Case Management Conference und Vergleichsverhandlungen mit zugeschaltetem chinesischem Managing Director erfolgreich
Vor der Wirtschaftszivilkammer des Stuttgart Commercial Court wurde gestern ein Großverfahren im Wege eines Vergleichs rechtskräftig beendet (Az. 49 O 4/21). Das Verfahren steht beispielhaft für die vor dem Stuttgart Commercial Court geführten internationalen Wirtschaftszivilverfahren.
Der im November 2020 gegründete Stuttgart Commercial Court ist auf große wirtschaftsrechtliche und internationale Streitverfahren spezialisiert. Die Zuständigkeit des Stuttgart Commercial Court umfasst unter anderem alle Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Unternehmenskaufverträgen.
Sachverhalt
Gegenstand des Verfahrens war die Klage einer chinesischen Gesellschaft mit Sitz in Hongkong, die im März 2019 von der Beklagten, einer Schweizer Holding-Gesellschaft, die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an einem großen portugiesischen Automobilzuliefererkonzern für rund 36 Mio. Euro erworben hat.
Mit der Klage wurden von der erwerbenden Gesellschaft Schadensersatzansprüche in einer Größenordnung von 19 Mio. Euro geltend gemacht. Nach Auffassung der Klägerin hätten sich die wirtschaftlichen Verhältnisse bei verschiedenen Tochtergesellschaften des erworbenen Konzerns und dessen finanzielle Situation insgesamt als deutlich schlechter herausgestellt, als dies von der Beklagten in dem Verkaufsprozess kommuniziert worden sei.
Für die der Klägerin hieraus entstandenen Schäden hafte die Beklagte. Im Anteilskaufvertrag („Share Purchase Agreement“) war eine Gerichtsstandsklausel zugunsten des Landgerichts Stuttgart vereinbart.
Verfahrensgang
Zur Strukturierung des Verfahrensablaufs wurde mit den beteiligten Anwaltskanzleien zunächst per Videokonferenz eine vorbereitende „Case Management Conference“ durchgeführt. Am 15. Dezember 2021 fand vor der 49. Zivilkammer des Stuttgart Commercial Court unter Vorsitz von Vorsitzendem Richter am Landgericht Dr. Melin eine Hybrid-Verhandlung statt, zu der der in China wohnhafte Managing Director der Klägerin mit Sitz in Hongkong mittels Videokonferenztechnik zugeschaltet war.
Die ausführlichen Vergleichsverhandlungen wurden dabei gem. § 185 Abs. 2 GVG in englischer Sprache geführt. Auf Vorschlag der Wirtschaftszivilkammer des Stuttgart Commercial schlossen die Parteien zur Abwicklung des Unternehmenskaufs einen umfangreichen zunächst widerruflichen Vergleich über Ansprüche im Gesamtwert von 30 Mio. Euro.
Der Vergleich ist am gestrigen Tag rechtskräftig geworden. Mit dem Vergleich wurden neben den streitgegenständlichen Schadensersatzansprüchen auch verschiedene weitere – zwischen den Parteien streitige – Ansprüche im Zusammenhang mit dem Unternehmenskauf einer gütlichen Einigung zugeführt.
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