen deshalb begrenzt und die Offenlegungsschwellen für Spenden drastisch gesenkt werden. Anonyme Wahlkampffinanzierung muss unterbunden werden.
  • Offenlegung von Lobbykontakten: Exklusiv-Veranstaltungen der Bundesregierung mit Industrie-Lobbyist:innen wie der „Autogipfel“ müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Um sicherzustellen, dass Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei wichtigen Zukunftsfragen mit am Tisch sitzen, müssen Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet werden, ihre Lobbykontakte offenzulegen, wie es für EU-Kommissionsmitglieder bereits Standard ist.
Vertrauen in die Politik muss wiederhergestellt werden

Die Organisationen werben für eine politische Kultur, in der alle Teile der Gesellschaft gehört werden und in der Integrität und Unabhängigkeit von Politik und Verwaltung selbstverständlich sind. Nach dem Bekanntwerden der Maskengeschäfte von Abgeordneten und der Einflussnahme der autokratischen Regierung Aserbaidschans hatte der Bundestag in den vergangenen Monaten bereits ein verpflichtendes Lobbyregister und strengere Regeln für Abgeordnete beschlossen. „Doch diese Maßnahmen reichen nicht aus, um einseitige Lobbymacht zu verhindern und das Vertrauen in eine gemeinwohlorientierte Politik wiederherzustellen“, heißt es in dem Aufruf. Der Cum-Ex-Skandal, der Diesel-Skandal, die Wirecard-Pleite oder die Berater-Affäre im Verteidigungsministerium hätten gezeigt, dass Konzerne und ihre Verbände privilegierte Zugänge zur Politik genießen und ihre Interessen oft zu Lasten der Allgemeinheit, der Umwelt oder kleiner Unternehmen durchsetzen können. Das Gemeinwohl finde keine ausreichende Berücksichtigung in politischen Prozessen. „Die Politik wird ihrer Verantwortung nicht gerecht werden, wenn sie kein starkes Rückgrat gegenüber den wirtschaftlich Mächtigen entwickelt. Sie muss Transparenz, Unabhängigkeit und eine stärkere Beteiligung der bisher benachteiligten Interessen als nützlichen und wertvollen Beitrag begreifen, ohne die sie ihre Aufgaben nicht bewältigen kann. Nur dann wird sie sich im Kräftemessen mit Konzernen durchsetzen, enttäuschte Bürger:innen zurückgewinnen und die Demokratie wirkungsvoll stärken können“, heißt es in dem Aufruf.

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