Das Oberverwaltungsgericht hat heute in einer Grundsatzentscheidung der Klage einer Jurastudentin stattgegeben, die die staatliche Pflichtfachprüfung als Teil der ersten Prüfung (früher: erstes juristisches Staatsexamen) beim Justizprüfungsamt Hamm nicht bestanden hatte. Entgegen den rechtlichen Vorgaben, von denen seit Jahren regelmäßig abgewichen werde, seien ihre Klausuren nicht auch durch einen Hochschullehrer korrigiert worden.
Die Klägerin aus Steinhagen wehrte sich gegen das endgültige Nichtbestehen der staatlichen juristischen Pflichtfachprüfung. Im Rahmen dieser Prüfung sind sechs Klausuren zu fertigen, die jeweils von zwei Prüfern selbständig begutachtet und bewertet werden. § 14 Abs. 2 des Juristenausbildungsgesetzes (JAG NRW) regelt dazu, dass einer der beiden Prüfer Hochschullehrer sein soll. Hintergrund ist, dass die erste Prüfung den Abschluss des juristischen Hochschulstudiums darstellt und daher die Hochschullehrer auch an den Abschlussprüfungen beteiligt werden sollen. Im Falle der Klägerin wurde jedoch von den sechs Klausuren nur eine unter Beteiligung eines Hochschullehrers benotet.
Der Senat hat den Bescheid über das Nichtbestehen der Prüfung aufgehoben und das Land Nordrhein-Westfalen verurteilt, die von der Klägerin (lediglich) beanstandeten zwei Aufsichtsarbeiten unter Beachtung der Vorgaben des § 14 Abs. 2 JAG neu bewerten zu lassen. Zur Begründung seines Urteils hat er ausgeführt: Die Sollvorschrift des § 14 Abs. 2 JAG gibt eine bestimmte Zusammensetzung des Prüfungsgremiums vor, die im Regelfall zu erreichen ist. Das heißt, das Gesetz fordert – wie es allgemein für Sollvorschriften im öffentlichen Recht gilt -, dass das Prüfungsgremium nur im Ausnahmefall, wenn besondere Umstände des Einzelfalls es erfordern, auch ohne Hochschullehrer besetzt werden darf.
Wie der Senat im Rahmen dieses Verfahrens jedoch festgestellt hat, wird die Regelbesetzung im Bereich des Justizprüfungsamts Hamm schon seit Jahren deutlich verfehlt. Durchschnittlich ist allenfalls bei jeder dritten oder vierten statt bei jeder Klausurbewertung, wie es die Regel zu sein hat, ein Hochschullehrer beteiligt. Vom gesetzlich geforderten Regelzustand wird also nicht im Ausnahmefall, sondern regelmäßig abgewichen.
Daher reicht es, so der Senat, nicht mehr aus, dass das Prüfungsamt es bei seiner bisherigen Anstrengung zur Gewinnung von Prüfern aus dem Kreis der Hochschullehrer belässt.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann das beklagte Land Beschwerde einlegen, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Aktenzeichen: 14 A 1082/20 (VG Minden, 8 K 2182/19)
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